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Halbes Dementi

Erekat bestreitet, die palästinensischen Interessen verraten zu haben. Der Chefunterhändler macht aber seine eigenen Positionen nur unzureichend deutlich.

Mit einem zwanzigseitigen Memorandum ist Saeb Erekat dem Vorwurf entgegen getreten, in den Gesprächen mit Israel die Interessen der Palästinenser verraten zu haben. Der Chefunterhändler von Präsident Mahmud Abbas steht im Zentrum der Kritik, die in der vorigen Woche durch Veröffentlichungen des arabischen Senders Al-Jazeera und der britischen Tageszeitung Guardian ausgelöst wurde. Grundlage sind interne Gesprächsprotokolle der Palestinian Authority, angeblich fast 1.700 Stück, die Al-Jazeera zugespielt wurden. Sie sollen belegen, dass die PA der israelischen Seite unvertretbar große Zugeständnisse gemacht habe.

Die Al-Jazeera zugänglich gemachten Dokumente sind im Zeitraum 1999 bis 2010 entstanden. Sie decken also den vorangegangenen Zeitraum, als die Verhandlungen noch von Jassir Arafat geleitet wurden, nicht ab. Die Protokolle stammen aus dem Material der „Negotiation Support Unit“ (NSU). Das ist eine Arbeitsgruppe, die gebildet wurde, um die Verhandlungen organisatorisch und analytisch zu unterstützen.

In seinem Memorandum stellt Erekat die Exaktheit der Protokolle in Frage. Er weist darauf hin, dass einige der Berichte lediglich Zusammenfassungen des Gesagten in Stichworten enthalten. Von einem Protokoll sagt Erekat, dass es auf stenographischen Aufzeichnungen beruhte und nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt gewesen sei. Ein anderer Bericht gebe nur Teile des Gesprächs in unvollständiger, nicht wörtlicher Form wieder. Außerdem sei der Verfasser dadurch abgelenkt gewesen sei, dass er selbst an der Diskussion teilgenommen habe. Im Übrigen betont Erekat erneut das zwischen beiden Seite vereinbarte Prinzip, „dass nichts als vereinbart gilt, so lange nicht alles vereinbart ist“. Das heißt, alle Vorschläge seien in diesem Stadium lediglich unverbindlich gewesen.

Zum Teil bleibt unklar, wie weit Erekat wirklich der Darstellung von Al-Jazeera und Guardian widerspricht. Ein vermutlich höchst interessanter Abschnitts des Memorandums, zur Zusammenarbeit mit den Israelis im weiten Bereich der „Sicherheitspolitik“, liegt nur in der arabischen Version des Papiers vor.

Der Chefunterhändler dementiert den Eindruck, der sich auf Grundlage der Protokolle aufdrängt, dass die PA von ihrem Versprechen abgerückt sei, einen Vetrag mit Israel erst nach einem Referendum aller Palästinenser zu unterzeichnen. Erekat selbst wird in den Dokumenten mit der Aussage zitiert, nur die Bewohner der besetzten Gebiete würden an der Abstimmung beteiligt. Er will damit, behauptet er jetzt, nur die technischen Schwierigkeiten einer Befragung im Exil angesprochen haben. Erekat verweist im Übrigen auf offizielle Aussagen der PA, was aber nicht unbedingt beweiskräftigt ist.

Zum Recht auf Rückkehr bestreitet der palästinensische Diplomat lediglich die evident falsche Behauptung in einigen Artikeln, er habe israelischen „Angeboten“ zugestimmt, nur 5000 oder 10000 Exil-Palästinensern eine Niederlassung in Israel zu gestatten. Zu der dokumentierten Aussage, dass er selbst eine „symbolische“ Zahl von 100.000 Rückkehrern (verteilt auf zehn Jahre) ins Gespräch gebracht habe, nimmt Erakat in dem Memorandum nicht Stellung. Zu seiner Idee, den Tempelberg mit der Al-Aqsa-Moschee unter Aufsicht eines internationalen und interereligiösen Komitees zu stellen, betont Erekat lediglich – was aber auch im Protokoll vermerkt ist – dass er dies als seine Privatmeinung gekennzeichnet habe.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 4. Februar 2011