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Hundeverordnung Hamburg

Chronologie der Ereignisse

Mai 1999: Die SPD-Fraktion bringt in der Hamburger Bürgerschaft einen Antrag ein, mit dem der von SPD und Grünen gestellte Senat aufgefordert wird:

  • die Definition über "gefährliche Hunde" in der "Hamburger Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Hunden und über das Halten von Hunden" (Hundeverordnung) zu überprüfen.
  • die Einführung eines generellen Leinenzwanges bei gleichzeitiger Schaffung von Freilaufflächen zu überprüfen.
  • die Einführung eines Sachkundenachweise für Hundehalter nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens zu überprüfen.

"Der Senat wird schließlich ersucht, zu allen diesen Punkten Umsetzungsmöglichkeiten aufzuzeigen und hierüber bis zum 30. September 1999 zu berichten."

Der Antrag der SPD-Fraktion wurde am 19. Mai von der Bürgerschaft mit Mehrheit angenommen. Die CDU protestierte dagegen, in die Diskussion nicht genug einbezogen worden zu sein, und stimmte deshalb dafür, den Antrag zur weiteren Beratung an die Ausschüsse zu verweisen. Die von SPD, GAL und CDU in die Debatte geschickten RednerInnen sprechen sich übereinstimmend gegen Kataloge angeblich "gefährlicher" Rassen aus.

16.2.2000:
Tierheim-Chef Wolfgang Poggendorf und der Hamburger CDU-Abgeordnete Michael Fuchs (selbst langjähriger "Kampfhund"-Halter!) stellen gemeinsam ihr "5-Punkte-Programm gegen die Pitbull-Plage" vor, das folgende Punkte enthält:

  • Importverbot für in Osteuropa gezüchtete Pitbulls. Einreiseverbot für alle, die mit ihrem Pitbull nach Deutschland wollen.
  • Kastrationszwang für Pitbulls.
  • Bei der ersten Belästigung durch einen Pitbull sofort Leinen- und Maulkorbzwang. Dafür müssten die überlasteten Amtstierärzte mehr Verstärkung bekommen.
  • Kennzeichnungspflicht mit Chip für alle Pitbulls, damit bei einem Übergriff der Halter ausfindig gemacht werden kann.
  • Alle Halter von Pitbulls müssen eine Haftpflichtversicherung abschließen. (BILD, 17.2.)

14.3.2000: Nach der vom Senat beschlossenen neuen Hundeverordnung ("Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Hunden und über das Halten von Hunden") müssen die Halter bissiger oder aggressiver (bzw. auffällig gewordener) Tiere künftig den Besuch einer Hundeschule ("Hundeführerschein") nachweisen. Für "gefährliche Hunde" gilt Leinen- und Maulkorbzwang. Ein Rassenkatalog ist nicht vorgesehen. Als gefährlich werden, unabhängig von ihrer Rasse, Hunde eingestuft, die sich aggressiv oder unkontrolliert verhalten. Dazu gehören auch "bedrohliches" Anspringen und Anbellen. Senatorin Roth: "Ein Hund muss nicht gebissen haben, um gefährlich zu sein." "Die Senatorin appellierte an alle Bürger, die sich durch einen aggressiven Hund bedroht fühlen, beim bezirklichen Ordnungsamt Anzeige zu erstatten." (WELT, 15.3.) - Beim Import- und Zuchtverbot für bestimmte Hunderassen sowie bei der Einführung einer obligatorischen Haftpflichtversicherung will der Senat die bundeseinheitlichen Regelungen durch die Innenministerkonferenz der Bundesländer Anfang Mai abwarten.
Tierheim-Chef Poggendorf äußert sich empört über die "viel zu lasche" Verordnung: "Die Hamburger  Hundeverordnung ist Augenwischerei, die Amtstierärzte sind doch jetzt schon völlig überfordert. Ich fordere Maulkorb- und Leinenzwang für alle Pitbulls, außerdem die Zwangskastration und eine Zwangs-Haftpflichtversicherung. Verstößt der Pitbull-Halter gegen die Gesetze, muss er gleich zu 5000 Mark Strafe verdonnert werden.." (BILD, 17.4.)
    
13.4.2000: Die BILD startet mit der Titel-Schlagzeile "Kampfhund-Terror / Stoppt endlich diese Bestien!" eine Kampagne für das Verbot der "15 gefährlichsten Hunderassen". Hierzu zählt BILD außer den bekannten sogenannten "Kampfhundrassen" auch noch Rottweiler und Dobermann.
Bis zum 6. Mai (dem Tag nach der Konferenz der Länderinnenminister!) hält die BILD dieses Thema fast täglich in großer Aufmachung (mehrmals Titelschlagzeilen) intensiv am Kochen. Abweichende Meinungen werden konsequent ignoriert und verschwiegen, Gegendarstellungen nicht abgedruckt.
Am 17. April stellt die BILD ihren "ersten BILD-Bürgerentscheid" vor. Praktisch handelt es sich um eine Unterschriftensammlung für das Verbot der 15 Hunderassen, zunächst in Hamburg, dann bundesweit. Als Ergebnis übergab BILD-Chefredakteur Udo Röbel dem Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Fritz Behrens (NRW), mehrere Wäschekörbe mit insgesamt 240.000 Unterschriften aus ganz Deutschland - nicht gerade Zeichen eines berauschenden Erfolgs der Kampagne.

