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Umzug der "Übergangsregierung" nach Mogadischu

Der somalische "Übergangspräsident" Abdullahi Jusuf hat seinen Amtssitz am Dienstag in die Hauptstadt Mogadischu verlegen. Sämtliche Ministerien seiner Regierung sollen in den nächsten Tagen folgen. Wenige Stunden nach Jusufs Ankunft wurde der Präsidentenpalast mit Mörsergranaten beschossen.

Mit dem Umzug der Regierung wird ein Beschluss umgesetzt, den das "Übergangsparlament" am Montag gefasst hatte. Alle provisorischen Institutionen und Funktionen sind nicht aus freien Wahlen hervorgegangen, sondern wurden im August 2004 auf einer Konferenz in Kenia eingesetzt. Sie residierten bisher in der Provinzstadt Baidoa. Milizen der "Übergangsregierung" hatten am 28. Dezember vorigen Jahres mit Hilfe äthiopischer Invasionstruppen die Kontrolle über Mogadischu übernommen. Eine Übersiedlung war aber bisher wegen der angespannten Sicherheitslage in der Hauptstadt verschoben worden.

Die Entscheidung zum Umzug fällt mit dem erstmaligen Auftreten einer neuen bewaffneten Truppe in Mogadischu zusammen, die der "Übergangsregierung" untersteht. Diese hatte in Baidoa bisher nur über eine schwache, schlecht organisierte, durch Widersprüche zwischen konkurrierenden Klans unzuverlässige Miliz verfügt. Die neuen Einheiten wurden offenbar in großer Eile mit Hilfe der Äthiopier rekrutiert und ausgebildet. Bei der Bewaffnung und Finanzierung sollen die USA geholfen haben. Die Truppe ist nach offiziellen Angaben mehrere Tausend Mann stark. Aus welchen Klans sie sich im Einzelnen zusammensetzt und gegenüber welchen Politikern sie wirklich loyal ist, wurde bisher nicht bekannt. Dass es Koordinationsmängel und Spannungen mit vorhandenen Sicherheitskräften gibt, deutete sich bei der Ankunft der ersten neuen Einheiten in der Hauptstadt am Sonnabend an, als sie sich sogleich eine Schießerei mit der Polizei lieferten.

Am Montag kündigte der stellvertretende Verteidigungsminister Salad Ali Jeele an, dass die "Übergangsregierung" innerhalb der nächsten 30 Tage sichere Verhältnisse in Mogadischu herstellen werde. Dazu soll die Entwaffnung aller nicht-offiziellen Formationen gehören. Schon einmal, am 1. Januar, hatte die "Übergangsregierung" die Ablieferung aller Waffen Innerhalb dreier Tage gefordert und schwere Strafen angedroht. Angesichts der realen Verhältnisse in der Hauptstadt war dieses Ultimatum kurz darauf stillschweigend fallengelassen worden.

Neben Klan-Milizen, privaten Polizeidiensten und bewaffneten Bewohner-Zusammenschlüssen gibt es in Mogadischu derzeit die offizielle Polizei, die neuen Militäreinheiten, 1.200 ugandische Soldaten als erster Teil einer von der UNO unterstützten afrikanischen "Friedenstruppe" sowie äthiopisches Militär in unbekannter Personalstärke. Gleich nach der Ankunft der Ugander in der vorigen Woche gab es mehrere Überfälle auf ihre Soldaten. Auch die Stellungen der Äthiopier werden fast täglich beschossen. Nach offizieller Darstellung gehören die Angreifer zur fundamentalistischen Union der Islamischen Gerichte (UIC), die seit Anfang Juni 2006 bis zum Einmarsch der Äthiopier in Mogadischu geherrscht hatte. Die UIC hatte erstmals seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 für stabile, sichere Verhältnisse gesorgt. Unter ihrem Schutz konnten der seit vielen Jahren geschlossene Hafen und der Flughafen wieder in Betrieb genommen werden. Seit dem Rückzug der UIC hat sich die Sicherheitslage in der Stadt so verschlechtert, dass nach UNO-Schätzungen 20.000 bis 30.000 Menschen aus Mogadischu geflüchtet sind.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 14. März 2007