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Seeblockade gefordert

Internationale Militärintervention in Somalia rückt näher

Nach dem nordostafrikanischen Staatenblock IGAD und der Afrikanischen Union hat am Montag auch die somalische Übergangsregierung die UNO zu einer internationalen Militärintervention aufgefordert. Präsident Scheikh Scharif Ahmed behauptete, Somalia sei einer „Invasion ausländischer Kämpfer“ ausgesetzt, deren Ziel es sei, „das Land im Chaos zu halten und internationale Verbrecher – gemeint war Al-Kaida – zu verstecken“. Scharif stützte sich dabei auf das von seiner Regierung verbreitete, unbewiesene Gerücht, dass rund 300 Ausländer an der Seite der somalischen Islamisten kämpfen und deren Führung übernommen haben.

Ebenfalls am Montag gab Scharifs Kabinett bekannt, dass ab sofort alle Häfen und Flughäfen Somalias, die nicht unter Kontrolle der Übergangsregierung stehen, „geschlossen“ seien. Einzige Ausnahme seien humanitäre Hilfslieferungen, die aber jeweils von der Regierung genehmigt werden müssten. Bis auf die Hauptstadt Mogadischu sind fast alle wichtigen Häfen und Flughäfen in der Hand der islamistischen Opposition.

Der Kabinettsbeschluss hat daher zunächst nur rein symbolische Bedeutung und wäre mit den schwachen militärischen Mitteln, die der Übergangsregierung zur Verfügung stehen, nicht durchsetzbar. Er knüpft aber an eine Resolution der IGAD an, die sich auch die AU zu eigen gemacht hat, und setzt auf ein internationales Eingreifen.

Die IGAD hatte am 21. Mai an den UN-Sicherheitsrat appelliert, eine Flugverbots-Zone und eine militärische Seeblockade gegen alle Flughäfen und Häfen zu verhängen, die sich in der Hand der Islamisten befinden. Darunter die Häfen Kismajo und Merka sowie der Flughafen des früheren Regierungs- und Parlamentssitzes Baidoa. Zur Durchsetzung der Seeblockade solle die UNO mit den Staaten zusammenarbeiten, die jetzt schon Kriegsschiffe in den Gewässern rund um das Horn von Afrika im Einsatz haben, schlug die IGAD vor. Darüber hinaus forderte sie Sanktionen gegen Eritrea, weil es angeblich die Islamisten durch Waffenlieferungen, Ausbilder und Geld unterstütze. – Dem Staatenblock gehören Äthiopien, Dschibuti, Kenia, Somalia, Sudan und Uganda an; Eritreas Mitgliedschaft wurde vor zwei Jahren suspendiert.

Am 23. Mai schloss sich die Afrikanische Union den Forderungen der IGAD vollständig an. Gleichzeitig rief sie alle afrikanischen Staaten dazu auf, die in Mogadischu stationierte „Friedenstruppe“ AMISOM zu unterstützen. AMISOM besteht zur Zeit aus insgesamt rund 4300 Soldaten aus Uganda und Burundi. Das ist nicht viel mehr als die Hälfte der ursprünglich geplanten Stärke von 8000 Mann. Sierra Leone hat vor einigen Wochen die Entsendung eines Bataillons – etwa 800 Mann – zugesagt, aber sich auf kein Datum festgelegt. Die Truppe ist bisher nur im Objektschutz für den Hafen und Flughafen der Hauptstadt sowie den Präsidentenpalast eingesetzt. An den Kämpfen zwischen den Bürgerkriegsparteien beteiligt AMISOM sich in der Regel nicht.

Aufgrund der Forderungen von IGAD und AU wird sich der UN-Sicherheitsrat vermutlich demnächst mit dem Thema befassen. Bisher hatte die Mehrheit der Ratsmitglieder ebenso wie UN-Generalsekretär Ban Ki-mun die Risiken einer Intervention gescheut. Eine Seeblockade in Verbindung mit den schon seit vorigem Jahr laufenden Einsätzen zur Piratenbekämpfung könnte sich aber als ein für den Sicherheitsrat akzeptabler Einstieg erweisen. Inzwischen hat auch die Arabische Liga einseitig Partei für die Übergangsregierung genommen und ruft zur Stärkung von AMISOM auf.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 27. Mai 2009