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Trotz Ramadan Kämpfe in Somalia
Afrikanische „Friedenstruppe“ weitet ihre Einsätze aus.
Auch nach dem Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan am Sonnabend gehen die Kämpfe in mehreren Regionen Somalias weiter. In der Hauptstadt Mogadischu gab es am Dienstagmorgen Gefechte zwischen der afrikanischen „Friedenstruppe“ AMISOM und der islamistischen Opposition. Die Schauplätze lagen an der wichtigsten Straßenverbindung zwischen der Residenz des Präsidenten der von AMISOM unterstützten Übergangsregierung und der zentralen Kreuzung Km 4, an der sich ein großer Stützpunkt der „Friedenstruppe“ befindet. Viele Bewohner flüchteten aus dem Kampfgebiet.
AMISOM ist seit März 2007 in Mogadischu stationiert. Sie besteht aus ugandischen und burundischen Soldaten in einer Gesamtstärke von 5100 Mann. Planmäßig sollten es 8000 werden. Die Truppe ist mit Panzern ausgerüstet, über die weder die Übergangsregierung noch die Islamisten verfügen. Ihr von der Afrikanischen Union (AU), dem Zusammenschluss aller Staaten des Kontinents, erteiltes Mandat beschränkt sich auf den Schutz des Hafens und Flughafens von Mogadischu, des Präsidentenpalastes und einiger anderer Regierungsgebäude sowie der Straßenkreuzung Km 4.
Der von der Übergangsregierung und einigen afrikanischen Staaten unterstützte Versuch, das AMISOM-Mandat auf offensive Operationen auszuweiten, scheiterte auf dem AU-Gipfel vor einigen Wochen. Dennoch greift die Truppe immer stärker in die Kämpfe in der Hauptstadt ein. Dazu gehört vor allem der Beschuss von Stadtteilen, die als Hochburgen der Islamisten gelten, mit Panzerkanonen und schwerer Artillerie. In den letzten Tagen drangen AMISOM-Einheiten mit Panzern mehrfach in die von Islamisten kontrollierten Viertel vor, wo sie auf heftigen Widerstand stießen. Ein Sprecher der “Friedenstruppe” behauptete, es handele sich bei diesen Vorstößen lediglich um “Übungen”; AMISOM verhalte sich nach wie vor im Rahmen des Mandats rein defensiv.
Unterdessen hat die Übergangsregierung am Montag bekannt gegeben, dass AMISOM demnächst Verstärkungen aus Nigeria und Dschibuti erhalten werde. Beide Staaten haben das jedoch bisher nicht offiziell bestätigt. Die nigerianische Regierung hatte schon bei der Aufstellung der “Friedenstruppe” ihre Absicht bekundet, sich daran zu beteiligen, und hat kürzlich wieder erklärt, sie prüfe die Möglichkeit eines militärischen Beitrags.
In einigen Gebieten des Landes, so in Zentralsomalia und im Südwesten, haben militärische Kräfte, díe der Übergangsregierung (TFG) unterstehen oder mit ihr kooperieren, in den letzten Wochen verlorenes Gelände zurückgewinnen und mehrere Städte, vor allem in der Nähe der Grenze zu dem mit der TFG verbündeten Äthiopien, zurückerobern können.
Die Erfolge sind aber in der Hauptsache nicht den nach wie vor schwachen, schlecht bezahlten und kaum motivierten Milizen der TFG zu verdanken, sondern einer ganz neuen, erst Ende vorigen Jahres aus dem Boden gestampften Kraft namens Ahlu Sunnah Wal Jamia. Sie beruft sich auf den in Somalia sehr verbreiteten Sufismus. Diese Richtung des Islam ist vergleichsweise liberal und pflegt viele Sitten, die von den religiös sehr strengen Islamisten als “ketzerisch” bekämpft werden. Dazu gehören Tanz und Musik, Verehrung der Gräber der Vorfahren und Anbetung von Heiligen und Märtyrern.
Die Islamisten haben in den von ihnen eroberten Gebieten mit Verboten und durch die Zerstörung von Friedhöfen und Heiligtümern viele Sufis, die traditionell nicht militärisch orientiert sind, gegen sich aufgebracht. Darin liegt offenbar ein wesentliches Motiv für den Zulauf, den Ahlu Sunna in den letzten Monaten erhalten hat. Die Truppe profitiert aber auch von der materiellen und finanziellen Unterstützung, die sie aus den USA, aus Äthiopien und Kenia enthält. Die US-Regierung hat im Juni 40 Tonnen Waffen und Munition nach Mogadischu geliefert. So weit diese nicht, somalischen Medien zufolge, auf den freien Markt und schließlich zu den Islamisten gelangten, dürften sie hauptsächlich bei Ahlu Sunna gelandet sein.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 26. August 2009