5.5.2000: Die Konferenz der Länderinnenminister beschließt, ohne konkret zu werden, allgemeine Grundsätze einer Verschärfung der "Kampfhunde"-Gesetzgebung. Die WELT (6.5.) fasst zusammen: "Die Zucht und Haltung von Kampfhunden soll künftig stark eingeschränkt werden.(...) Die Konferenz empfiehlt den Ländern, die Zucht beispielsweise von Pitbulls auf Länderebene zu verbieten. Ebenso sollte der Handel mit besonders aggressiven Hunden nicht mehr erlaubt sein. Empfohlen wird weiter die Einführung von Sachkunde- sowie Zuverlässigkeitsprüfungen, eine Art ‘Waffenschein’ für Hundehalter. Auch die Dressur auf aggressives Verhalten soll verboten werden. Die Definition für gefährliche Hunde soll dem Beschluss zufolge nicht auf einzelne Rassen beschränkt bleiben. Einzelne gefährliche Hunde sollen künftig auf amtliches Gebot kastriert oder sterilisiert werden dürfen. Darüber hinaus wird den Kommunen empfohlen, für Kampfhunde erhöhte Steuern zu erheben."

9.5.2000: HTV-Chef Poggendorf klagt, sein Tierheim sei überfüllt und "keiner nimmt mehr Pitbulls". "Von den 90 Pits können nach ersten Schätzungen nicht mehr als sieben bis acht Hunde vermittelt werden. Die meisten Tiere müssen eingeschläfert werden." Schuld seien die Politiker: "Die jahrelangen Forderungen des Tierschutzvereins nach Maulkorbpflicht, Leinenzwang oder Einfuhrverbot von Kampfhunden seien nicht in die Tat umgesetzt worden. Stattdessen habe die Konferenz der Innenminister (...) lediglich einen unverbindlichen Katalog von Absichtserklärungen verabschiedet." (DPA, 9.5.)

4.6.2000: Die WELT AM SONNTAG bringt an hervorgehobener Stelle eine geradezu "hellseherische" Meldung, die sich unter anderem auf "Kampfhund"-Tötungen im HTV-Tierheim Süderstraße bezieht: "In deutschen Tierheimen hat eine wohl einmalige Tötungswelle begonnen. (..) Es ist nur der Anfang einer regelrechten Massentötung von mehreren Hundert Tieren." - DPA meldet am 5. Juni aufgrund eigener Anfragen bei den Tierheimen: "Auch in Düsseldorf, Köln und Troisdorf sind extrem gefährliche Kampfhunde bereits getötet worden - in Düsseldorf warten derzeit elf Kampfhunde auf den Tod durch Giftspritze". Die Sprecherin des Berliner Tierheims, Carola Ruff, teilte DPA mit, schon im Jahr 1999 seien dort etwa 100 "gefährliche" Hunde getötet worden, überwiegend "Kampfhunde". In den ersten fünf Monaten des Jahres 2000 seien es 50 gewesen.

26.6.2000: In Hamburg-Wilhelmsburg töten zwei "Kampfhunde" (die Rassen werden in den Medien unterschiedlich angegeben) einen sechsjährigen türkischen Jungen. Beide Hunde hatten aufgrund mehrerer früherer Beissvorfälle Leinen- und Maulkorbzwang, der von den Besitzern missachtet wurde.

28.6.2000: Der Hamburger Senat erlässt die "Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Hunden und über das Halten von Hunden (Hundeverordnung)". Als "gefährliche Hunde" gelten in jedem Fall ("nicht widerlegbare Vermutung"):

  1. Pit-Bull
  2. American Staffordshire Terrier
  3. Staffordshire Bullterrier

Für diese Hunde gibt es, allen anderslautenden Behauptungen mancher schlecht informiert daherschwätzender Politiker zum Trotz, absolut keine Chance, den Stempel der "Gefährlichkeit" und die damit verbundenen Auflagen durch einen Wesenstest loszuwerden.

Bei den folgenden Rassen wird die "Gefährlichkeit" vermutet, solange nicht durch einen Wesenstest nachgewiesen wird, dass der Hund "keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist" (Negativzeugnis):

  1. Bullmastiff,
  2. Bullterrier,
  3. Dogo Argentino,
  4. Dogue de Bordeaux,
  5. Fila Brasileiro,
  6. Mastiff,
  7. Mastin Espanol,
  8. Mastino Napoletano,
  9. Kangal,
  10. Kaukasischer Owtscharka.

Dies gilt jeweils auch für Kreuzungen untereinander oder mit anderen Rassen. Beispielsweise: Ein Pudel-Pitbull-Mischling gilt danach als "Kategorie-I-Hund", also unwiderlegbar als gefährlich. Die Einstufung von Mischlingen erfolgt durch die Amtstierärzte. Ihr Urteil ist kaum noch anzufechten, da die Beweislast beim Halter liegt und es erwiesenermaßen keine wissenschaftlich eindeutigen Methoden zur Rassebestimmung bei Mischlingen gibt.
In die Kategorie 2 wurde nachträglich noch der Tosa Inu aufgenommen. - Ein Hund kann außerdem als gefährlich eingestuft werden, wenn er "ein der Situation nicht angemessenes oder ausgeprägtes Aggressionsverhalten gegen Menschen oder Tiere zeigt".

