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Der Stachel des Gesetzes

US-amerikanische Staatsprovokateure inszenieren "Terroranschläge"

Aus USA wird erneut eine „sting operation“ des FBI gemeldet. Gemeint ist eine von Agenten der Bundespolizei in Szene gesetzte „terroristische Verschwörung“. Der Begriff kommt vom Wort „sting“, das als Substantiv Stachel und als Verb anstacheln, jemanden zu etwas veranlassen bedeutet. Solche Operationen, bei denen naive Menschen von Agenten in angebliche Anschlagpläne verwickelt und machmal sogar mit nicht funktionsfähigen „Bomben“ ausgerüstet werden, finden in den Vereinigten Staaten regelmäßig statt. Sie sollen die Furcht schüren und wachhalten, dass eine zunehmende Zahl von Einwohnern der USA bereit sei, sich am „weltweiten Dschihad“ zu beteiligen.

Farooque Ahmed ist US-Bürger pakistanischer Abstammung, verheiratet und hat einen kleinen Sohn. Aus der Anklageschrift geht hervor, dass sich Agenten des FBI und möglicherweise auch anderer Dienststellen im April gezielt an Ahmed herangemacht und ihn seither zu einer Reihe von „konspirativen“ Treffen überredet hatten. Angeblich gaben die staatlichen Provokateure vor, Verbindung zu Al-Qaida zu haben. Die Anklage behauptet, Ahmed habe sich gegenüber den Agenten bereit erklärt, vier Metro-Stationen in Washington als mögliche Anschlagziele auszukundschaften. Später soll Ahmed dort tatsächlich in Begleitung von Agenten Videoaufnahmen gemacht haben.

Behauptet wird außerdem, dass Ahmed gegenüber den Provokateuren seine Bereitschaft angedeutet habe, im Januar 2011 ins Ausland zu reisen, um sich dort am „Dschihad“ zu beteiligen. Er habe auch seine Absicht erklärt, Geldspenden für Al-Qaida zu sammeln. Zumindest bei dem „Dschihad“-Versprechen wird aus der Anklageschrift klar, dass die Initiative dazu von den Agenten ausging. Wie das FBI oder andere Dienststellen auf die Idee gekommen waren, ausgerechnet Ahmed in die Falle zu locken, geht aus den bisherigen Meldungen nicht hervor.

Die Opfer einer anderen „sting operation“ wurden am 18. Oktober von einem Gericht in New York schuldig gesprochen. Das Strafmaß soll erst im März 2011 verkündet werden. Allen vier Angeklagten droht lebenslängliche Haft. Die Männer, von denen keiner einen erkennbar moslemischen Namen trägt, waren auf den FBI-Agenten Shahed Hussain hereingefallen, der sich als Abgesandter der pakistanischen Taliban ausgegeben haben soll. Der 53Jährige brachte die vier mit Geldversprechungen dazu, sich für einen Bombenanschlag auf eine Synagoge und für den Abschuss von Stinger-Raketen auf ein Militärflugzeug zur Verfügung zu stellen. Er lieferte ihnen dann eine vom FBI gebastelte falsche „Bombe“. Nachdem sie diese in der Nähe der Synagoge abgestellt hatten, wurden sie festgenommen.

Ebenfalls im Oktober wurde der 20jährige Jordanier Hosam Smadi zu 24 Jahren Haft verurteilt. FBI-Agenten hatten ihn zu einem fingierten Bombenanschlag auf ein 60stöckiges Hochhaus in Dallas, Texas überredet. Smadi hatte einen vom FBI präparierten LKW, von dem er glaubte, dass er mit Sprengstoff beladen sei, in die Garage des Hochhauses gefahren. Der Jordanier wurde etwas später festgenommen, als er die vermeintliche Bombe fernzünden wollte. Die Verteidigung argumentierte im Prozess, ihr Mandant leide an Depressionen und einer Geisteskrankheit. Das Gericht folgte dem von ihm selbst bestellten Gutachter, der Smadi zum Simulanten erklärte. Indessen spricht die Empfehlung der Richterin an den Verurteilten, sich in der Haft einer Behandlung seines Geisteszustandes und seiner Drogenabhängigkeit zu unterziehen, eine andere Sprache.

In einem ähnlichen Fall wartet der 30jährige Michael Finton noch auf seinen Prozess, der im März 2011 beginnen soll. Der zum Islam übergetretene Mann war im September 2009 festgenommen worden, nachdem er einen vom FBI gelieferten Lastwagen vor ein Gerichtsgebäude in Springfield, Illinois gefahren hatte. Auch Finton war auf Staatsprovokateure hereingefallen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 29. Oktober 2010