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War as usual

Pakistans Regierung unterwirft sich Obamas „spezifischen Forderungen“, hält deren Inhalt aber geheim.

Neue militärische Provokationen begleiteten am Wochenanfang einen Besuch von John Kerry beim „strategischen Verbündeten“ Pakistan. Noch während sich der US-Senator in Islamabad aufhielt, ließ Präsident Barack Obama zum fünften Mal in diesem Monat Drohnenangriffe gegen pakistanisches Territorium fliegen. In Nordwasiristan wurden dabei mindestens zehn Menschen getötet.

Am Freitag voriger Woche hatten beide Kammern des pakistanischen Parlaments in gemeinsamer Sitzung einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der die Operationen der unbemannten Flugkörper schärfstens verurteilt und Gegenmaßnahmen von der Regierung gefordert wurden. Die fühlte sich indessen gegenüber dem Gast aus USA nicht einmal zu einem flauen Protest veranlasst. Weder aus dem gemeinsamen Kommunique zu Kerrys Besuch noch aus der Presseerklärung von Premierminister Yusuf Raza Gilani ist zu erkennen, dass das Drohnen-Thema überhaupt angesprochen wurde.

Am frühen Dienstagmorgen gingen die US-amerikanischen Machtdemonstrationen mit einem Hubschrauberangriff auf einen pakistanischen Grenzposten, ebenfalls in Nordwasiristan, weiter. Zwei Pakistaner wurden verletzt.

Anscheinend sollen die militärischen Nadelstiche trotz des Kniefalls der Regierung in Islamabad fortgesetzt werden. Nachdem die US-Regierung zuvor gezielt „durchsickern“ ließ, Kerry werde im Auftrag von Präsident Barack Obama eine Liste mit „spezifischen Forderungen“ überreichen, heißt es nun im gemeinsamen Kommunique: „Pakistan stimmt zu, sofort verschiedene Schritte zu ergreifen, um seine Ernsthaftigkeit zur Erneuerung seines vollen Einsatzes für die Zusammenarbeit mit den USA zu unterstreichen.“

Was das für „Schritte“ sein sollen, hält die pakistanische Regierung wie üblich geheim. Noch während der Parlamentssitzung am Freitag hatte es theatralische Beschwörungen gegeben, künftig die politischen Parteien und sogar die Bevölkerung über alle Aspekte der Beziehungen zu den USA „ins Vertrauen zu ziehen“.

Der triumphierende Gast gab sich gegenüber Journalisten nicht ganz so diskret: Es gehe um „Zusammenarbeit“ bei der „Terrorismusbekämpfung“, den Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse und um Angriffe gegen „Terroristenschlupfwinkel“. Unter diesem Begriff versteht die US-Regierung nicht nur die sogenannten Stammesgebiete im Nordwesten Pakistans, sondern auch Teile der Provinzen Balutschistan und Pundschab. Andeutungsweise, aber klar genug verständlich setzte Kerry hinzu, man sei übereingekommen, gegen „eine gewisse Organisation, die sich terroristisch betätigt“ und die „auf die eine oder andere Weise ausgeschaltet werden muss“, vorzugehen. Die US-Regierung fordert von Pakistan seit langem eine großangelegte Militäroperation gegen das „Haqqani-Netzwerk“ in Nordwasiristan.

Demnächst sollen Obamas Sondergesandter für Afghanistan und Pakistan, Marc Grossman, und der stellvertretende CIA-Direktor Mark Morrel nach Islamabad reisen, um die neuen pakistanischen Verpflichtungen im Detail auszuarbeiten.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 18. Mai 2011