Das Halten "gefährlicher" Hunde ist verboten und kann nur in Ausnahmefällen erlaubt werden, wenn der Antragsteller ein "berechtigtes Interesse" an der Haltung nachweist und keine Bedenken gegen seine "Zuverlässigkeit" bestehen. Die Erlaubnis ist vom Nachweis der Sachkunde des Halters und der Erziehung des Hundes abhängig zu machen. (Gutachten eines "geeigneten" Tierarztes oder Sachverständigen, Besuch einer Hundeschule). Weitere Voraussetzungen sind der Nachweis einer besonderen Haftpflichtversicherung, Sterilisation oder Kastration des Hundes, sowie seine fälschungssichere Kennzeichnung.
Knackpunkt ist dabei das "berechtigte Interesse", über das ausschließlich nach Beamtenwillkür entschieden wird und das in der Mehrzahl der Fälle nicht anerkannt wird. So wurde beispielsweise den Besitzern eines dreijährigen Hundes das "berechtigte Interesse" abgesprochen, weil drei Jahre Zusammenleben mit einem Tier nicht ausreichend seien, um eine enge Bindung zu diesem entstehen zu lassen! Für die Bewertung des "berechtigten Interesses" ist auch völlig unerheblich, ob es sich um ein lammfrommes, niemals neativ aufgefallenes Tier handelt.
Für "gefährliche" Hunde besteht generell Leinen- und Maulkorbpflicht. Wer seinen Hund auch nur minutenlang ohne Maulkorb lässt, beispielsweise um ihm in der Sommerhitze das Wasserschlabbern zu ermöglichen, riskiert sofort die Wegnahme des Tieres.

Wer einen "gefährlichen Hund" im Sinne der VO hat, muss an seiner Wohnungstür ein "Warnschild mit der deutlich lesbaren Aufschrift ‘Vorsicht, gefährlicher Hund!’" anbringen. (Nach gängiger Rechtssprechung wird jeder Hauswirt Recht bekommen, der daraufhin dem Mieter fristlos kündigt!)

"Die zuständige Behörde kann die Tötung eines Hundes anordnen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Hund auch in Zukunft eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Mensch oder Tier darstellt." - Da aber alle Hunde der Kategorie I generell und unwiderlegbar als "gefährlich" gelten, bedeutet das im Grunde schon für jeden einzelnen von ihnen das Todesurteil.

Für "gefährliche Hunde" im Sinne der VO wird eine erhöhte Steuer von 1.200 Mark rückwirkend schon für das laufende Jahr fällig. (normale Hundesteuer in Hamburg: 180 Mark). Im Gegensatz zur normalen Hundesteuer ist eine Erstattung der erhöhten "Kampfhund-Steuer" für Sozialhilfeempfänger ausgeschlossen.

28.6.2000: Bürgermeister Ortwin Runde erläutert in einer Pressekonferenz die neue Hundeverordnung. "In Hamburg wird es in absehbarer Zeit keine Kampfhunde mehr geben." - "Zwar sei es für ihre Halter möglich, für diese Tiere Ausnahmegenehmigungen zu bekommen. Doch sei dies (...) 'lediglich eine theoretische Möglichkeit', da ihre Eigenschaft als gefährlicher Hund als 'unwiderleglich' vermutet werde. Die Ordnungsbehörden seien gehalten, keine Genehmigungen zu erteilen. Binnen fünf Monaten müssen diese Tiere von den Ordnungsämtern registriert sein. Sie sollen dann ihren Haltern genommen und eingeschläfert werden. (...)
Für Hunde der zweiten Kategorie ist die Erteilung einer Genehmigung zwar möglich. Doch wies der Bürgermeister darauf hin, dass die Erlaubnis nur für den Ausnahmefall bei ‘fast unerfüllbaren Restriktionen’ erteilt werde. So muss ein Tierarzt oder ein anderer geeigneter Sachverständiger die Ungefährlichkeit jedes einzelnen Tieres prüfen. Wird sie abschlägig beschieden, was in aller Regel der Fall sein dürfte, ist auch dieses Tier einzuziehen und einzuschläfern." Runde wörtlich: "Ziel ist es, möglichst viele Hunde einschläfern zu lassen. Das ist für Tierschützer und für die Halter schwer, für die der Hund ein Gefährte war. Aber der Schutz der Allgemeinheit ist wichtiger". - SPD-Fraktionschef Holger Christier fügte hinzu, er hoffe, "dass mit Ablauf der Übergangsfrist von fünf Monaten Hamburg im November kampfhundfrei sein wird". (Welt und HA, 29.6.)

28.6.2000: Der HVV verbietet auf Veranlassung der zuständigen Baubehörde generell das Mitnehmen von Hunden, die nach der neuen Verordnung als "gefährlich" gelten. Zugleich gibt ein Behördensprecher offen zu, dass es in Hamburgs öffentlichen Verkehrsmitteln überhaupt noch nie einen Beißzwischenfall gegeben hat. - Die Deutsche Bahn AG hatte schon am 27. Juni bekannt gegeben, dass sie vom 1. September an keine "Kampfhunde" mehr transportieren wird.

