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Mehr Sekretär als General: UN-Chef Ban Ki-Moon
Seit einem Jahr ist er nun schon im Amt, der achte Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-Moon. Am 7. April 2007 schrieb die deutsche Ausgabe von Vanity Fair über ihn: "Kaum bemerkt: Seit 100 Tagen ist er UN-Chef. Der Südkoreaner symbolisiert den Machtverlust der Weltorganisation". Dem ist auch acht Monate später nichts Wesentliches hinzuzufügen. Der Mann fällt kaum auf. Positiv überhaupt nicht, negativ selten. So etwa, als er sich im Juli während eines Besuchs in Washington ungewohnt dreist in die parteipolitische Diskussion einmischte und vor einem Truppenabzug aus dem Irak warnte. Oder als er gleich zu Beginn seiner Amtszeit, am 2. Januar 2007, die Hinrichtung Saddam Husseins rechtfertigte, obwohl die UNO offiziell für die Abschaffung der Todesstrafe eintritt. In diesem Fall machte er kurz darauf einen vollständigen Rückzieher.
"Formatlos, blass und zugeknöpft" nannte ihn Vanity Fair in dem schon erwähnten Artikel. Er liebe die leisen Töne, schrieb die Zeit am 23. Oktober 2006, als Bans Wahl schon so gut wie sicher war. Er sei "besonnen und unauffällig", wirke in seinem Auftreten "leise und weich" und halte sich mit persönlichen Meinungen zurück. "Ziemlich gesichtslos" sei er und habe "nicht viel Charisma", hatte der britische Guardian schon am 7.Oktober 2006 geurteilt. Im Apparat der Vereinten Nationen sei man über den mutmaßlichen nächsten Generalsekretär nicht glücklich und traue ihm keine starke Führungsrolle zu. Gern wird in den Medien der Spitzname erwähnt, den ihm die Presse seines Heimatlandes gegeben hat: "der schlüpfrige Aal".
Der am 13. Juni 1944 geborene Ban hat unter anderem an der John F. Kennedy School of Government der Harvard Universität studiert. 1970 bekam er seine erste Anstellung im südkoreanischen Außenministerium, seit 1974 war er überwiegend bei den Vereinten Nationen und für diese tätig. Zwischendurch war er zwei Mal Diplomat an der südkoreanischen Botschaft in Washington. Vor seinem Amt als UN-Generalsekretär war er von Januar 2004 bis November 2006 Außenminister seines Landes. Ihm wird eine führende Rolle bei der komplizierten Einigung im Streit um das Atomprogramm Nordkoreas zugeschrieben.
Erstmals gab es im Jahr 2006 um den höchsten Posten der Vereinten Nationen einen monatelangen kostspieligen Wettbewerb, der die sieben Kandidaten unter anderem zu zahlreichen Reisen in die Staaten der 15 ständigen Mitglieder der Sicherheitsrats und in andere als strategisch wichtig geltende Länder zwang. Mit Recht wurde kritisiert, dass dies eine Reihe von Bewerbern von vornherein nahezu chancenlos machte. Ban wird darüber hinaus vorgeworfen, dass er in einige Länder mit Werbegeschenken der südkoreanischen Regierung gereist sei: von Entwicklungshilfezusagen über Handelsabkommen bis hin zu einem wertvollen Piano.
Dass der neue Generalsekretär aus Asien kommen sollte, stand schon zu Beginn der Kandidatenvorstellung fast sicher fest. Das Amt soll zwischen den Kontinenten rotieren, und der letzte Asiat auf diesem Posten war der Burmese Sithu U Thant (1961-1971) gewesen.
Der Generalsekretär wird zwar durch die Vollversammlung gewählt, aber die eigentliche Entscheidung fällt im Sicherheitsrat. Wichtig sind natürlich vor allem die Meinungen der fünf Veto-Mächte China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA. Jede von ihnen könnte einen ungeliebten Kandidaten blockieren und damit aus dem Rennen werfen. Aber auch unter den übrigen Ratsmitgliedern sollte ein aussichtsreicher Bewerber möglichst mehr als nur eine einfache Mehrheit auf seiner Seite haben.
