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Entführte „Journalisten“ waren Sicherheitsbeamte

Der Vorfall wirft Schlaglichter auf die französische Einmischung in Somalia und auf die inneren Widersprüche der Übergangsregierung.

Was am Dienstag als Entführung zweier französischer Journalisten aus einem Hotel in Somalias Hauptstadt Mogadischu gemeldet wurde, entwickelt sich zum hochkarätigen Politthriller.

Ungefähr zehn bis zwölf bewaffnete Männer waren am 14. Juli mit zwei oder drei Fahrzeugen vor dem „Sahafi“ aufgetaucht, das in einer besonders geschützten Zone liegt, die unter Kontrolle der Übergangsregierung (TFG) steht. Das Hotel wird von den wenigen ausländischen Journalisten bevorzugt, die sich immer noch nach Mogadischu verirren, beherbergt aber auch zahlreiche Abgeordnete des Übergangsparlaments und Regierungsmitglieder der TFG.

Dass die Angreifer, die zum Teil Uniformen von Regierungsmilizen trugen, sich für ihr Vorhaben ausgerechnet den französischen Nationalfeiertag ausgesucht hatten, scheint Zufall gewesen zu sein. Sie entwaffneten im Handumdrehen die privaten Sicherheitskräfte des Hotels oder schüchterten sie einfach nur ein – die Augenzeugen sind sich da nicht ganz einig. Widersprüchlich sind auch die Berichte, ob der Trupp sofort gezielt das Zimmer der Franzosen ansteuerte oder ob sie erst das Hotel nach ihnen absuchten. Jedenfalls wurden die beiden anschließend abgeführt, und die kleine Autokolonne entfernte sich in Richtung eines von Islamisten kontrollierten Stadtteils.

Die anfängliche Information, dass die Verschleppten Journalisten seien, ging offenbar auf das Hotelpersonal zurück, das sich wiederum auf deren eigene Angaben berief. Die französische Regierung dementierte wenig später: Es handele sich um Sicherheitsbeamte, die in offizieller Mission in Mogadischu waren, um die Übergangsregierung zu unterstützen. Sie hätten sich keinesfalls als Journalisten ausgegeben. Dass die Franzosen Sicherheitsbeamte waren, hatten vorher schon Sprecher der TFG bekannt gegeben. Daraufhin hatte die internationale Organisation „Reporter ohne Grenzen“ dagegen protestiert, dass eine solche Geheimmission als journalistische Tätigkeit getarnt worden sei. Dadurch würden echte Journalisten ins Zwielicht geraten und zusätzlich gefährdet.

Welcher Behörde die beiden Männer angehören und was ihr Auftrag in Somalia war, hat die französische Regierung bis jetzt nicht verraten. Der vorherrschende Verdacht es, dass sie Agenten des Auslandsgeheimdienstes DGSE sind und vielleicht die TFG beim Aufbau einer ähnlichen Organisation beraten sollten.

Frankreich ist bisher das einzige westliche Land, das die Übergangsregierung direkt und offen mit Ausbildern und Beratern unterstützt. Demnächst sollen auf dem französischen Stützpunkt Dschibuti am Roten Meer, der auch von Deutschland und anderen NATO-Staaten genutzt wird, 500 somalische Soldaten ausgebildet werden. Das Programm sollte eigentlich erst im September beginnen, wurde aber wegen der gefährdeten Lage der TFG auf August vorgezogen.

Inzwischen hat ein hochrangiger Offizier einer Regierungsmiliz, Abdiqadir Odweyne, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass die Verschleppung der Franzosen von Angehörigen der Regierungstruppen durchgeführt wurde. Sie hätten ihre Gefangenen anschließend der Hizbul Islam übergeben. Diese Organisation entstand im Januar durch den Zusammenschluss von vier islamistischen Organisationen. Unter ihnen dominiert der militante Flügel der Union der Islamischen Gerichtshöfe (ICU). Die ICU hatte sich im Jahr 2007 gespalten. Ein Flügel kooperiert jetzt mit der TFG und stellt den Staatspräsidenten. Der Ablauf der Verschleppung deutet darauf hin, dass Teile des „gemäßigten“ ICU-Flügels mit der TFG unzufrieden sind und immer noch mit den Militanten zusammenarbeiten.

Am Donnerstag meldete Reuters, dass die Hizbul Islam einen der beiden Franzosen an die einflussreichste und radikalste islamistische Organisation Somalias, Al-Schabaab, übergeben habe. Damit scheint ein drohender Streit zwischen den islamistischen Kräften zunächst ausgeräumt.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 17. Juli 2009