28.6.2000: Der Leiter des Tierheims Süderstraße, Poggendorf, gibt zur neuen Hundeverordnung eine Stellungnahme ab, in der es heißt: "Auf Druck der Öffentlichkeit haben die Politiker jetzt schnell reagiert. Ich hätte mir gewünscht, dass dies schon in der Vergangenheit geschehen wäre. Die Verordnung hat stufenweise vernünftige Ansätze, etwa beim Maulkorb- und Leinenzwang. Das heißt, eine Dämpfung der Gefahr ist nun gegeben. Ich hätte mir gewünscht, dass sich die strengen Maßnahmen der Verordnung vordergründig auf die Pitbulls konzentriert hätten und dass wir bei der Hundeverordnung vorher angehört worden wären. Die Erhöhung der Hundesteuer ist für uns nicht nachvollziehbar, weil sie die falschen Menschen trifft - die, die meist von Sozialhilfe leben." (HA, 29.6.)

29.6.2000:
Die zuständige BAGS-Senatorin Roth beweist in einer "Schalthoff live"-Sendung bei HH1, dass sie den Inhalt der neuen Hundeverordnung, die sie gerade eben im Senat mit beschlossen hat, nicht kennt: Sie behauptet, auch Hunde der Kategorie I könnten nach einem Wesenstest von der Leinen- und Maulkorbpflicht befreit werden. Als Moderator Schalthoff diese falsche Aussage anzweifelt, reagiert die Senatorin pampig und anmaßend. Ihre Behörde muss am nächsten Tag eine Stellungnahme abgeben, um die "missverständlichen" Äußerungen ihrer peinlich schlecht informierten Chefin zu korrigieren.

29.6.2000: Trotz anderslautender öffentlicher Zusagen schickt Tierheim-Chef Poggendorf alle Menschen nach Hause, die unter dem Schock der Verordnung ihren "Kampfhund" abgeben wollen, und lehnt kategorisch jede Neuaufnahme von "Kampfhunden" ab. Er erklärt dazu: "Wir lehnen es ab, als Hunde-Tötungsmaschine der Politiker missbraucht zu werden. Das Tierheim ist nicht die Hundevernichtungsstelle dieser Stadt. Die Verantwortung für die Tötung müssen die Behörden übernehmen. (..) Soweit eine Einschläferung nach Kriterien des Tierschutzes gegeben ist und die betroffenen Rassen den anerkannten Aggressionstest nicht bestanden haben, unterstütze ich grundsätzlich die neue Hundeverordnung. Aber wir sind nicht bereit, die Verantwortung für die Tötung der Hunde zu übernehmen." - Am Abend kann Poggendorf dann "nach vielen Telefonaten mit unterschiedlichen Behörden" Erfolg melden: "Wir nehmen ab sofort wieder Kampfhunde auf. Mir ist von einer offiziellen Stelle zugesagt worden, dass sie für eine begründete Tötung durch unsere Tierärzte die Verantwortung übernimmt." (HA, 30.6.2000)

30.6.2000: Tierheim-Chef Poggendorf äußert seine Genugtuung über die Umkehr der Beweislast durch die neue Hundeverordnung: "Bisher mussten die Behörden die Bedrohung durch einen Hund nachweisen. Vielen Leuten wird es jetzt schwer fallen, die Ungefährlichkeit ihrer bewusst verdorbenen Tiere zu beweisen." - Das Tierheim werde schnell neue Kapazitäten - auch personelle - schaffen, um weggenommene, ausgesetzte und abgegebene "Kampfhunde" unterzubringen. Das werde die Hansestadt Hamburg bezahlen.
BAGS-Amtsleiter Lettau widerspricht dieser Behauptung Poggendorfs über das Verhandlungsergebnis öffentlich in aller Form: "Wir haben uns darauf geeinigt, dass Halter von Hunden der Kategorie 1, die der Meinung sind, dieses nicht mehr Herr zu sein, sie auch dort (d.h. im Tierheim Süderstraße) abgeben können. Eine Vergrößerung des Tierheims stehe zunächst nicht zur Debatte. Es gibt eine Übergangsfrist von fünf Monaten, da gelte es, keine operative Hektik an den Tag zu legen." (dpa, 30.6.; WELT, 1.7.)
Poggendorf schickt daraufhin wieder alle Menschen nach Hause, die ihren Hund im Tierheim abzugeben versuchen. (HA, 1.7.; WELT, 6.7.)

1.7.2000: BAGS-Amtsleiter Norbert Lettau macht mit einem konstruierten Beispiel deutlich, dass das "berechtigte Interesse" als Voraussetzung für die Erlaubnis eines Kategorie-I-Hundes nur in einer minimalen Zahl von Fällen anerkannt werden soll: "Wenn ein Rentner seit zehn Jahren einen mittlerweile zahnlosen und rheumatischen Pitbull hat, kann das emotionale Interesse dieses Menschen überwiegen und ihm eine weitere Haltung gestattet werden."
    
5.7.2000: Poggendorf droht an, er wolle die Zusammenarbeit mit der Stadt einstellen, falls tatsächlich gesunde, nicht verhaltensgestörte Kampfhunde getötet werden sollten. Es sei eine ungerechtfertigte Hysterie entstanden. "Nicht jeder so genannte Kampfhund ist gefährlich." - BAGS-Sprecher Marks kommentiert unbeeindruckt: "Ich gehe davon aus, dass das Tierheim Süderstraße weiterhin zur Zusammenarbeit bereit sein wird."
(HA, 6.7.)