Ban war, woran von Anfang an überhaupt kein Zweifel bestand, der Wunschkandidat der USA. Auch der damalige amerikanische Botschafter bei den Vereinten Nationen, der neokonservative Hardliner John Bolton, setzte sich entschieden für Ban ein. Als Begründung für diese offene Präferenz der USA wird unter anderem angeführt, dass Ban sich als Außenminister maßgeblich für die Entsendung südkoreanischer Soldaten in den Irak eingesetzt hat. Überhaupt wird dem Südkoreaner eine große Nähe zur US-Regierung und ihren Wünschen nachgesagt.
Eine andere Interpretation ist, dass die USA einen möglichst schwachen, politisch wenig ambitionierten, weitgehend berechenbaren Mann als UN-Generalsekretär wollen. Bans Vorgänger, Kofi Annan, war zwar auch als Wunschkandidat der USA ins Amt gekommen und er agierte tatsächlich zumeist nach den Wünschen und Vorstellungen der amerikanischen Regierung. Dazu trug auch seine enge Familienfreundschaft mit dem Kongressabgeordneten Tom Lantos, einem der profiliertesten Führer der pro-Israel-Lobby, bei. Ein gutes Beispiel für die Beziehung zwischen Lantos und Annan war dessen kurzfristige Absage eines lange geplanten Besuchs in Teheran im November 2005, nachdem der Abgeordnete den UN-Generalsekretär angerufen hatte.
Annan war aber zu sehr politische Persönlichkeit und zu sehr vom klassischen Gedanken einer überparteilichen Mission des UN-Generalsekretärs geprägt, um sich hundertprozentig angepasst zu verhalten. Am stärksten geriet er mit der US-Regierung aneinander, als er im September 2004 in einem BBC-Interview erklärte, der Irakkrieg widerspreche der Charta der Vereinten Nationen. Auf zweimalige Nachfrage bestätigte Annan schließlich ausdrücklich, der Krieg sei "illegal" gewesen.
Von Ban Ki-Moon kann die US-Regierung sich aufgrund seines bisherigen Verhaltens erhoffen, dass er nicht in ähnlicher Weise hervortreten wird. Und das nicht nur, weil er den USA noch mehr gewogen ist als sein Vorgänger. Ban scheut sich generell, nicht nur gegenüber den USA, Kritik in deutlicher Form öffentlich zu äußern. Sein Verständnis aus seiner Laufbahn als Diplomat ist, dass sich durch Gespräche hinter den Kulissen, durch "stille Diplomatie", mehr erreichen lässt als durch klare oder gar scharfe, konfrontative Worte vor einem großen Publikum. Er sei Realist, setze auf Ergebnisse, nicht auf Rhetorik, betont er immer wieder gern.
In diesem Sinn hat er schon die Verhandlungen über das nordkoreanische Atomprogramm geführt. Auf diese Weise hat er in seinem ersten Amtsjahr auch die Kontakte zur sudanesischen Regierung über die Stationierung einer UN-"Friedenstruppe" in Darfur gehandhabt. Er vermeidet zu diesem Konflikt bewusst die im Westen beliebten Reizworte wie "Völkermord" und "Verbrechen gegen die Menschlichkeit´". Kennzeichnend ist, dass die Interventions-Lobby in den Vereinigten Staaten Ban bereits vorwirft, er betreibe gegenüber der Regierung in Khartum eine aussichtlose "Beschwichtigungspolitik". Auch Bans Zurückhaltung, sich öffentlich scharf gegen die Repression in Burma zu äußern, stößt in den USA auf Kritik. Präsidentengattin Laura Bush ließ sogar durch ihren Sprecher mitteilen, dass sie Ban deswegen telefonisch getadelt habe.
Es wird oft unterschätzt, dass Ban nicht nur der erklärte Wunschkandidat der USA war, sondern dass seine Bewerbung auch vom offenen Wohlwollen Chinas getragen wurde. Ein UN-Generalsekretär, der kaum als politische Person hervortritt und der sich möglichst wenig in die inneren Angelegenheiten der Mitgliedsstaaten einmischt, entspricht am besten den chinesischen Wünschen. Zudem repräsentiert Ban mit seiner zurückgenommenen Art einen Politikstil, der dem chinesischen sehr ähnlich ist.
