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CIA lässt Mordhelfer auffliegen

Im Gestrüpp US-amerikanischer Dienstleistungsunternehmen, die ihre Geschäfte ganz auf Krieg eingestellt haben, militärischer Geheimoperationen und der offiziellen Staatsorgane finden sich mittlerweile nicht einmal mehr Experten und Profis zurecht. Ein Angestellter der US-amerikanischen Streitkräfte namens Michael D. Furlong beschäftigte mehrere Privatunternehmen, um Daten sammeln zu lassen, die als Basis für gezielte Morde „im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet“ dienen sollten. Einige Details dieser an sich strikt geheimen Vorgänge landeten bei der New York Times, die darüber erstmals am Sonntag berichtete. Die Tageszeitung war vermutlich aus CIA-Kreisen mit Material versorgt worden, weil der Auslandsgeheimdienst in Furlongs Aktivitäten eine nicht hinnehmbare Einmischung in seine eigenen Aufgaben und Kompetenzen sah.

Angeblich ist nicht bekannt – oder soll nicht bekannt gegeben werden – wer Furlong beauftragt und wer ihn kontrolliert hat. In manchen Berichten erscheint er als Chef eines privaten „Killerkommandos“, der Finanzmittel, die ihm zu ganz anderen Zwecken anvertraut waren, teils „missbraucht“ und teils zum eigenen Vorteil „veruntreut“ habe. Angeblich wird sogar wegen Betrugs gegen ihn ermittelt.

Indessen ist Furlong kein aus dem Nebel gekommener freischaffender Abenteurer, sondern Berufsoffizier mit einer 25jähriger Dienstzeit auf Schauplätzen wie Bosnien und Irak. Derzeit arbeitet er im Strategic Command Joint Informations Warfare Center, das auf dem Luftwaffenstützpunkt Lackland in Texas angesiedelt ist. Das JIOWC ist zuständig für unterschiedliche Aufgabenbereiche, die mit dem Oberbegriff „Information Operations“ umschrieben werden. Dazu gehören Informationssammlung und -verwertung, psychologische Kriegführung und Propaganda, aber auch elektronische Kriegführung. Es liegt daher der Verdacht auf der Hand, dass das JIOWC auch die Stelle ist, in deren Auftrag Furlong gearbeitet hat und der gegenüber er rechenschaftspflichtig war. Wenn er nicht das getan hätte, wofür er bezahlt wurde, sondern etwas völlig anderes – wie jetzt behauptet wird -, hätte es seinen Vorgesetzten auffallen müssen.

Angeblich sollte das von Furlong geleitete Projekt „Capstone“ den Streitkräften Informationen über die afghanische Gesellschaft, beispielsweise über Stammesstrukturen, liefern. Es sollte sich dabei offiziell nur um die Auswertung allgemein zugänglicher Quellen, wie etwa örtliche Medien und Fachliteratur, handeln. Zur Nachrichtenbeschaffung arbeitete Furlong mit mehreren Privatunternehmen zusammen, deren Mitarbeiter großenteils frühere Angehörige von Sondereinheiten oder Geheimdiensten sind. Finanziert wurde „Capstone“ nach den bisherigen Erkenntnissen mehrerer US-amerikanischer Medien durch einen Etat von 24,6 Millionen Dollar. Das Geld soll einem Fond des Pentagon entnommen worden sein, der offiziell dazu bestimmt ist, den Kampf gegen Straßenminen im Irak und Afghanistan zu verbessern.

Falls es stimmt, dass der Etatposten für das Projekt „Capstone“ auf diese Weise falsch deklariert und verschleiert wurde, wäre das ein deutliches Indiz, dass es von Anfang an um eine Geheimoperation – und nicht um Eigenmächtigkeiten Furlongs – ging. Dafür spricht auch, dass er lediglich Informationen sammeln ließ, die den US-Streitkräften als Grundlage für „gezielte Tötungen“ dienen sollten. Es muss also militärische Dienststellen geben, bei denen Furlongs Berichte über mögliche „Zielobjekte“ landeten und die ihm vermutlich auch Aufträge für Ausspähungen erteilten.

Knut Mellenthin
Junge Welt, 18. März 2010