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Äthiopien droht Somalia mit Krieg

Äthiopien ist zum Krieg gegen die Union der Islamischen Gerichte (UIC) bereit, die den größten Teil Somalias kontrolliert. Das erklärte am Donnerstag Ministerpräsident Meles Zenawi im Parlament in Addis Abeba. "Diese Gruppe stellt eindeutig eine Bedrohung dar", sagte der Regierungschef. Zwar sei eine politische Lösung des Konflikts noch nicht völlig ausgeschlossen, aber Äthiopien werde im Fall eines Angriffs nicht stillhalten. Sein Land habe seine "Verteidigungsvorbereitungen" vollständig abgeschlossen.

Äthiopien hat nach UNO-Schätzungen 5.000 bis 8.000 Soldaten im Nachbarland Somalia stationiert, um die mit der UIC verfeindete sogenannte Übergangsregierung (TFG) zu schützen. Diese kontrolliert nur noch ein kleines Gebiet um die südwestsomalische Provinzstadt Baidoa. Verhandlungen zwischen der TFG und der UIC waren zuletzt Anfang November in der sudanesischen Hauptstadt Khartum ergebnislos abgebrochen und auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Die UIC verlangt den sofortigen Abzug der äthiopischen Truppen und hat zum "Dschihad gegen die Eindringlinge" aufgerufen.

Am vergangenen Sonntag kam es erstmals zu einem bewaffneten Zusammenstoß. UIC-nahe örtliche Kämpfer überfielen in der Nähe von Baidoa einen äthiopischen Konvoi, töteten sechs Soldaten, verletzten 20 weitere und zerstörten mehrere LKWs. Einen zweiten Angriff auf eine äthiopische Fahrzeugkolonne gab es am Dienstag. Die Äthiopier haben daraufhin ihre Patrouillen in der Umgebung von Baidoa verstärkt. Bisher haben offenbar die eigentlichen Streitkräfte der UIC noch nicht in die Kämpfe eingegriffen.

Dem äthiopischen Parlament lag am Donnerstag ein Antrag der Regierungspartei vor, alle von der Regierung für notwendig gehaltenen künftigen Schritte zu unterstützen. Oppositionspolitiker sprachen sich dagegen aus, da diese Resolution einer Kriegserklärung an Somalia gleich käme.

Die beiden Nachbarländer hatten 1977-78 einen mehrmonatigen Krieg gegeneinander geführt. Die äthiopische Regierung droht jetzt mit einer massiven Intervention in Somalia, falls die UIC gegen Baidoa vorgeht. Ein militärischer Konflikt könnte sich auf die gesamte Region ausbreiten. Eritrea, das nach einem jahrzehntelangen bewaffneten Befreiungskampf seine Unabhängigkeit von Äthiopien erreicht hat, unterstützt die UIC mit Waffen - und angeblich auch schon mit Soldaten.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 24. November 2006