Widerstand gegen die Wahl Bans zum Nachfolger Annans gab es im Sicherheitsrat kaum. Bei Probewahlen sprachen sich 13 der 15 Ratsmitglieder für ihn und nur eines - es ist nicht bekannt, welches - gegen ihn aus. Sein größter Konkurrent, der indische Schriftsteller Shashi Tharoor, kam lediglich auf 8 Pro- und 3 Kontra-Stimmen. Die Wahl von Ban durch die Vollversammlung schließlich erfolgte per Akklamation, also ohne Gegenstimme. Dennoch beobachten die meisten der 130 Entwicklungsländer, die sich in der Gruppe der 77 - so benannt nach der Zahl der Gründungsmitglieder im Jahr 1964 - zusammengeschlossen haben, Bans Arbeit wegen seiner großen Nähe zu den USA mit grundsätzlichem Misstrauen oder zumindest mit Skepsis. Einen Gegenbeweis, dass er punktuell zur Kritik an der amerikanischen Politik bereit sein könnte, ist der neue Generalsekretär bisher schuldig geblieben.
Ban agiert und argumentiert gern ausweichend, auch gegenüber den Anforderungen, die die US-Regierung an ihn stellt. Beispielsweise verlangt Bush ein "stärkeres Engagement" der Vereinten Nationen im Irak. Dieses wurde stark heruntergefahren, nachdem am 19. August 2003 das UN-Hauptquartier in Bagdad durch eine Autobombe zerstört wurde. Der UN-Sonderbeauftragte Sergio Vieira de Mello und 16 weitere Menschen wurden bei dem Anschlag getötet, mindestens 100 verletzt. Inzwischen hat Ban eine geringfügige Verstärkung der UN-Repräsentanz im Irak angekündigt, von 65 auf 85 Personen. Außerdem soll ein Büro im nordirakischen Erbil und vielleicht auch eines in Basra eröffnet werden. Ansonsten müsse man jedoch eine Verbesserung der Sicherheitslage abwarten. Diese Zusagen bleiben weit hinter den amerikanischen Erwartungen zurück.
Ban hat in Interviews mehrfach erklärt, dass er eine größere Rolle der UNO im Nahost-"Friedensprozess" wünsche und dass ein wesentliches Mittel zu diesem Zweck die Wiederbelebung des sogenannten Quartetts sei. Diesem im Jahr 2002 gegründeten Arbeitszusammenhang gehören die USA, Russland, die EU und die UNO an. Die praktische Bedeutung dieses Gebildes ist jedoch minimal, weil Israel sich äußerst erfolgreich weigert, irgendwem außer den USA eine Rolle im "Friedensprozess" zuzugestehen, und folglich das Quartett einfach ignoriert. Außerdem trifft sich die Runde nur äußerst selten und bezieht wegen der Blockadehaltung der USA und teilweise auch der EU grundsätzlich keine Positionen, die der israelischen Regierung unwillkommen sind. Daher beschränkt sich die Kreativität des Gremiums auf einseitige Forderungen und Ermahnungen an die palästinensische Seite. Von einer unparteiischen Vermittlerrolle des Quartetts kann keine Rede sein, zumal sie von Israel nicht akzeptiert würde.
Im Mai 2007 trat der Sonderbeauftragte des Generalsekretär für den Nahen Osten, Alvaro de Soto, von seinem Posten zurück, den er zwei Jahre zuvor übernommen hatte. Der Peruaner war seit 1982 für die UNO tätig gewesen. Sein Schritt wurde als Protest gegen Bans Umgang mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt interpretiert. Tatsächlich aber ist de Sotos Kritik, die er in einem langen, analytisch hervorragenden Papier dargelegt hat, sehr viel grundsätzlicher. Sie betrifft auch die Amtszeit von Kofi Annan, und sie wirft letztlich ganz allgemein die Frage nach dem Rollenverständnis und der Arbeitsweise des Generalsekretärs auf.
