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Der Kampf geht weiter

Nach militärischen Niederlagen der Islamisten verschärfen sich die Gegensätze zwischen Somalias Warlords. Kenia unterstützt Separatisten.

Mehrere hundert Menschen sind in der vergangenen Woche aus der südsomalischen Hafenstadt Kismajo geflüchtet, nachdem dort am Freitag schwere Kämpfe zwischen rivalisierenden Gruppen ausgebrochen waren. Vorläufiger Sieger blieb am Sonnabend die vom Nachbarland Kenia unterstützte Ras-Kamboni-Miliz. Mindestens 18 Menschen wurden im Laufe der Schießereien getötet, zahlreiche Häuser und Geschäfte sind zerstört.

Kismajo war die letzte Stadt Somalias, die noch von der islamistischen Organisation Al-Schabab kontrolliert wurde, bis ihre Kämpfer im September 2012 durch kenianischen Truppen vertrieben wurden, die sich von Söldnern der Ras-Kamboni-Miliz begleiten ließen. Seither ist Kismajo Hauptstadt eines von Kenia protegierten, von Ras-Kamboni-Leuten regierten, aber international nicht anerkannten Phantasiestaates namens Jubaland.

Das Gebilde kann sich historisch gesehen nur auf Verwaltungsgrenzen aus der italienischen Kolonialzeit stützen. Nach eigenem Anspruch besteht es aus den Regionen Gedo sowie Unterjuba und Mitteljuba, ohne dieses Gebiet aber wirklich insgesamt zu beherrschen. Erhebliche Teile werden immer noch von Al Schabab kontrolliert. Mit 87.000 Quadratkilometern ist das Territorium des proklamierten Staates etwa doppelt so groß wie die Schweiz und hat ungefähr 1,3 Millionen Einwohner. Wirtschaftlich ist das Gebiet aus mehreren Gründen interessant: Erstens wegen der Einnahmen durch den Hafen von Kismajo, den zweitgrößten Somalias nach dem der Hauptstadt Mogadischu. Zweitens wegen des Exports von Holzkohle vor allem in die Staaten der arabischen Halbinsel. Dieser Handel ist zwar aus ökologischen Gründen von der UNO verboten worden, wird aber unter dem Schutz der kenianischen Streitkräfte im alten Umfang weiterbetrieben. Drittens und nicht zuletzt wegen der bisher allerdings noch nicht erforschten Vorkommen von Erdgas und Erdöl vor der Küste.

Seit der Vertreibung der Al-Schabab aus Kismajo streiten die Zentralregierung in Mogadischu einerseits und die von Kenia unterstützte Ras Kamboni andererseits, wer in diesem Gebiet die reale Herrschaft ausübt. Mehrere hochrangige Delegationen der Zentralregierung wurden gleich auf dem Flughafen von Kismajo abgefangen oder später in der Stadt festgenommen und zurückgeschickt. Am 15. Mai ließ sich schließlich der Chef von Ras Kamboni, der meist nur mit seinem Warlord-Kurznamen Madobe genannt wird, auf einer Versammlung seiner Anhänger und mit ihnen verbündeter Clanführer zum Präsidenten ausrufen. Nur wenige Stunden später war mit Hirale, der eigentlich Barre Aadan Shire heißt, ein Gegenpräsident ernannt, der gleichfalls behauptet, von Vertretern der örtlichen Bevölkerung gewählt worden zu sein. Auch er ist ein bekannter Bandenführer aus den Bürgerkriegsjahren. Die Behauptung von Ras Kamboni, dass Hirale von der Zentralregierung unterstützt wird, hat eine hohe Wahrscheinlichkeit.

Vollends unübersichtlich wird die Lage dadurch, dass inzwischen noch zwei weitere Personen aufgetaucht sind, die den Anspruch haben, Präsident von Jubaland zu sein. Einer von ihnen, Iftin Hassan Basto, war in die Kämpfe der vorigen Wochen verwickelt. Diese waren zwischen seiner Miliz und Ras Kamboni ausgebrochen, als deren Kämpfer ihn daran hindern wollten, an einem Treffen mit dem nach Kismajo gereisten somalischen Verteidigungsminister teilzunehmen.

Die Regierung von Puntland, das sich zwar offiziell als Teil Somalias darstellt, aber seit 1998 de facto ein unabhängiger Staat ist, steht in diesen Streitigkeiten auf der Seite von Ras Kamboni und wirft der Zentralregierung vor, die im vorigen Jahr verabschiedete Verfassung zu missachten, die eine weitgehende Autonomie einzelner Landesteile vorsieht.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 11. Juni 2013