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US-Regierung will Militarisierung des Somalia-Konflikts durchsetzen

In der somalischen Hauptstadt Mogadischu haben am Dienstag Tausende gegen die Absicht der USA demonstriert, im UNO-Sicherheitsrat die Entsendung einer internationalen "Friedenstruppe" nach Somalia durchzusetzen. Die Demonstration richtete sich zugleich gegen den angeblichen Beschuss der Stadt Bandiradley, 700 Kilometer nördlich von Mogadischu, durch äthiopische Truppen. Der Vorfall wird von Äthiopien bestritten und ist bisher nicht durch unabhängige Beobachter bestätigt. Es wäre der erste äthiopische Angriff in Somalia. Nach Schätzungen einer UNO-Kommission hat Äthiopien im Nachbarland Somalia zwischen 5.000 und 8.000 Soldaten stationiert. Sie sollen die praktisch bedeutungslose, in der Provinzstadt Baidoa residierende "Übergangsregierung" in ihrem Konflikt mit der fundamentalistischen Union der Islamischen Gerichte (UIC) unterstützen, die den größten Teil des Landes kontrolliert.

Die Nachrichtenagentur Reuters hatte am Montag gemeldet, dass die US-Regierung demnächst einen schon seit längerem diskutierten Antrag in den UNO-Sicherheitsrat einbringen will, der die Entsendung einer "Friedenstruppe" nach Somalia vorsieht. Diese soll zunächst nur aus afrikanischen Soldaten bestehen. Laut Reuters wird der amerikanische Plan von Großbritannien unterstützt, während die meisten anderen europäischen Staaten ihm ablehnend gegenüberstehen. Teil des amerikanisch-britischen Antrags soll auch die Aufhebung des vom Sicherheitsrat über Somalia verhängten Waffenembargos sein. Erstens ist das eine Voraussetzung, um eine bewaffnete "Friedenstruppe" nach Somalia schicken zu können. Zweitens wollen USA und Großbritannien offenbar den Weg für Waffenlieferungen an die "Übergangsregierung" frei machen.

Die Reuters-Meldung stützte sich nur auf anonyme Diplomaten. Der genaue Inhalt des amerikanisch-britischen Vorstoßes ist bisher nicht bekannt. Der US-Botschafter bei der UNO, John Bolton, wollte sich zu Einzelheiten nicht äußern, bestätigte aber, dass über eine Einschaltung des Sicherheitsrats beraten wird, und sagte, es gebe "Fortschritte".

Die UIC lehnt eine militärische Internationalisierung des Konflikts ab. Auch in der EU herrscht bisher die Befürchtung vor, dass die Lage in Somalia dadurch unkontrollierbar verschärft und in Richtung Bürgerkrieg getrieben würde. Am 12. Dezember soll unter internationaler Vermittlung erneut versucht werden, UIC und "Übergangsregierung" an den Verhandlungstisch zu bringen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 30.11.2006