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Georgien: Krieg gegen Südossetien wird von den USA mit "strategischer Partnerschaft" belohnt
Die US-Regierung setzt ihre Linie fort, in den allerletzten Tagen der Amtszeit von Präsident George W. Bush außenpolitische Fakten zu schaffen, die den Handlungsspielraum seines Nachfolgers Barack Obama einengen. Am 9. Januar soll ein offenbar schon ausgehandeltes amerikanisch-georgisches Abkommen über „strategische Partnerschaft“ unterzeichnet werden. Das gab das Außenministerium in Tbilissi am Montag bekannt. Im Dezember war zunächst der 4. Januar als Datum genannt worden. Es heißt, dass der diplomatische Akt verschoben worden sei, weil US-Außenministerin Condoleezza Rice ihren Terminkalender aufgrund des israelischen Kriegs gegen die Bevölkerung des Gaza-Streifens völlig umwerfen musste.
Der Inhalt des Vertrags ist bisher nicht bekannt. Aus einer Erklärung, die das State Department am 23. Dezember abgab, geht aber hervor, dass sich das Abkommen weitgehend mit der Charta über Strategische Partnerschaft decken wird, die am 19. Dezember zwischen den USA und der Ukraine vereinbart wurde.
Dieses Dokument besteht aus fünf Abschnitten, nämlich: 1. Prinzipien der Kooperation. 2. Zusammenarbeit bei Verteidigung und Sicherheit. 3. Zusammenarbeit in Wirtschaft, Handel und Energiepolitik. 4. Stärkung der Demokratie. 5. Intensivierung der Beziehungen zwischen beiden Völkern und des Kulturaustausches. Im Wesentlichen besteht die Charta nur aus allgemein formulierten Grundsätzen und Absichtserklärungen. Ihre konkrete Füllung bleibt Detailverhandlungen vorbehalten.
In Punkt 1 heißt es: „Gegenseitige Unterstützung für Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität sowie Unverletzlichkeit der Grenzen der anderen Seite stellen die Grundlagen unserer bilateralen Beziehungen dar.“ „Zusammenarbeit zwischen Demokratien bei Verteidigung und Sicherheit ist von entscheidender Bedeutung, um wirksam auf Bedrohungen von Frieden und Sicherheit zu reagieren.“ – Auf die Frage, ob dies die USA zum militärischen Beistand verpflichte, falls die Grenzen der Ukraine verletzt würden, antwortete der amerikanische Botschafter in Kiew auf einer Pressekonferenz mit einem kurzen „Nein“. Vereinbart sei lediglich, sich im Fall einer Grenzverletzung zu treffen und „unsere weiteren Schritte zu diskutieren“.
Im Punkt 2 der Charta steht: „Die Vertiefung der Integration der Ukraine in die NATO hat gegenseitig Priorität. Wir planen die Durchführung eines Programms erweiterter Sicherheitskooperation mit dem Ziel, die (militärischen) Kapazitäten der Ukraine zu steigern und die Kandidatur der Ukraine für den NATO-Beitritt zu stärken.“ Beide Staaten „beabsichtigen, den Wirkungsbereich ihrer laufenden Programme zur Zusammenarbeit und zur Unterstützung im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich auszuweiten“. „Unser Ziel ist es, ein Übereinkommen über einen strukturierten Plan zur Steigerung der Interoperabilität und der Koordinierung der Kapazitäten zwischen der NATO und der Ukraine zu erreichen, einschließlich verstärkter Ausbildung und Ausrüstung für die ukrainischen Streitkräfte.“
Die US-Regierung zeigt damit, dass sie auch gegen den Willen eines Teils ihrer europäischen Verbündeten den Weg der Ukraine in die NATO so weit wie möglich erleichtern und beschleunigen will. Analog gilt das, allen bisherigen Äußerungen US-amerikanischer Diplomaten nach zu schließen, auch für Georgien.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 6. Januar 2009