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Meldung beim Sicherheitsrat

Die USA und ihre Verbündeten setzen Resolution gegen Syrien in der Atombehörde durch. Kampfabstimmung gegen Russland und China.

Der UN-Sicherheitsrat soll sich mit angeblichen Verstößen Syriens gegen den Atomwaffensperrvertrag (NPT) beschäftigen. Das beschloss der Vorstand der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) am Donnerstag nach heftiger Debatte. Russland und China lehnten die von den USA und ihren Verbündeten eingebrachte Resolution ab.

Von den 35 Staaten, die nach einem Rotationsverfahren im Board of Governors der Behörde vertreten sind, stimmten etwas weniger als die Hälfte, 17, dem westlichen Antrag zu. Es gab sechs Nein-Stimmen und elf Enthaltungen. Ein Boardmitglied nahm nicht an der Abstimmung teil.

In der Resolution wird Syrien vorgeworfen, es unterlassen zu haben, den Bau eines Kernreaktors bei Dair Alzour an die IAEA zu melden. Israelische Kampfflugzeuge hatten das noch nicht fertiggestellte Gebäude im September 2007 zerstört und damit eine Untersuchung erheblich erschwert. Die Regierung in Damaskus bestreitet, dass es sich um einen Reaktor handelte, doch geht die IAEA inzwischen mit hoher Wahrscheinlichkeit von dieser Hypothese aus. Die jetzt verabschiedete Meldung an den Sicherheitsrat beanstandet darüber hinaus, dass Syrien nicht seinen vertraglichen Verpflichtungen nachgekommen sei, nach dem israelischen Angriff mit der IAEA bei der Aufklärung der tatsächlichen Funktion der Anlage zu kooperieren. Syrien hatte der Behörde lediglich einen einzigen Besuch in Dair Alzour gestattet und danach weitere Inspektionen abgelehnt. In jüngster Zeit hat Damaskus allerdings seine Bereitschaft zu einer umfassenderen Zusammenarbeit erklärt.

Das war eines der Argumente für Russland und China, die Einschaltung des UN-Sicherheitsrates abzulehnen. Die Resolution sei „nicht objektiv“ und komme „zum falschen Zeitpunkt“, sagte der russische Vertreter Grigori Berdennikow. Es bestehe auch kein unmittelbarer Handlungsbedarf, da die Anlage ohnehin zerstört sei. Der chinesische Vertreter Wang Minzheng rief dazu auf, die offenen Fragen im Rahmen der IAEA durch Konsultation und Kooperation zu lösen. Derzeit sehe China keine Notwendigkeit für eine Resolution und erst recht nicht für eine Überweisung des Falls an den Sicherheitsrat.

Eine solche Kampfabstimmung wäre im Board of Governors noch vor wenigen Jahren völlig ausgeschlossen gewesen. Das Gremium arbeitete jahrzehntelang nach dem Konsensprinzip, indem er Kompromisse herausdiskutierte, die einstimmig getragen werden konnten. Abweichungen gab es seit einigen Jahren bei den Resolutionen gegen das iranische Atomprogramm, doch wurde noch niemals eine Entschließung gegen die Stimmen Russlands und Chinas durchgepeitscht. Dieses Präzedenz passt aber in das generelle Erscheinungsbild, dass die USA und ihre Verbündeten bei Abstimmungen in internationalen Gremien immer weniger Rücksicht auf russische und chinesische Einwände und Interessen nehmen.

Wider Erwarten legte die westliche Allianz auf der fünftägigen Tagung des Board of Governors keine neue Resolution gegen Iran vor, doch wird eine solche während der nächsten Sitzung im September erwartet.

Während der Tagung kündigte die iranische Atomenergiebehörde an, die Anreicherung von Uran auf knapp 20 Prozent von Natanz in eine neue Anlage in Fordow zu verlagern und die Kapazität zu verdreifachen. Der Brennstoff wird für den Betrieb eines Reaktors in Teheran benötigt, in dem Isotope zur Behandlung von Krebspatienten produziert werden. Die IAEA hatte sich vertragswidrig geweigert, dem Iran beim Kauf des Materials auf dem Weltmarkt zu helfen.

Knut Mellenthin, Junge Welt

11. Juni 2011