12.7.2000: Poggendorf weigert sich generell, noch "Kampfhunde" in seinem Tierheim aufzunehmen, und erklärt: "Wir sehen uns nicht in der Lage, die Zusammenarbeit mit dem Senat auf der Basis der neuen Hundeverordnung fortzusetzen". Das Tierheim Süderstraße sei an den Grenzen seiner Belastbarkeit angekommen, es gebe keine freien Zwinger mehr. Die BAGS müsse jetzt selbst sehen, wo sie die Tiere unterbringt. Die neue Hundeverordnung sei "Willkür", fördere "eine regelrechte Hundeverdammung". "Hier geht es um Massenvernichtung." "Wir wollen nicht tausend bis zweitausend Hunde töten und so zum Schlachthof der Behörden werden." - Trotz dieser wortradikalen Töne äußert Ortwin Runde sich aber zuversichtlich, "daß die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Tierheim künftig wieder fortgesetzt werden kann". Zugleich wiederholt der Bürgermeister seine Absichtserklärung: "Für Kampfhunde gibt es in dieser Stadt keinen Platz." "Es wird zur Tötung von Hunden kommen." Es werde "selbstverständlich" auch viele Fälle geben, in denen Besitzer ihre Hunde gegen ihren Willen abgeben müssten. (TAZ, 13.7.; WELT, 13.7.; BILD, 13.7.)

13.7.2000:  Eine "einstweilige Hundefängergruppe" tritt in Funktion. Bis auf weiteres hat die BAGS zehn Mitarbeiter für diese Aufgabe abgestellt. Dazu gehört neben dem Wegnehmen von Hunden auch die namentliche Erfassung von "Kampfhund"-Haltern.
Aufgrund des generellen Aufnahmestopps im Tierheim Süderstraße werden "sichergestellte" Hunde zu den örtlichen Polizeirevieren gebracht, wo Zwinger für ihre einstweilige Unterbringung vorhanden sind. (jeweils zwei bis drei Zwinger pro Revier)
Neben diesem nur auf wenige Tage tragfähigen Provisorium kündigt BAGS-Sprecher Stefan Marks die Einrichtung eines Hundelagers auf dem Gelände des UKE an: "Wir bauen das ehemalige Versuchstierhaus so um, dass dort von Montag (17.7.) an bis zu 50 Hunde aufgenommen werden können". Jedoch sei auch dies nur eine Übergangslösung; die Behörde prüfe weitere Optionen. (HA, WELT, 14.7.)

18.7.2000: Poggendorf bietet dem Senat eine "begrenzte Zusammenarbeit" bei der Umsetzung der neuen Kampfhundeverordnung an. "Bedingung sei aber, dass gutartige Hunde eine Chance bekämen und nicht getötet würden. (...) Außerdem müsse die Stadt alle entstehenden Kosten übernehmen. Der Verein werde die Spendenmittel, mit denen er seine Arbeit finanziere, nicht für die Umsetzung eines staatlichen ‘Wilkürakts’ einsetzen". - Es gebe in Hamburg schätzungsweise allein in der Kategorie 1 rund 2000 Tiere. "Daher liege die Vermutung nahe, dass auf Seiten der Stadt die grundsätzliche Absicht bestehe, diese Tiere einzuschläfern. Das Tierschutzgesetz verbiete aber die Tötung eines Tieres ohne vernünftigen Grund." - Falls der Senat dies respektiere, sei er, Poggendorf, bereit, die Hunde jeweils für einige Tage im Tierheim Süderstraße aufzunehmen, tierärztlich zu untersuchen und eine erste Einschätzung ihres Charakters vorzunehmen. Die anfallenden Kosten von täglich etwa 30 Mark pro Hund müsse die Stadt tragen. Die längerfristige tierschutzgerechte Unterbringung der eingesammelten Kampfhunde müsse ebenfalls von der Stadt gewährleistet werden. (ddp, 18.7.)

18.7.2000: Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel, reist nach Hamburg, um Poggendorf Schützenhilfe zu geben. Apel fordert bei dieser Gelegenheit "ein europaweites Importverbot von Kampfhunden". Für "Kampfhundrassen" sollte ein Zuchtverbot gelten; außerdem müsse es eine generelle Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für alle Hunde geben, "um bei einem Zwischenfall sofort den Halter ermitteln und zur Verantwortung ziehen zu können". Notwendig seien darüber hinaus  "schärfere Gesetze, um strafrechtlich unmittelbar auf Hundehalter zugreifen zu können". Die zuständigen Kontrollbehörden müssten personell verstärkt werden.
Poggendorf und Apel treten gemeinsam vor die Presse, um den Behörden eine Kooperation vorgeschlagen. Das Tierheim sei nun bereit, auch Hunde der Kategorie 1 für einen Tag aufzunehmen, sofern die Behörden die Übernahme der Tiere garantieren.
"An langfristigen Tieraufnahmen wollen wir uns aber auch weiterhin nicht beteiligen. Das würde das Funktionieren des Tierheims gefährden." (AFP, 18.7.; Reuters 18.7.; WELT, 19.7.)

