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Somalia: Ein "Friedensabkommen", das keinen Frieden bringen wird

Der von den USA und Äthiopien unterstützten somalischen “Übergangsregierung” (TFG) ist es offenbar gelungen, die in der Allianz zur Wiederbefreiung Somalias (ARS) zusammengeschlossenen Oppositionskräfte zu spalten. Nach mehrwöchigen Verhandlungen zwischen einigen ARS-Politikern und der „Übergangsregierung“ gab der vermittelnde UN-Sonderbeauftragte Ahmedou Ould-Abdallah eine Einigung bekannt. Andere Oppositionspolitiker, die den bewaffneten Widerstand repräsentieren, verurteilten das Abkommen als „Falle“ und kündigten an, dass es für die Fortsetzung ihres Kampfes ohne Bedeutung sein werde.

Nach Angaben des UN-Nachrichtendienstes haben sich die Delegationen, die seit Anfang Mai in Dschibuti, dem Standort des größten US-Stützpunktes in Afrika, verhandelt hatten, auf Folgendes verständigt:

Innerhalb von 30 Tagen sollen alle Kampfhandlungen eingestellt werden. Der damit in Kraft tretende Waffenstillstand soll für zunächst 90 Tage gelten und kann anschließend verlängert werden. Beide Seiten appellieren an die UNO, innerhalb von 120 Tagen eine „internationale Stabilisierungs-Streitmacht“ zu entsenden. Sie soll aus Kontingenten von Ländern bestehen, die „Freunde“, aber nicht Nachbarn Somalias sind. Sobald eine „ausreichende Anzahl“ von UN-Kräften stationiert ist, soll der Abzug der äthiopischen Besatzungstruppen beginnen, die sich seit Dezember 2006 in Somalia befinden und auf deren Anwesenheit die Existenz der ungewählten „Übergangsregierung“ beruht.

Die ARS-Politiker haben sich in den Verhandlungen verpflichtet, „durch eine feierliche öffentliche Erklärung alle Akte bewaffneter Gewalt in Somalia einzustellen und zu verurteilen“, sowie „sich von allen bewaffneten Gruppen oder Individuen zu distanzieren, die sich nicht an die Bestimmungen dieses Abkommens halten“.

Falls sich die Angaben der UNO über die Einigung als zutreffend erweisen, hat die „Übergangsregierung“ sich mit ihren Positionen vollständig durchgesetzt. Noch zu Beginn der Gespräche in Dschibuti hatten die teilnehmenden ARS-Politiker erklärt, dass es ohne einen definitiven Zeitplan für den äthiopischen Abzug keine Verständigung geben könne. Die jetzt vereinbarte 120-Tage-Regelung ist illusorisch, weil es keine Vorbereitungen der UNO für eine solche Mission gibt.

Scheikh Hassan Dahir Aweys, der Führer der Union der Islamischen Gerichte (UIC), der bei weitem wichtigsten Organisation im Oppositionsbündnis, hat das Abkommen scharf verurteilt. Er hatte schon im Mai erklärt, dass die in Dschibuti verhandelnden Oppositionspolitiker kein Mandat der ARS-Gremien hätten. Gleichzeitig hatte er sich gegen die Ersetzung der Äthiopier durch UN-Streitkräfte ausgesprochen.

Zu den Unterzeichnern des Dschibuti-Abkommens gehören den Berichten zufolge der ARS-Vorsitzende und sein Vize, Scharif Scheikh Ahmed und Abdulrahman Abdischkakur Warsame. Die Verhandlungen sollen am 30. Juli in Mekka fortgesetzt werden.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 11. Juni 2008