Funktionen für die Darstellung

Darstellung:
  • Standard.
  • Aktuelle Einstellung: Druckansicht.

Seitenpfad

Irak-Komitee will auch in Europa Fuß fassen

Das Committee for the Liberation of Iraq, eine Propagandazentrale der amerikanischen Neokonservativen für den Krieg gegen den Irak, will jetzt auch in Europa Fuß fassen. Das "Komitee für die Befreiung des Irak" hat sich einen Internationalen Beirat zugelegt, von dessen 18 Mitgliedern neun aus Osteuropa stammen. Darunter aus dem Umfeld der polnischen Solidarnosc Adam Michnik (Chefredakteur der Gazeta Wyborcza) und Bronislaw Geremek (Außenminister 1997-2000). Aus Bulgarien sind Ex-Präsident Petar Stojanov, Ex-Außenministerin Nadezhda Mihailova - beide der Rechtspartei SDS zugehörig - und der Chef des NATO-nahen "Zentrums für liberale Strategien", Ivan Krastev, dabei. Die tschechische Republik hat ihren amtierenden stellvertretenden Außenminister Alexandr Vondra beigesteuert, Litauen seinen Ex-Präsidenten Vytautas Landsbergis.

Die amerikanischen Neokonservativen verfügen seit vielen Jahren über beste Kontakte zu ehemaligen "Dissidenten" in Osteuropa, die später als rechtsgerichtete Politiker Karriere machten. Außerdem haben sie sich durch ihre Aktivitäten als Lobby für den schnellen NATO-Beitritt der osteuropäischen Staaten dort in interessierten Kreisen treue Freunde geschaffen.

Eine Rolle als Schaltstelle der Kontakte nach Osteuropa spielt offenbar das Aspen Institute in Berlin, das seit einem Jahr von Jeffrey Gedmin geleitet wird. Er gehörte dem Committee for Peace and Security in the Gulf an, das von den Neokonservativen 1990 gegründet wurde, um Stimmung für den ersten Irak-Krieg zu machen. Geremek ist Kuratoriumsmitglied des Aspen Institute, ebenso wie General a. D. Klaus Naumann, der deutsche Vertreter im internationalen Beirat des Irak-Komitees. Naumann war Generalinspekteur der Bundeswehr, dann von 1996 bis 1999 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses und in dieser Funktion maßgeblich an der Vorbereitung des Kosovo-Kriegs beteiligt.

Naumann sitzt zusammen mit Carl Bildt, einem weiteren Mitglied des internationalen Beirats des Irak-Komitees, in der Führungsspitze der rüstungspolitisch engagierten Berliner Beraterfirma European Advisory Group GmbH (EAG), der auch Beiratsmitglied Toomas Hendrik Ilves, estnischer Außenminister 1999-2002, angehört.

Carl Bildt war schwedischer Regierungschef 1991-1994, wurde dann nach dem Dayton-Abkommen, an dem er als Verhandlungsführer beteiligt war, oberster Repräsentant der Europäischen Union in Bosnien-Hercegovina und 1999 bis 2001 Sonderbotschafter des UNO-Generalsekretärs für den Balkan. Bildt gehört u.a. dem Vorstand des rechten "Think Tank" Rand und dem Rat des NATO-nahen Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS) in London an.

Geschäftsführende Gesellschafterin der eben erwähnten Beraterfirma EAG ist Prof. Dr. Margarita Mathiopoulos, die 1987 als "Willy Brandts schöne Griechin" Schlagzeilen machte. Der Altkanzler wollte sie damals, politisch völlig unmotiviert, zur Pressesprecherin der SPD machte. Als die Parteibasis protestierte, legte Brandt schmollend alle Funktionen nieder. Frau Mathiopoulos wurde stattdessen Vizedirektorin des ebenfalls schon erwähnten Berliner Aspen Institute (1987-1992) und später (1998-2001) Marketing-Chefberaterin des Rüstungskonzerns British Aerospace für Europa und Nordamerika. Zu ihren sonstigen Aktivitäten gehört das im vergangenen Jahr von ihr gegründete skandalträchtige "Potsdam Center for Transatlantic Security and Military Affairs". Schirmherren sind angeblich Ex-Verteidigungsminister Scharping und der frühere amerikanische Außenminister Kissinger, was aber nicht verhindert, dass die Einrichtung anscheinend vor dem finanziellen Aus steht. Bronislaw Geremek hat dort einen Posten im Beirat.

Zurück zum internationalen Beirat des Irak-Befreiungskomitees. Was sich außer den bisher Genannten dort eingefunden hat, sieht recht wahllos zusammengewürfelt aus, als habe man auf die Schnelle genommen, was sich kriegen ließ. Da ist der Palästinenser Omar Karsou, der in New York lebt und dort eine Ich-AG namens "Democracy in Palestine" gegründet hat, mit der er Arafat stürzen und eine für USA und Israel akzeptable neue palästinensische Führung aufbauen will. Karsou hat, wie schon sein Vater, mit den Israelis gute Geschäfte gemacht und nimmt ihnen lediglich übel, dass sie durch die Oslo-Friedensabkommen Arafat aufgewertet haben. Die junge türkische Journalistin Asla Aydintabas arbeitet in Washington am "Western Policy Center", das sich für die "Förderung der geostrategischen Interessen der USA und der westlichen Werte in Südosteuropa" einsetzt. Was die britischen Autoren Misha Glenny, der bisher nur durch US-kritische Publikationen zum jugoslawischen Bürgerkrieg auffiel, und Christopher Hitchens, der in seinem Buch "The Trial of Henry Kissinger" dafür wirbt, den ehemaligen Außenminister der USA wegen Kriegsverbrechen anzuklagen, ausgerechnet in den internationalen Beirat des Irak-Befreiungskomitees verschlagen hat, mag der Teufel wissen.

Eine echte Aufwertung für das Komitee stellt hingegen dar, dass jetzt die US-Senatoren John McCain und Joe Lieberman als Ehrenvorsitzende gewonnen werden konnten. Lieberman ist, soweit es den Nahen Osten angeht, seit Jahren ein "Falke" im Lager der Demokraten, war Co-Sponsor der Senatsresolution, die den Weg zum ersten Irak-Krieg 1991 freimachte. Nach dem Krieg äußerte er im Senat seine Enttäuschung, dass dieser nicht bis zum Sturz Saddam Hussein weitergeführt worden war. Lieberman war Vize von Al Gore im letzten Präsidentschaftswahlkampf und hat nun sein Interesse angemeldet, im Jahr 2004 selbst als Präsidentschaftskandidat anzutreten. Es ist nicht ganz auszuschließen, dass er dabei auf den Republikaner John McCain treffen wird.

Knut Mellenthin

Neues Deutschland, 5. Februar 2003