20.7.2000: Die ersten sichergestellten "Kampfhunde", bisher sieben Tiere, sind auf das UKE-Gelände eingeliefert worden. "Der Grund für die leer stehenden Gruppenzwinger seien ausgebliebene Anträge auf Versuchsreihen mit Hunden, so UKE-Sprecherin Marion Schafft. Der letzte der bisher dort gehaltenen Hunde habe die Anstalt im Frühjahr verlassen." (WELT, 20.7.)

27.7.2000: Bei einer ersten spätabendlichen Großrazzia von Polizei und BAGS-Hundefängern im Stadtpark werden zwei "Kampfhunde" ihren Besitzern abgenommen, weil sie nicht angeleint waren und keinen Maulkorb trugen. Die Tiere, einer von ihnen ein sieben Monate alter Staffordshire-Bullterrier-Mischling, werden ins UKE-Lager gebracht. Dort werden jetzt 20 "Kampfhunde" gefangen gehalten. (WELT und HA, 28.7.)

9.8.2000: Jetzt befinden sich schon 35 Hunde im UKE-Lager. Die BAGS sucht weiter nach einer geeigneten Halle für eine größere Anzahl von Hunden. Darüber hinaus führt die BAGS weiterhin Gespräche mit dem HTV-Tierheim, "das künftig eine Art Erstversorgung übernehmen und die Tiere dann anschließend in die Obhut der Ämter übergeben könnte."
Die Bildung einer an den Bezirk Mitte angebundenen, aber für ganz Hamburg zuständigen Hungefänger-Truppe macht Fortschritte: Vier Mitarbeiter sollen am 15. August beginnen, zwei weitere am 1. September. "Sie werden in einem ein- bis zweiwöchigen Crash-Kurs fortgebildet und sollen Ende dieses Monats ihre Arbeit in drei Gruppen aufnehmen und die provisorische Truppe ersetzen", erklärt Simone Käfer, Sprecherin der Justizbehörde. Tierpflegerische Kenntnisse seien bei den ehemaligen Tierpflegern oder Mitarbeitern von Wachdiensten bereits vorhanden, einige hätten auch Erfahrung im Umgang mit Konfliktsituationen. (WELT, 9.8.) - Tatsächlich war das wohl eine eher beschönigende Beschreibung der Qualifikation dieser bunt zusammengewürfelten Truppe.

16.8.2000: Die Behörden einigen sich mit HTV-Chef Poggendorf über eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit. Poggendorf erklärt dazu der WELT: "Ich gehe davon aus, dass dauerhafter Frieden herrschen wird". Das Ergebnis der Verhandlungen sei ein gewaltiges Paket, das vorbildlich für die ganze Bundesrepublik sein könnte. Bis zuletzt habe man in den Gesprächen mit der Behörde "hoch gepokert". (WELT, 16.8.)
Einzelheiten der Vereinbarung werden bis heute vor der Öffentlichkeit geheim gehalten; beide Seiten weigern sich, den Vertrag zu veröffentlichen. Soweit bekannt gegeben wurde, geht es im Wesentlichen um folgende Punkte: Alle weggenommenen, aufgefundenen oder abgegebenen "Kampfhunde" werden zunächst ins Tierheim Süderstraße gebracht, das Tag und Nacht zur Aufnahme bereit ist. Dort findet eine erste ärztliche Versorgung und grobe Einschätzung des Tieres statt. Nach spätestens 48 Stunden werden alle "gefährlichen" Hunde aus der Süderstraße nach Harburg gebracht. Das heißt: a) alle Kategorie-I-Hunde, und b) Kategorie-II-Hunde, soweit diese im Tierheim als "gefährlich" eingestuft werden, sowie c) sonstige im Tierheim als "gefährlich" eingestufte Hunde. Den Transport von der Süderstraße nach Harburg besorgt das Tierheim selbst. Als Gegenleistung bekommt das Tierheim von der Stadt ein Fahrzeug im Wert von 80.000 Mark sowie eine jährliche Aufwandsentschädigung in der gleichen Höhe. Außerdem zahlt die Stadt dem Tierheim eine Tagespauschale für alle vorübergehend im Tierheim untergebrachten "Kampfhunde". (dpa, 16.8.; HA, 17.8.) Poggendorf kann Kategorie-I-Hunde aus Harburg einem Wesenstest unterziehen lassen und darf sie dann weitervermitteln, jedoch in aller Regel nicht innerhalb Hamburgs, da hier das "berechtigte Interesse" bei der Neuanschaffung eines Kategorie-I-Hundes nicht anerkannt wird. (Angeblich gibt es aber wohldosierte Ausnahmen für einzelne Personen, die sich bei der Durchsetzung der Hundeverordnung nützlich machen.)
Allerdings setzt Poggendorf sich dafür ein, "unvermittelbare" Hunde, auch wenn sie den Wesenstest bestanden haben und absolut gutartig sind, spätestens nach sechs Monaten zu töten. Poggendorf zur Begründung: "Zwingerhaltung in Einzelzwingern ist bei längeren Zeiträumen Tierquälerei". (dpa, 16.8.)
BAGS-Senatsdirektor Lettau äußerte offen seine Genugtuung: "Er sei mit dem Kompromiss, der mit dem Tierheim geschlossen wurde, sehr zufrieden, weil der politische Wille der Stadt jetzt umgesetzt werden könne." (WELT, 17.8.)

