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Somalia: "Versöhnungskonferenz" vertagt
In der somalischen Hauptstadt Mogadischu hat die Übergangsregierung am Sonntag die schon zwei Mal verschobene "Nationale Versöhnungskonferenz" eröffnet - und gleich wieder vertagt. Offiziell verlautet, man wolle noch die Ankunft weiterer Delegierter abwarten und die Konferenz am Donnerstag fortsetzen. Insgesamt sollen nach offiziellen Angaben rund 1.350 Menschen teilnehmen. Ihre Auswahl und Zusammensetzung ist undurchsichtig. Einige Streitereien um die Delegiertenplätze gab es schon vor Beginn. Vertreter der politischen Opposition, vor allem der fundamentalistischen Union der Islamischen Gerichte (UIC), sind nicht eingeladen. Sie selbst haben eine Beteiligung ausdrücklich abgelehnt, solange sich äthiopische Truppen im Land befinden.
Die UIC hatte im vorigen Jahr sechs Monate lang in Mogadischu und Zentralsomalia geherrscht. Im Dezember war sie durch das Eingreifen von Tausenden Soldaten aus dem verfeindeten Nachbarland Äthiopien gestürzt worden. Hieß es anfangs noch, dass die Äthiopier nur wenige Wochen bleiben würden, haben sie inzwischen ihren Status als Besatzungsarmee insbesondere in Mogadischu verfestigt.
Einige führende Vertreter des mit der Übergangsregierung verfeindeten Hawiye-Clans unterstützen jetzt nach heftigen internen Auseinandersetzungen die "Versöhnungskonferenz". Unter ihnen Hadschi Abdi Iman Omar, der als Chef des Ältestenrats der Hawiye gilt. Er hatte früher gegen eine Beteiligung argumentiert. Anfang Juni war er von äthiopischem Militär festgenommen und erst einen Tag später wieder freigelassen worden. Ob dieser Vorgang zu seinem Meinungsumschwung beigetragen hat, ist nicht bekannt.
Dagegen sagte der politische Sprecher der Hawiye, Ahmed Dirije, der Clan unterstütze zwar grundsätzlich die Idee einer solchen Konferenz, aber die Bedingungen dafür seien jetzt nicht gegeben: "Mogadischu ist eine Kriegszone und von einer fremden Macht besetzt. Es ist weder neutral noch sicher." Er forderte den Abzug der äthiopischen Truppen und "vertrauensbildende Maßnahmen" seitens der Übergangsregierung. An erster Stelle nannte Dirije die Freilassung von "Tausenden" Menschen, die seit dem Umsturz vom Dezember 2006 in Haft seien.
Militante islamistische Kräfte haben angekündigt, die Konferenz gewaltsam zu stören. Tatsächlich gingen schon während der Eröffnungszeremonie am Sonntag mehrere Mörsergranaten in der Nähe der Polizeikaserne nieder, in der die Versammlung stattfand. Anschläge auf die äthiopischen Truppen, auf die Miliz der Übergangsregierung und auf Regierungsbeamte sind an der Tagesordnung. Im Vorfeld der Konferenz hatten Äthiopier und Regierungssoldaten tagelang Razzien in einem Basarviertel der Hauptstadt durchgeführt, das als Stützpunkt der Opposition gilt. Viele Händler klagten über wilde Plünderungen der Regierungstruppen, die schlecht und unregelmäßig bezahlt werden. Straßenraub durch Soldaten ist in ganz Somalia zum Problem geworden.
Unterdessen hat das Oppositionsbündnis, dem neben der UIC auch frühere Unterstützer der Übergangsregierung angehören, eine eigene Konferenz angekündigt. Sie soll am 1. September stattfinden, vermutlich in Eritrea. Dann soll eine Koalition gebildet werden "mit dem Ziel, Somalia vom Joch der äthiopischen Besatzung und ihrer Kollaborateure zu befreien", heißt es in einer Erklärung.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 17. Juli 2007