Im Quartett dienen die UNO und Russland als Deckung für die Handlungen der USA und der EU, schreibt de Soto. Er macht das am Beispiel der bekannten drei Forderungen an die Palästinenser deutlich: Anerkennung des Existenzrechts Israels, Anerkennung früherer Abkommen und Verpflichtungen, Verzicht auf Gewalt. Diese Grundsätze des Quartetts seien nie als "Bedingungen" formuliert worden. Sie seien aber als solche von den USA und der EU eingesetzt worden, um ihre Politik der Isolierung und Aushungerung gegenüber der Hamas-Regierung zu rechtfertigen. Dadurch sei die UNO in eine Mitverantwortung für diese Politik und deren Ergebnisse geraten, ohne dass es dafür irgendeine beschlussmäßige Grundlage gibt. Der Anspruch der Weltorganisation und speziell ihres Generalsekretärs, unparteiischer Vermittler zu sein, werde dem taktischen Ziel, das Verhältnis zwischen UNO und USA zu verbessern und zu pflegen, geopfert.
Solange es im Rahmen des Quartetts unmöglich ist, Beschlüsse zu fassen, die auch konkrete Kritik an Israel üben und praktische Forderungen formulieren, wäre es sinnvoller, auf gemeinsame Erklärungen ganz zu verzichten, heißt es weiter in de Sotos Papier.
In der Vergangenheit habe die UNO die Aufgabe übernommen, auch mit solchen Kräften das Gespräch aufrecht zu erhalten, "zu denen die meisten Regierungen keinen Kontakt haben konnten oder wollten". "Ohne diese Fähigkeit würden wir unsere Kraft als friedensstiftendes Instrument ernstlich schwächen." Als Beispiele nennt de Soto El Salvador, Guatemala und Mosambik. Im Gegensatz dazu habe die UNO nach dem Wahlsieg von Hamas im Januar 2006 die Beziehungen zur palästinensischen Regierung bis auf niedrigstufige Arbeitskontakte fast vollständig abgebrochen. Das war noch in der Amtszeit von Annan. Insbesondere ihm selbst als Sonderbeauftragten für den Nahen Osten seien Gespräche mit Hamas, und im übrigen auch mit der syrischen Regierung, untersagt worden, klagt de Soto.
Der Generalsekretär sei von seiner durch die UN-Charta definierten Funktion her "der normative Vermittler par excellence" und "kein Feld-Wald-und-Wiesen-Akteur", schreibt de Soto weiter. Er müsse seine Unabhängigkeit gegenüber allen Mitgliedsstaaten wahren, sonst verliere er an Autorität und Legitimität.
An diesem Punkt wird allerdings auch ein zentrales Problem deutlich: Wie weit kann ein Diplomat oder Politiker unabhängig sein, der die Zustimmung aller fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats braucht, um gewählt zu werden? Zumal, wenn er auf eine zweite Amtszeit hofft? Die Logik spricht dafür, sich mit keinem der fünf Staaten offen anzulegen, und sich vor allem den Wünschen derjenigen Regierung anzupassen, die den stärksten Druck ausübt. Das ist nach Lage der Dinge Washington. Auf der anderen Seite verzichten Russland und China schon seit etlichen Jahren weitgehend auf eine aktive oder gar offensive Rolle in der Weltorganisation. Besonders deutlich zeigt sich das in ihrer anscheinend bedingungslosen Bereitschaft, die Kriegführung der USA und ihrer Verbündeten im Irak und in Afghanistan Jahr für Jahr wieder zu mandatieren. Selbst ein stärkerer und ambitionierterer Generalsekretär als Ban hätte es unter diesen Voraussetzungen sehr schwer, sich kritisch oder auch nur distanziert zu diesen Kriegen zu verhalten.