18.8.2000: Im UKE-Lager wird der erste "Kampfhund" getötet. Der sechs Jahre alte Pitbull-Rüde war vom Besitzer bei der Polizei abgegeben worden, angeblich weil er ihm zu gefährlich geworden sei. Die Amtstierärzte unterschrieben die Tötungsanordnung mit dem Satz: "Eine Gefahr für Mensch und Tier ist nicht auszuschließen". Das Bezirksamt Harburg hat bereits drei weitere Todeskandidaten auf der Liste. (BILD, 18.8.)

18.8.2000: Zwölf Tage vor Ablauf der Anmeldefrist zur erhöhten "Kampfhund-Steuer" (1200 Mark) sind die zuständigen Wirtschafts- und Ordnungsämter noch nicht darauf eingerichtet, für Hunde der Kategorie II nach bestandenem Wesenstest die Ungefährlichkeitsbescheinigung auszustellen. Die entsprechenden Gebührenbescheide liegen noch nicht vor. "Es gab bisher Wichtigeres", erklärt dazu kaltschnäuzig Claudia Eggert, Sprecherin des Bezirksamts Mitte. Für die Halter bedeutet das nicht nur, dass sie erst einmal die erhöhte Steuer zahlen müssen, sondern auch, dass die Hunde trotz bestandenem Wesenstest weiter mit Leine und Maulkorb geführt werden müssen.  (WELT, 18.8.)

22.8.2000: Im Harburger Seehafen hat die BAGS eine 4.000 qm große Lagerhalle für bis zu 300 Einzelzwinger gemietet: auf drei Seiten von Wasser umgeben, zur Landseite ein vier Meter hoher Gitterzaun. Der erste Abschnitt soll in 14 Tagen fertig sein. Auslauf für die Tiere an frischer Luft ist nach Angaben des Leiters des Veterinärwesens bei der BAGS, Dr. Brehm, nicht vorgesehen.
Der Senat beschließt zur Umsetzung der Hundeverordnung "unplanmäßige Mehrausgaben" in Höhe von insgesamt 5,4 Millionen Mark für die Jahre 2000 und 2001. Nach Angaben von Senatorin Roth entfallen davon 2,8 Mio. auf das laufende Jahr. Rund 1,9 Mio. Mark soll der  Umbau und die Herrichtung des Harburger Hunde-Lagers kosten. Weitere 722.000 Mark sind als Sachkosten für die Hallenmiete, die Einrichtung von Büros sowie für Futtermittel veranschlagt; hinzu kommen 173.000 Mark für Personalkosten. Von den für das nächste Jahr bewilligten 2,59 Mio. Mark entfallen 1,8 Mio. auf Sachkosten, 514.000 Mark auf Personalkosten und 209.00 Mark auf zusätzliche Investitionen.
(BILD, 22.8.; WELT, 24.8.)

1.9.2000: Ende der Anmeldefrist zur "Kampfhund-Steuer". Nach amtlichen Angaben wurden erst 164 Tiere gemeldet. (BILD, 1.9.)

3.9.2000: Die Vorsitzende des Tierschutzbeirates, Simone Runde, und Beiratsmitglied Christa Winkel erstatten gegen Senatorin Karin Roth und Landestierarzt Dr. Brehm Anzeige wegen Tierquälerei. Grund: die nicht artgerechte Haltung der Hunde auf dem UKE-Gelände. Frau Runde: "Ich wurde seit Wochen von dem Thema fern gehalten und auch auf mehrfaches Bitten nicht in die Anlage gelassen. Jetzt wurden mir Fotos aus dem Zwinger zugespielt, die eine deutliche Sprache sprechen. Für die Tiere gibt es nicht einmal Decken und Körbe." Die Zwinger seien zu eng. "Unglaublich ist, dass sich darunter auch zwölf Welpen befinden." Diese sowie die Muttertiere möchte der Verein "Bürger gegen Tierversuche", dessen Vorsitzende Simone Runde ist, sofort übernehmen. Sie könnten in Häusern und auf Bauernhöfen außerhalb Hamburgs untergebracht werden. (HA, 4.9.) - Dr. Brehm weigert sich auf konkrete Anfragen, Tiere aus dem Harburger Lager zur Vermittlung freizugeben; die Vermittlung sei ausschließliches Privileg von Tierheim-Chef Poggendorf.

5.9.2000: HTV-Chef Poggendorf distanziert sich im "Hamburger Abendblatt" ausdrücklich von der Klage Runde/Winkel und vom Vorwurf der Tierquälerei gegen das UKE-Lager. (HA, 6.9.) - Zwei Wochen vorher hatte er aber noch selbst die "eilig hergerichteten Zwinger" im UKE-Lager kritisiert und düster prophezeit: "Es wird Fürchterliches passieren. Ich garantiere, dass sich die Hunde bald Ohren und Ruten abbeißen." (HA, 22.7.) "Die Hunde werden dort nicht artgerecht gehalten, haben nicht genügend Auslauf". Er habe "den Verdacht, dass Eppendorf zu einer Tötungsanstalt für Kampfhunde werden wird." (WELT, 19.7.)

