Funktionen für die Darstellung

Darstellung:
  • Standard.
  • Aktuelle Einstellung: Druckansicht.

Seitenpfad

"Massive Offensive"

Überfall auf ein Hotel in der stark bewachten Sicherheitszone von Mogadischu

Mindestens 31 Menschen, darunter sechs Parlamentsabgeordnete, sind nach offiziellen Angaben am Dienstag bei einem Angriff auf ein Hotel in der somalischen Hauptstadt Mogadischu getötet worden. Das Hotel Huna liegt in unmittelbarer Nähe zum Präsidentenpalast in einer Sicherheitszone, die von der afrikanischen „Friedenstruppe“ AMISOM kontrolliert wird. In dem Hotel wohnen zahlreiche führende Beamte der Übergangsregierung. Auch Parlamentarier lassen sich dort nieder, wenn sie sich in Mogadischu aufhalten. Die Mehrheit der 550 Abgeordneten lebt normalerweise mit ihren Familien im Ausland, vorzugsweise in Kenia, Uganda und auf der arabischen Halbinsel. Oft kann die Beschlussfähigkeit des Parlaments nur mit Hilfe von Drohungen hergestellt werden.

Wie viele Personen an dem Angriff beteiligt waren, war am Nachmittag noch unklar. Nach Angaben der Übergangsregierung handelte es sich um drei Männer, von denen einer festgenommen worden sei, während sich die beiden anderen im Hotel in die Luft gesprengt hätten. Auch nach diesem Zeitpunkt wurde aber nach übereinstimmenden Berichten im Hotel weiter geschossen.

Zu dem Überfall lag zunächst keine Erklärung irgendeiner Organisation vor. Indessen ist die allgemeine Annahme, dass die Angreifer zur Al-Schabab gehörten, durchaus plausibel. Die Islamisten hatten am Montag eine „massive Offensive“ angekündigt. Ebenfalls am Montag griffen die Soldaten von Al-Schabab mehrere Unterkünfte und Stellungen der Regierungstruppen und der mit diesen verbündeten Ahlu-Sunna-Miliz an. Wie meist in solchen Fällen nahmen die AMISOM-Einheiten daraufhin Wohngegenden rund um den Bakara-Markt, die als Hochburgen der Islamisten gelten, unter Artilleriebeschuss. Mindestens 29 Zivilisten, nach anderen Berichten bis zu 40, wurden dabei getötet. Rund 100 Verletzte wurden in Krankenhäusern registriert.

Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte am Dienstag einen Sicherheitsfunktionär der Übergangsregierung mit der Behauptung, selbst in der stark bewachten Zone um den Präsidentenpalast würden mittlerweile etwa 300 getarnte Al-Schabab-Kämpfer leben, die dort kleine Geschäfte betreiben oder Jobs in Restaurants und Läden haben.

Die am Montag angekündigte Offensive der Islamisten stellt offenbar eine Reaktion auf die Verstärkung von AMISOM dar. Die „Friedenstruppe“ bestand bisher aus 5300 Soldaten, ungefähr je zur Hälfte aus Uganda und Burundi. Seit Freitag voriger Woche sind mehrere hundert weitere Ugander in Mogadischu angekommen. Die Afrikanische Union, der Dachverband aller Staaten des Kontinents, hatte Ende Juli auf einem Gipfeltreffen in der ugandischen Hauptstadt Kampala beschlossen, die Personalstärke von AMISOM um 2000 Mann zu erhöhen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 25. August 2010