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Extrawurst für Israel

Aber selbst pro-israelische Kreise sind gegen den Vorschlag der US-Republikaner

Der Vorschlag einiger US-Republikaner, die Militärhilfe für Israel aus dem Etat des Außenministeriums heraus zu nehmen und darüber gesondert abzustimmen, ist bei den Demokraten auf heftige Kritik gestoßen. Auch pro-israelische Kreise stehen der Idee skeptisch gegenüber.

Der stellvertretende Fraktionschef der Republikaner im Abgeordnetenhaus, Eric Cantor, hatte am Sonntag im einem Gespräch mit der Jüdischen Nachrichtenagentur JTA angekündigt, dass seine Partei künftig das gesamte Auslandshilfe-Paket blockieren könnte, falls sie nach den am 2. November stattfindenden Wahlen eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus haben sollte. Damit wird nach allen Prognosen fest gerechnet.

In den USA ist es seit langem üblich, dass die Regierung Etatposten, für die sie keine sichere Mehrheit im Kongress hat, mit anderen Punkten zusammenfasst, gegen die die Parlamentarier nicht stimmen wollen oder die sie aus opportunistischen Gründen nicht ablehnen können. Die Militärhilfe für Israel ist daher, wie es jetzt einige US-Medien formulieren, traditionell die „Lokomitive“, mit der das Foreign-Aid-Paket durch den Kongress gezogen wird. Die Ausgliederung dieses Etatpostens würde es den Republikanern künftig sehr erleichtern, die gesamte übrige Auslandshilfe auf Eis zu legen, bis die Regierung ihren Forderungen nachgibt.

Erreichen wollen die Republikaner erstens, dass Ländern, die ihrem Urteil nach „nicht in Übereinstimmung mit den Interessen der USA handeln“, gezielt die Hilfe gestrichen wird. Darüber hinaus wenden sich viele rechte Politiker gegen die Förderung ausländischer Programme zur Familienplanung, die Abtreibungen nicht ausschließen. Und drittens gibt es unter den Republikanern und ihren Anhängern eine starke Strömung, die die Auslandshilfe generell radikal zusammenstreichen will. Diese Richtung wird voraussichtlich im nächsten Kongress noch stärker vertreten sein als bisher, weil zahlreiche Tea-Party-Kandidaten ins Parlament einziehen werden.

Weitgehende Einigkeit besteht indessen bei den Republikanern, dass eine Blockierung der Auslandshilfe keinesfalls auf Kosten Israels gehen darf. Das könnte entweder durch Verlagerung dieses Postens in den Pentagon-Etat oder durch die Schaffung eines gesondert abzustimmenden Haushaltspunkts (stand-alone bill) erreicht werden.

Für die Demokraten bezeichnete die Abgeordnete Nita Lowey Cantors Vorstoß als „ungeheuerlich“ und „kontraproduktiv“. „Die Hilfe für Israel auf diese Weise zu manipulieren“ würde die überparteiliche Zusammenarbeit sowohl auf dem Gebiet der nationalen Sicherheit als auch dem der Auslandshilfe gefährden. Lowey leitet einen wichtigen Unterausschuss, der für die Behandlung des Etats zuständig ist.

Cantors Idee wird auch von pro-israelischen Kreisen überwiegend abgelehnt. Zum einen befürchtet man, dass sie den Republikanern eine grundsätzlich gegen Auslandshilfe gerichtete Politik erleichtern würde, die letztlich auch für die Unterstützung Israels zum Risiko werden könnte. Außerdem könne eine so exponierte Sonderstellung für Israel, das ohnehin mehr Militärhilfe als irgendein anderes Land bekommt, israelgegnerische Stimmungen fördern. Befürchtet wird auch, dass die Juden der USA und die Pro-Israel-Lobby fälschlich mit Cantors Vorschlag identifiziert werden könnten, weil er der einzige jüdische Abgeordnete der Republikaner ist. Nicht zuletzt wird darauf verwiesen, dass als nächstes auch Ägypten eine Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen könnte. Denn seit dem von den USA 1979 vermittelten Friedensschluss zwischen beiden Staaten ist die Militärhilfe für Israel und Ägypten eng miteinander verbunden.

Das Foreign-Aid-Paket hat derzeit ein Volumen zwischen 52,8 und 54,2 Milliarden Dollar. Jeweils drei Milliarden Militärhilfe soll Israel im Durchschnitt der nächsten zehn Jahre erhalten.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 28. Oktober 2010