6.9.2000: Rolf Miller, Leiter des für das sogenannte "Kampfhund-MEK" (BILD), d.h. den Hundekontrolldienst (HKD), zuständigen Bezirksamts Mitte, erklärt: "Die Aktion ist auf zwei Jahre befristet, kostet jährlich über 500.000 Mark. Danach hat sich die Kampfhundeproblematik erledigt." (BILD, 7.9.)
    
11.9.2000: Mehr als 100 Menschen erstatten Anzeige gegen die Verantwortlichen der BAGS, weil den Hunden im UKE-Lager "länger anhaltende und sich wiederholende erhebliche Leiden zugefügt" würden. Zur Zeit blieben die Tiere etwa 18 Stunden am Tag unbetreut. Die Initiative geht von Anwohnern der Süderfeldstraße aus, an der das Lager liegt.
    
26.9.2000: Offizielle Inbetriebnahme der Hundehalle im Harburger Seehafen. "In einer ersten Ausbaustufe sind in einer Halle 75 Zwinger eingerichtet worden, in denen zur Zeit 65 Hunde untergebracht sind. Weitere 150 Zwinger sollen in der zweiten Oktoberhälfte hinzukommen." (Staatl. Pressestelle)
HTV-Chef Poggendorf verteidigt bei der Pressevorstellung in der Harburger Halle seine Zusammenarbeit mit den Behörden bei der Durchsetzung der Hundeverordnung: "Um Kontrollmöglichkeiten zu haben und den Tieren eine Chance zur Weitervermittlung zu geben, habe sich der Tierschutzverein zur Kooperation bei der Aufnahme von Hunden und dem Bau der Halle entschlossen." (HA, 27.9.)
    
27.10.2000: Sitzung in der BAGS mit u.a. Senatorin Roth und Amtsleiter Lettau. Tagesordnungspunkt 1 ist die Hundeverordnung. Im Protokoll heißt es: "(...) Ende November hohe Aufmerksamkeit: Übergangsfrist zu Ende, Anträge der Hundehalter müssen eingegangen sein. (...) Anregung, dass die Bezirke ‘vorbeugend’ Öffentlichkeitsarbeit machen, auch mit dem Ziel, Hundehalter an ihre Verpflichtungen zu erinnern.
Zurzeit findet ein Datenabgleich zwischen Finanzbehörde und SfB statt. (750 Hundesteuer-Anmeldungen für gefährliche Hunde, aber nur 200 Anträge auf Erlaubnis in den Bezirken)
Anfang Dezember Verwaltungsbescheide (Sanktionsmöglichkeiten lt. HundeVO)
Problem, dass nicht vermittelbare Hunde getötet werden müssen (auch das kann Tierschutz sein). Angebot der BAGS: Gremium von 3 Tierärzten, das über Tötung von Hunden entscheidet. Zurzeit 138 nicht vermittelbare Hunde, 30 stehen zum Wesenstest an."

8.11.2000: Erst rund 200 "Kategorie-I-Hunde" sind bei den Behörden gemeldet. In einem gemeinsamen Appell rufen deshalb die Behörden gemeinsam mit der CDU und Wolfgang Poggendorf  alle "Kampfhund"-Halter auf, die Hundeverordnung zu akzeptieren und ihre Tiere anzumelden.
Im Harburger Hunde-Lager stehen jetzt insgesamt 225 Zwinger zur Verfügung. HTV-Chef Poggendorf übernimmt vor der Presse die öffentliche Anpreisung des Lagers als Hunde-Paradies: eine Schalldämmdecke sei eingezogen, eine Fußbodenheizung sei eingebaut worden. Es gelange durch die Fenster sogar Tageslicht in die Halle. "Lediglich Freiflächen wurden nicht geschaffen, was Tierschutzaktivisten immer wieder kritisierten. Aber es sei, so Wolfgang Poggendorf, schließlich in keinem Tierheim möglich, 300 Hunde auf einer Wiese laufen zu lassen." (WELT, 9.11.) - Auf der anderen Seite argumentieren Poggendorf und BAGS aber immer wieder mit der nicht artgerechten Haltung der eingesperrten Hunde, um deren Tötung "aus Tierschutzgründen" spätestens nach Ablauf von sechs Monaten zu rechtfertigen.

22.11.2000: BAGS-Senatorin Roth stellt ihre "Zwischenbilanz" der Hundeverordnung vor. "Freiwillig abgegeben wurden bisher 41 Hunde, 107 wurden herrenlos aufgefunden." (Hier fehlt eine Zahlenangabe über die ihren Besitzern weggenommen Tiere!)  "Zwölf wurden bisher auf behördliche Anordnung eingeschläfert, davon zwei aus gesundheitlichen Gründen. 540 Halter haben ihre gefährlichen Hunde bisher steuerlich angemeldet, aber nur 226 haben Erlaubnisanträge für Hunde der Kategorie 1; 82 Halter haben Anträge für Hunde der Kategorie 2 gestellt." - Es wurde sechs Mal Erlaubnis für Hunde der Kat. 1 und zwölf Mal für Hunde der Kat. 2 erteilt." - 178 Halter haben eine Freistellung von der Erlaubnispflicht beantragt, weil ihre Tiere der Kat. 2 den Wesenstest bestanden haben. 140 Freistellungen wurden bisher erteilt." (WELT, 23.11.2000)

Knut Mellenthin
"Tierschutz", 2/2000 (Ende 2000)