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Keine "Währungsmanipulation"

US-Finanzministerium bleibt bei Entspannungskurs gegenüber China. Heftige Gegenstimmen aus dem Kongress.

Die US-Regierung setzt in der Auseinandersetzung um den Wechselkurs der chinesischen Währung weiter auf Entspannung. In seinem am Donnerstag vorgelegten Halbjahresbericht verzichtet das Finanzministerium darauf, China der „Währungsmanipulation“ anzuklagen. Es setzt sich damit erneut über die populistischen Forderungen maßgeblicher Kongressmitglieder aus beiden Parteien hinweg. Sie wollen China für alle Probleme der US-Wirtschaft – insbesondere die hohe Arbeitslosigkeit und das ständige Handelsdefizit – verantwortlich machen.

Seit 1988 ist das Finanzministerium gesetzlich verpflichtet, dem Kongress alle sechs Monate zu berichten, ob wichtige Handelspartner sich durch „Währungsmanipulationen“ - gemeint ist vor allem eine künstliche Unterbewertung gegenüber dem Dollar – „unfaire Vorteile“ verschaffen. Gegen China wurde dieser Vorwurf letztmalig im Jahre 1994 erhoben. Der jetzt präsentierte Bericht wäre ordnungsgemäß schon am 15. April fällig gewesen. Finanzminister Timothy Geithner verschob die Vorlage jedoch, um einen sich andeutenden Währungsstreit zu entschärfen und der chinesischen Regierung Zeit für eigene Maßnahmen zu geben.

Inzwischen hat die Pekinger Zentralbank am 19. Juni die seit 2008 bestehende Bindung des Yuan an den Dollar etwas gelockert. Seither ist der Kurs der chinesischen Währung gegenüber der US-amerikanischen um 0,8 Prozent gestiegen. Zugleich hat der Yuan in diesem Jahr gegenüber dem schwächelnden Euro um 14,2 Prozent zugelegt. Das erschwert Chinas Exporte auf die europäischen Märkte.

Minister Geithner erklärte bei Vorlage seines jüngsten Berichts, dass der Yuan gegenüber dem Dollar weiterhin unterbewertet sei, würdigte aber die neue chinesische Währungspolitik als guten Anfang. Hingegen äußerten sich die einschlägig bekannten Kongressmitglieder erwartungsgemäß feindselig. Der Abgeordnete Charles Schumer kommentierte, der Bericht sei „ebenso enttäuschend wie nicht überraschend“. Das Finanzministerium habe „eine Gelegenheit verpasst, China zur Rechenschaft zu ziehen“. Es sei klar, dass nun der Kongress handeln müsse, um gegen Chinas „Währungsmanipulationen“ vorzugehen. Sander Levin, der im wichtigsten finanzpolitischen Ausschuss des Abgeordnetenhauses den Vorsitz führt, forderte, die USA müssten sich „alle Optionen offenhalten“, um Druck auf China aufzuüben. Christopher Dodd, der dem Bankenausschuss des Senats vorsteht, kündigte eine öffentliche Befragung Geithners an. Alle drei Politiker gehören der Demokratischen Partei an.

Indessen hat China am Sonnabend neue Zahlen zur Wirtschaftsentwicklung bekannt gegeben. Daraus geht hervor, dass der chinesische Außenhandelsüberschuss in den ersten sechs Monaten 2010 um 42,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken ist. Der Hauptgrund dafür ist die Entscheidung, die Einfuhren deutlich zu steigern. Diese nahmen in der ersten Jahreshälfte um 52,7 Prozent zu, während die Exporte „nur“ um 35,2 Prozent zulegten. Im Mai und Juni stieg die Ausfuhr allerdings wieder deutlich stärker als die Einfuhr.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 12. Juli 2010