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Unannehmbare Bedingungen

Im Streit um die syrischen Chemiewaffen zeichnet sich noch keine Einigung ab. Frankreich präsentiert dem UN-Sicherheitsrat einen offensichtlich indiskutablen Resolutionsantrag.

Im Nahen Osten gibt es trotz positiver Signale noch keine Entwarnung. Nachdem Syrien dem russischen Vorschlag zugestimmt hat, seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen und unschädlich machen zu lassen, streiten die Großmächte um die praktische Durchführung dieses Plans. In Genf begannen am Donnerstag Gespräche zwischen den Außenministern Russlands und der USA, Sergeij Lawrow und John Kerry, die voraussichtlich heute fortgesetzt werden sollen. Die russische Regierung hat den USA und deren Verbündeten einen Arbeitsplan zur Sicherstellung der syrischen Chemiewaffen übermittelt. Der russischen Zeitung Kommersant zufolge soll Syrien als ersten Schritt der Konvention über das Verbot chemischer Waffen beitreten. Anschließend soll Damaskus seine Lager und Produktionsstätten für Chemiewaffen mitteilen und den Inspekteuren der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen, die mit der Überwachung der Konvention betraut sind, den Zutritt ermöglichen. Schließlich soll in Zusammenarbeit mit internationalen Experten entschieden werden, wie die Giftstoffe und Waffen zerstört werden können. Dabei sei eine Zusammenarbeit zwischen Russland und den USA nicht auszuschließen.

Frankreich hatte bereits am Dienstag den vier anderen ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats – USA, China, Großbritannien und Frankreich – einen Resolutionsentwurf zugeleitet, der auch von Washington und London unterstützt wird. Lawrow hat ihn bereits öffentlich als „unannehmbar“ zurückgewiesen, und tatsächlich kann man sich schwer vorstellen, dass es sich um mehr handelt als eine völlig überfrachtete Ausgangsbasis für diplomatische Tauschgeschäfte.

Das beginnt bei der krassen Zumutung, der Sicherheitsrat solle „das Assad-Regime“ für die Giftgas-Einsätze vom 21. August verantwortlich machen. Russland hat der UNO gerade Dokumente und anderes Material übergeben, aus dem hervorgehen soll, dass es sich um eine gezielte Provokation von Kräften der sogenannten Opposition gehandelt habe. Kaum verhandelbar scheint auch die französische Forderung, dass Syrien innerhalb von nur 15 Tagen eine „erschöpfende, vollständige und endgültige“ Bestandaufnahme seiner Chemiewaffen-Bestände vorlegen und sämtliche Deports „sofort“ für internationale Inspekteure öffnen müssen. Außerdem sollen die Kontrolleure aus aller Welt „unmittelbaren, bedingungslosen und uneingeschränkten“ Zugang zu jedem Ort, jeder Anlage und allen Akten erhalten. Sollte Syrien in irgendeiner Weise gegen das vom Westen angestrebte Diktat verstoßen, droht die Resolution mit Strafmaßnahmen bis hin zu militärischer Gewalt.

Die Tageszeitung New York Times veröffentlichte am Donnerstag einen Artikel des russischen Präsidenten Wladimir Putin, mit dem sich dieser direkt an die Bevölkerung der USA wandte. Der Präsident kritisiert darin auch den sogenannten amerikanischen „Exzeptionalismus“, das heißt den Wahn, dass es sich bei diesem Staat um etwas ganz besonderes, einmaliges und, wie auch gern gesagt wird, um eine „unentbehrliche Nation“ handele.

Mehrere westliche Medien berichteten am Donnerstag, dass die US-Regierung vor etwa zwei Wochen begonnen habe, die syrischen Rebellen massiv verstärkt mit militärischer Ausrüstung, darunter angeblich zum ersten Mal auch Handfeuerwaffen und Munition, zu beliefern. Die Verteilung erfolge über CIA-Agenten in der Türkei und Jordanien, die sich auf ein Netzwerk privater Unternehmen und Sub-Unternehmen stützen könnten.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 13. September 2013