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Brandstifter als Feuerwehr

Obama schickt zwei republikanische Hardliner als Vermittler nach Kairo.

Beim US-amerikanischen Krisenmanagement in Ägypten haben zwei republikanische Senatoren die Führung übernommen. Mit John McCain und Lindsey Graham, die am Montagabend in Kairo eintrafen, handelt es sich um die beiden Oberscharfmacher ihrer Partei. Sie operieren schon seit Jahren als unzertrennnliches Tandem und pflegen ihr Vorgehen mit der israelischen Regierung abzustimmen. Überraschend ist es dennoch nicht, dass gerade diese zwei Kongressmitglieder jetzt als Vermittler und Schadensbegrenzer in Ägypten auftauchen: Seit dem Beginn des „arabischen Frühlings“ haben sie das Land wiederholt besucht und verfügen über gute Drähte sowohl zu führenden Militärs und Politikern des sekulären Spektrums wie auch zu den Muslimbrüdern.

Dass McCain und Graham eine diplomatische Intervention in Kairo vorbereiteten, hatten sie schon am vorigen Dienstag auf einer Pressekonferenz mitgeteilt. Präsident Barack Obama habe sie ausdrücklich darum gebeten, erklärten sie. Die Idee sei erstmals schon am 17. Juli – zwei Wochen nach dem Sturz der ägyptischen Regierung durch einen Militärputsch – im Weißen Haus diskutiert worden. An dem fast zweistündigen Treffen hätten außer ihnen und Obama auch Vizepräsident Joe Biden und die Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice teilgenommen. Obama habe sich wegen der geplanten Mission zwar an Graham gewandt, aber besonderen Wert auf die Teilnahme von McCain, seinem Gegner bei der Präsidentenwahl 2008, gelegt, teilte dieser den Journalisten mit. Ziel der geplanten Reise nach Kairo sei es, dort „eine gemeinsame Botschaft“ zu übermitteln, „dass das Einsperren der Opposition mehr und mehr einem Putsch ähnelt“.

Dass Obama ausgerechnet zwei seiner aggressivsten Kritiker mit dieser Mission beauftragt hat, mag auf den ersten Blick unverständlich wirken, ist aber durchaus logisch. Erstens bindet er damit zwei entscheidende Führer der republikanischen Opposition in einen besonders schwierigen und riskanten Sektor seiner Außenpolitik ein. Zweitens sind sich McCain und Graham mit dem Weißen Haus darin einig, die „Auslandshilfe“ an Ägypten ohne Rücksicht auf innenpolitische Wendungen fortzusetzen. Zahlreiche Republikaner in beiden Häusern des Kongresses wollen diese Zahlungen entweder ganz stoppen oder sie zumindest viel stärker zum Instrument einer offenen Einmischung in die ägyptische Politik machen. Die Hauptorganisation der Pro-Israel-Lobby, der AIPAC, hat sich in einem ungewöhnlich offenen und deutlichen Schritt gegen eine Kürzung der Zahlungen ausgesprochen: Er veröffentlichte als Argumentationshilfe für McCain und Graham einen Brief, aus dem beide zitierten, um Kritikern in ihrer Partei zu zeigen, was der ausdrückliche Wunsch Israels ist. 

Konkret geht es um 1,55 Milliarden Dollar jährlich, von denen 1,3 Milliarden Finanzhilfe für den Kauf von Waffen sind. Darüber hinaus ist Ägypten aber auch, solange es die Koordinaten seiner Politik nicht grundsätzlich ändert, auf den guten Willen der USA bei Verhandlungen mit dem Weltwährungsfonds und westlichen Staaten über einen Rettungsplan für seine Wirtschaft angewiesen.

Die Botschaft, die McCain und Graham den ägyptischen Putschgenerälen bringen, ist im Grunde die gleiche, die sie im November und Dezember vorigen Jahren an den jetzt von den Militärs inhaftierten Präsidenten Mohammed Morsi herantrugen: „Die amerikanischen Steuerzahler erwarten, dass unsere Dollars in eine direkte Beziehung zum Fortschritt der Demokratie gesetzt werden, die Sie dem ägyptischen Volk versprochen haben“, wie McCain es damals formulierte. „Absolutely unacceptable“ ist zur Standardredensart  geworden, mit der US-amerikanische Politiker den Ägyptern exakt vorzuschreiben versuchen, was geht und vor allem, was nicht. Die Botschaft jetzt ist, dass die Militärs die Repression zügeln sollen und dass die Muslimbrüder verstehen müssen, dass sie zwar künftig wieder im Orchester mitspielen dürfen, aber nur noch zweite Geige.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 7. August 2013