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Auf dem Weg zur Anerkennung

Nach der Wahl eines neuen Präsidenten mehren sich in der EU und in den USA die Anzeichen für eine politische Aufwertung des Separatistenstaates Somaliland. Am 1. Juli wurde bekannt gegeben, dass Oppositionsführer Ahmed Mohamed Silanjo die am 26. Juni durchgeführte Wahl mit 49,59 Prozent der Stimmen klar gewonnen hat. Der bisherige Amtsinhaber Dahir Rajale Kahin, kam nur auf 33,23 Prozent; 17,18 Prozent entfielen auf einen weiteren Oppositionspolitiker. Von 1,09 Millionen registrierten Wählern beteiligten sich nur 538.000, etwas weniger als 50 Prozent, an der Wahl.

Somaliland ist ungefähr so groß wie Griechenland, hat aber nur 3,5 Millionen Einwohner. Es liegt auf dem Territorium der ehemaligen Kolonie Britisch-Somaliland, die sich nach der Unabhängigkeit 1960 mit dem zuvor von Italien verwalteten, erheblich größeren Teil Somalias zusammengeschlossen hatte. Nach dem Sturz des autoritär regierenden Präsidenten Siad Barre 1991 und dem damit verbundenen Beginn des Bürgerkrieges, riefen Clan-Politiker die selbstständige Republik Somaliland aus. Eine Grundlage der Sezession war und ist der Umstand, dass Somaliland mehrheitlich von einem Clan, den Isaaq, bewohnt wird, der im übrigen Somalia kaum vertreten ist.

Der neue Präsident ist 73 oder 74 Jahre alt und hat in Großbritannien Volkswirtschaft studiert. Unter Barre gehörte er zwischen 1969 und 1982 als Minister mit wechselnden Geschäftsbereichen der Regierung an. Anschließend leitete er vom britischen Exil aus die oppositionelle Nationalbewegung, die ihren Kampf auch mit militärischen Mitteln führte und einen entscheidenden Anteil am Sturz Barres hatte. Angeblich soll Silanjo im Gegensatz zu seinem Vorgänger langfristig einer Wiedervereinigung Somalilands mit Somalia nicht völlig abgeneigt sein. Offiziell hat er jedoch erklärt, dass das Werben um internationale Anerkennung Somalilands im Zentrum seiner Politik stehen werde.

Beobachter aus vielen Ländern, darunter auch aus der EU, haben der Wahl bescheinigt, sie sei „trotz einiger Irregularitäten“ - Begünstigungen der Partei des bisherigen Amtsinhabers – weitgehend „frei und fair“ verlaufen. Gestützt auf dieses Zertifikat steigen Somalilands Aussichten auf eine politische Aufwertung. Zwar ist der Separatistenstaat bisher von keiner einzigen ausländischen Regierung anerkannt, doch bestehen schon seit Jahren rege „informelle“ Kontakte, unter anderem zur EU und den USA, aber beispielsweise auch zu Russland. Nach einer möglicherweise unvollständigen Übersicht unterhält Somaliland de-facto-Vertretungen in den Nachbarländern Äthiopien und Dschibuti sowie in Großbritannien, Frankreich, den USA, Südafrika, Schweden und Italien. Besonders eng sind die Beziehungen zum Binnenland Äthiopien, das den Hafen Berbera neben Dschibuti für seine Im- und Exporte über See nutzt.

Ein wichtiger Faktor, der die politische Aufwertung Somalilands vorantreiben könnte, ist das Erdöl auf seinem Territorium. Mehrere ausländische Unternehmen stehen schon seit Jahren in Wartestellung, können aber nicht zum Zuge kommen, so lange der Status der Republik als selbstständiger Staat nicht international akzeptiert ist.

Vermutete Ölvorkommen liegen auch dem militärisch ausgetragenen Grenzkonflikt Somalilands mit Puntland, einem weiteren Separatistenstaat, zugrunde. Die Bevölkerung des umstrittenen Gebiets gehört nicht den Isaaq an, sondern mehreren Unterclans der Darod, die auch in Puntland dominieren.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 5. Juli 2010