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Äthiopier verlassen Mogadischu. US-Regierung fordert UN-Friedenstruppe.

Nach Berichten aus Somalia haben am Donnerstagmorgen die letzten äthiopischen Interventionstruppen ihre Stützpunkte in der Hauptstadt Mogadischu verlassen und sich auf den 500 Kilometer langen Weg zur Grenze gemacht. Ein definitiver Termin für den Rückzug der letzten Truppen aus ganz Somalia steht noch nicht fest.

Am Dienstag hatte eine offizielle Abschiedszeremonie stattgefunden, auf der Vertreter der somalischen „Übergangsregierung“ den Äthiopiern für ihren Einsatz gedankt hatten. Ganz anders die Reaktionen der Bevölkerung von Mogadischu: Der Abzug der Soldaten aus dem traditionell verfeindeten Nachbarland wurde von Menschenansammlungen gefeiert. Hunderte kamen, um die verlassenen Stützpunkte zu inspizieren, die sich zumeist in Gebäuden befunden hatten, die vor der äthiopischen Intervention als Wohnraum genutzt worden waren. Viele vertriebene frühere Bewohner hoffen nun, dort wieder einziehen zu können.

Am Mittwoch war es in Mogadischu noch einmal zu einem Kampf mit den abziehenden Truppen gekommen. Auf einen Angriff der radikal-islamistischen Al-Schabaab reagierten die Äthiopier, wie schon oft in der Vergangenheit, mit Artilleriefeuer auf Wohngebiete. Mindestens 20 Menschen wurden dabei getötet.

Den Schutz der demokratisch nicht legitimierten „Übergangsregierung“ vor der bewaffneten Opposition, die inzwischen den größten Teil Somalias beherrscht, soll nun allein die seit Anfang 2007 in Mogadischu stationierte afrikanische Friedenstruppe AMISOM übernehmen. Sie war auf eine Stärke von 8000 Mann geplant, besteht aber bisher nur aus ungefähr 3400 Soldaten, die je zur Hälfte aus Uganda und Burundi kommen. Durch Verstärkungen aus diesen beiden Ländern sowie aus Nigeria soll AMISOM künftig auf etwa 5800 Mann gebracht werden, doch ist die Umsetzung ungewiss. Die Truppe hat bisher nur stationäre Aufgaben wie den Schutz von Regierungsgebäuden, des Hafens und des Flughafens von Mogadischu wahrgenommen. In Kämpfe war sie kaum verwickelt. Al-Schabaab hat angekündigt, nach dem Abzug der Äthiopier nun gezielt die AMISOM anzugreifen.

Es ist zu erwarten, dass sehr schnell der Kampf um die Kontrolle über die Hauptstadt beginnen wird. Nur zwei der sechs geräumten Stützpunkte wurden am Donnerstag von Soldaten der „Übergangsregierung“ besetzt. Die anderen wurden von unterschiedlichen Gruppen der islamistischen Opposition übernommen. Der bisher im eritreischen Asmara ansässige Flügel der Union der Islamischen Gerichtshöfe (UIC) hatte schon in der vorigen Woche mehrere Polizeistationen in Mogadischu besetzt.

Wie Anfang der Woche bekannt wurde, hat die US-Regierung dem UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf vorgelegt, in dem die Entsendung einer von den Vereinten Nationen mandatierten Friedenstruppe nach Somalia gefordert wird. Der Inhalt ist bisher nicht veröffentlicht. Einem Bericht der Nachrichtenagentur AP zufolge sieht der Entwurf vor, übergangsweise der AMISOM, die bisher nur im Auftrag der Afrikanischen Union agiert, ein UN-Mandat zu geben und sie finanziell und materiell zu stärken. Bis Anfang Juni solle der Sicherheitsrat jedoch nach den Vorstellungen der USA über eine breiter getragene UN-Mission entscheiden.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte dem Sicherheitsrat im Dezember mitgeteilt, er habe mindestens 50 Staaten nach ihrer Bereitschaft gefragt, sich an einer Friedenstruppe für Somalia zu beteiligen. Die Antworten seien »sehr lauwarm oder negativ« gewesen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 15. Januar 2009