Vieles läuft seit langem schief in der UNO, nicht erst seit dem Amtsantritt von Ban. Die Vollversammlung hat die relativ große Rolle, die sie in den 70er und teilweise auch noch in den 80er Jahren hatte, verloren. Im Sicherheitsrat geben die USA, in der Regel unterstützt von Großbritannien und Frankreich, den Ton an. Es kommen Beschlüsse zustande, für die es in der Charta der Vereinten Nationen und in internationalen Abkommen keine Grundlage gibt. So im September 2004 die auf Antrag der USA und Frankreichs angenommene Resolution 1559, die den Abzug "aller ausländischen Streitkräfte" aus dem Libanon und die "Entwaffnung aller Milizen" forderte. Gemeint waren die Syrer und die Hisbollah. Russland und China verzichteten auf ihr Veto-Recht und ermöglichten durch Enthaltung die Annahme der Resolution, die eine beispiellose, nach der UN-Charta unzulässige Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Mitgliedslandes darstellt.
Keine rechtliche Grundlage gibt es auch für die mit Strafmaßnahmen bewehrten mehrfachen Aufforderungen des Sicherheitsrats an Iran, seine Arbeiten an der Uran-Anreicherung einzustellen. Dieses von Russland und China zumindest bisher mitgetragene Vorgehen steht in eklatantem Kontrast zur Unwilligkeit des Rates, Sanktionen zur Durchsetzung von Resolutionen einzusetzen, die eindeutig der UN-Charta entsprechen. So insbesondere die Beschlüsse, die den Abzug der israelischen Streitkräfte, Verwaltungsbehörden und Siedler aus den seit 1967 besetzten Gebieten fordern.
Ein äußerst schwaches Bild bot der Sicherheitsrat auch, als er im Sommer 2006 Israels Überfall auf den Libanon als "legitime Selbstverteidigung" rechtfertigte und anschließend aufgrund der Blockade durch USA, Großbritannien und Frankreich wochenlang nicht in der Lage war, sich auf eine Resolution zu einigen, die wenigstens eine Einstellung der massiven israelischen Angriffe auf die Zivilbevölkerung gefordert hätte. Dem früheren UN-Nahostbeauftragten de Soto ist zuzustimmen, dass es für den Sicherheitsrat besser wäre, überhaupt keine Beschlüsse mehr zu fassen, wenn die USA (und ihre Verbündeten) grundsätzlich nicht bereit sind, einige unverzichtbare politische Inhalte zuzulassen.
Einfluss und Ansehen der Weltorganisation befinden sich, nicht zuletzt durch die kontinuierliche Praktizierung "doppelter Standards", ungleicher Rechtsmaßstäbe, auf einem Tiefpunkt. Das ist selbstverständlich nicht dem seit einem Jahr amtierenden Generalsekretär anzulasten, der allerdings ein zuverlässiger Garant für die Verlängerung dieses Zustands zu sein scheint.
Noch nie zuvor in der Geschichte der Vereinten Nationen waren so viele Blauhelm-Soldaten und Zivilpersonal in "friedenserhaltenden Operationen" eingesetzt. 17 oder 18 Missionen sind es zur Zeit, an denen über 100.000 Menschen beteiligt sind. Darunter über 80.000 Uniformierte, hauptsächlich Soldaten (über 70.000), sowie Polizisten und Militärbeobachter. Schwerpunkt der UN-Operationen ist Afrika, wo allein im Kongo 17.000 Blauhelme im Einsatz sind. In diesem Monat soll eine weitere große UN-Mission, im sudanesischen Dafur, ihre Tätigkeit aufnehmen.
Jedoch: Die strategisch wichtigsten Konfliktpunkte - Irak, Afghanistan, Kosovo - befinden sich unter praktisch ausschließlicher militärischer Kontrolle der USA und ihrer NATO-Verbündeten. Russland und China verzichten, was Irak und Afghanistan angeht, grundsätzlich darauf, ihre Voten von der Voraussetzung einer stärkeren politischen Einflussnahme der Vereinten Nationen auf die Handhabung dieser Konflikte abhängig zu machen. In Verbindung mit einem schwachen, den USA übermäßig zugetanen Generalsekretär wie Ban Ki-Moon ist das verheerend.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 2. Januar 2008