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Hasskampagne gegen jüdischen Journalisten
Die US-amerikanischen Rechtszionisten triumphieren: Mit dem international bekannten Journalisten M.J. Rosenberg meinen sie einen Autor zur Strecke gebracht zu haben, der „seit 43 Jahren für die jüdische Sache eines sicheren, friedlichen Israels auf den Barrikaden steht und den Teufel darauf gibt, was andere denken“. Mit diesen Worten kennzeichnete J.J. Goldberg am 16. März im liberalen Traditionsblatt Forward – 1897 als jiddischsprachige Tageszeitung für Einwanderer aus Osteuropa gegründet – seinen Kollegen und Freund.
Am 6. April gab Rosenberg bekannt, dass er Media Matters, eine der Demokratischen Partei der USA nahestehende Online-Publikation, verlässt. Er zog damit die Konsequenz aus einer monatelangen Kampagne der Rechtszionisten. Mit seinem Schritt wolle er, so schrieb er in seiner letzten Kolumne, weitere Schäden von Media Matters abwenden. Das dürfte ihm allerdings höchstens bedingt gelungen sein: Die Initiatoren der Hetze gegen Rosenberg gaben sofort bekannt, dass für sie die Sache keineswegs abgeschlossen sei. Nun gelte es festzustellen, wer Rosenberg überhaupt vor ein paar Jahren eingestellt habe und wer sonst noch „israelfeindliche“ Inhalte bei Media Matters verbreite.
M.J. Rosenberg wurde 1969 als Autor eines programmatischen Artikels in der linksliberalen New Yorker Village Voice bekannt, in dem er gegen „sich selbst verleugnende jüdische Linke“ polemisierte und – vor dem Hintergrund des Junikriegs von 1967 – zur Solidarität mit Israel aufrief. Nach dem Studium war er fast 20 Jahre lang in Washington tätig, hauptsächlich als parlamentarischer Mitarbeiter demokratischer Abgeordneter und Senatoren. Dazwischen lagen vier Jahre, in denen er Chefredakteur der von der Pro-Israel-Lobby AIPAC herausgegebenen Zeitschrift Near East Report war. 1998 wurde er politischer Direktor des Israel Policy Forum. Diese Organisation war 1992 auf Betreiben des israelischen Regierungschefs Jitzchak Rabin gegründet worden. Der später ermordete Führer der sozialdemokratischen Arbeitspartei hatte damit dem immer weiter nach rechtsaußen abdriftenden AIPAC etwas entgegensetzen wollen. 2009 wechselte Rosenberg zu Media Matters.
Seit einigen Jahren wurde die Kritik des Journalisten, der unter anderem regelmäßig für Al-Jazeera und die Huffington Post schreibt, an der israelischen Politik immer schärfer. Ein Hauptthema seiner Arbeit ist das Kriegstreiben gegen Iran. Dass er ein engagierter Zionist war – und nach seinem eigenen Verständnis immer noch ist – sowie seine präzisen Kenntnisse der Funktions- und Arbeitsweise der Lobby machen ihn für seine Gegner als „Verräter“ zum Hassobjekt erster Ordnung.
Die Kampagne, die Anfang Dezember 2011 von Josh Block, einem ehemaligen Sprecher des AIPAC, losgetreten wurde, richtete sich neben Rosenberg und Media Matters auch gegen vier Mitarbeiter des Center for American Progress, eines dem Weißen Haus und dem State Department nahestehenden Think-Tanks. Das CAP, offenbar hochgradig finanziell und politisch von der Regierung abhängig, knickte sofort ein, feuerte im Januar einen der angegriffenen Mitarbeiter und versprach eine schärfere Kontrolle seiner Veröffentlichungen im Sinne der Lobby.
Das Kesseltreiben der „Israel-hat-immer-Recht-Typen“, wie Rosenberg sie nennt, wird diesen großartigen Journalisten sicher nicht mundtot machen. Die Kampagne hat aber jetzt schon ihr Hauptziel erreicht, nämlich kritische Stimmen zur israelischen Politik im Umkreis der US-Regierung zum Schweigen zu bringen.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 12. April 2012