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USA werben für Militärintervention in Somalia

Die US-Regierung hat ihre Angriffe gegen die Union der Islamischen Gerichte (UIC), die den größten Teil Somalias kontrolliert, verschärft. Jendayi Frazer, Leiterin der Afrika-Abteilung im Außenministerium, behauptete am Donnerstag, "Al-Kaida-Terroristen" könnten in Somalia ungehindert agieren. "Al-Kaida" gebe darüber hinaus "radikalen Elementen" innerhalb der UIC Ausbildung und Unterstützung. Die US-Regierung wolle "verhindern, dass Somalia ein sicherer Schlupfwinkel für Terroristen wird".

Frazer wiederholte die Forderung nach Auslieferung von drei angeblichen "Al-Kaida-Terroristen", die an Anschlägen in Kenia und Tansania 1998 und 2002 beteiligt gewesen sein sollen. Die UIC bestreitet, dass sich die Gesuchten in Somalia aufhalten.

Schon am Mittwoch hatte das US-Außenministerium den Einsatz einer internationalen "Friedentruppe" in Somalia gefordert. In der Erklärung des State Department heißt es, die USA hätten bisher einen Dialog zwischen der UIC und der sogenannten Übergangsregierung, deren Macht sich auf die Provinzstadt Baidoa beschränkt, unterstützt. Dieser Dialog werde aber "durch die fortgesetzte militärische Expansion der UIC" verhindert. Daher sei eine "Friedenstruppe" erforderlich, " um weitere Aggressionen gegen die Übergangsregierung zu verhindern, Raum für den Dialog zu schaffen und die Lage zu stabilisieren".

Tatsächlich kann jedoch von Aggressionen der UIC nicht die Rede sein. Seit diese Anfang Juni die Hauptstadt Mogadischu von der Tyrannei einer durch die CIA finanzierten Warlord-Koalition befreit hat, haben sich die meisten Städte und Gebiete Somalias kampflos der UIC angeschlossen. Die Mehrheit der somalischen Bevölkerung erhofft sich von den Islamisten nach 15 Jahren Bürgerkrieg Wiederherstellung gesetzlicher Verhältnisse und eine Normalisierung des Lebens.

Um ihre immer mehr schrumpfende Macht zu retten, hat die "Übergangsregierung" nach UNO-Schätzungen 5.000 bis 8.000 äthiopische Soldaten ins Land geholt. Sie sind um Baidoa stationiert, aber auch in Puntland, das 1998 seine Unabhängigkeit von Somalia erklärt hat. Da die beiden Nachbarländer seit Jahrzehnten verfeindet sind, hat sich die "Übergangsregierung" durch das Bündnis mit Äthiopien noch mehr isoliert und Teile ihrer eigenen Basis verloren. Viele Abgeordnete des in Baidoa residierenden "Übergangsparlaments" sind inzwischen zur UIC übergelaufen.

Die äthiopische Regierung hat sich am Mittwoch vom Parlament in Addis Abeba weitgehend freie Hand für "Verteidigungsmaßnahmen" gegen die UIC geben lassen. Die Resolution wurde mit 311 gegen 90 Stimmen angenommen. Die Opposition hatte beanstandet, die Vorlage gebe der Regierung zu viel Macht und stelle faktisch eine Kriegserklärung dar.

Ein Selbstmordanschlag - der erste in Somalia - gegen einen Kontrollposten am Rande von Baidoa hat am Donnerstag die Lage weiter verschärft. Die UIC hat das Attentat, bei dem mindestens acht Menschen starben, als Provokation verurteilt.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 2. Dezember 2006