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Alles nur wegen Al-Qaida

US-Streitkräfte verschaffen sich ein Netz von Stützpunkten für Spionageflüge in Afrika.

Die US-Regierung hat am Donnerstag mit einem kleinen Pressefeuerwerk ihre „neue Afrika-Strategie“ vorgestellt. Das über sechs Seiten lange Papier besteht ausschließlich aus unverbindlichen Absichtserklärungen der menschenfreundlichsten Art und enthält buchstäblich keine einzige konkrete Information. Selbst wohlwollende westliche Kommentatoren vermögen nicht zu erkennen, was daran neu oder strategisch sein soll. Der Mainstream hat die lieb- und geistlose Pflichtübung, die angeblich „das Ergebnis von vier Monaten Arbeit“ (BBC) sein soll, weitgehend ignoriert.

Weit aussagekräftiger ist hingegen der umfangreiche Zweiteiler von Craig Whitlock, den die New York Times am Donnerstag und Freitag unter dem Titel „USA weiten geheime Spionage-Operationen in Afrika aus“ veröffentlichte. Der Autor beschreibt, wie die USA auf dem Kontinent unter dem Vorwand des „Kriegs gegen den Terrorismus“ militärisch Fuß zu fassen versuchen. Afrika ist die letzte Region der Welt, die vom Pentagon ein eigenes Hauptquartier zugeteilt erhielt. Das am 1. Oktober 2008 aktivierte AFRICOM ist, entgegen anfänglichen Planungen, immer noch in Stuttgart beheimatet. Die US-Streitkräfte haben auf dem gesamten Kontinent erst einen einzigen offiziellen Stützpunkt, Camp Lemonnier in Dschibuti, wo sie 1300 Soldaten und anderes Personal stationiert haben.

Darüber hinaus haben die USA in Afrika jedoch, schreibt Whitlock jetzt, seit 2007 „rund ein Dutzend Luftstützpunkte errichtet“. Er beruft sich dabei auf einen „hochrangigen“ früheren US-Kommandeur, der am Aufbau dieses Netzwerks mitgewirkt habe. Im Wesentlichen handelt es sich dabei jedoch lediglich um die Vereinbarung von Nutzungsrechten. Zum Teil bestehen diese Abkommen sogar nur darin, dass kleine, propellergetriebene Spionageflugzeuge auf afrikanischen Flugplätzen und Pisten landen, auftanken und starten können. Den Betrieb dieser Flugzeuge haben die US-Streitkräfte weitgehend an private Unternehmen übertragen. Das verursacht zwar erhebliche Mehrkosten, sorgt aber für weniger Auffälligkeit und sichert der US-Regierung „deniability“. Zu deutsch: Falls etwas schief geht, kann Washington abstreiten, davon gewusst und damit zu tun gehabt zu haben. Tatsächlich untersteht die gesamte Spionagetätigkeit in Afrika aber laut New York Times dem Special-Operations-Kommando der US-Streitkräfte.

Unter den größeren Projekten erwähnt Whitlock die Zusammenarbeit der USA mit Burkina Faso. Am Rande des internationalen Flughafens von dessen Hauptstadt Ouagadougou sei in den vergangenen Jahren ein amerikanischer Luftwaffenstützpunkt entstanden, auf dem 65 US-Soldaten und „contractors“, Angestellte von Privatunternehmen, tätig seien. Außerdem seien die USA dabei, für 8,1 Millionen Dollar einen Stützpunkt in Mauretanien aufzubauen.

In Ostafrika erwähnt der Autor Uganda als Zentrum amerikanischer Militäraktivitäten. US-Offiziere sind dort unter anderem regelmäßig an der Ausbildung einheimischer Truppen für den Interventionskrieg in Somalia beteiligt. Ferner seien etwa 120 US-Soldaten und „contractors“ in der kenianischen Flottenbasis Manda Bay stationiert. Bei einer Kongressanhörung im März erwähnte AFRICOM-Chef General Carter F. Ham auch das Interesse der USA, einen Stützpunkt für Spionageflüge im südsudanesischen Nzara zu errichten.

Aus früheren Veröffentlichungen ist bereits bekannt, dass die USA Start- und Landeplätze für den Einsatz unbemannter Flugkörper in Dschibuti, auf den Seychellen im Indischen Ozean, und an einem noch nicht namentlich bekannten Ort in Äthiopien unterhalten.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 18. Juni 2012