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Ein bisschen Einladung

Iran soll zwar nicht an der Syrien-Konferenz, aber wenigstens an deren Eröffnung teilnehmen dürfen. Den USA geht selbst das zu weit.

Die zweite Syrien-Konferenz, die am Freitag in Genf beginnen soll, ist erneut gefährdet. Kaum 48 Stunden nach ihrer unter US-amerikanischem Druck zustande gekommenen Zusage, hat die vom Westen unterstützte „Nationale Koalition“ am Montag ihre Teilnahme schon wieder in Frage gestellt. Grund oder Vorwand ist die Einladung Irans zum offiziellen Konferenzauftakt am Mittwoch in der Schweizer Stadt Montreux.

UN-Generalsekretär Ban Ki-mun strebt mit diesem Verfahrenstrick offenbar einen Kompromiss zwischen den gegensätzlichen Positionen der USA und Russlands an. Eine direkte iranische Beteiligung an den Verhandlungen zwischen Vertretern der syrischen Regierung und einem Teil der sunnitisch-fundamentalistischen Rebellen sieht Bans Vorstoß nicht vor. Als Gastgeber der Konferenz ist er formal berechtigt, Einladungen auszusprechen. Er verweist zudem darauf, dass er gleichzeitig mit dem Iran auch neun weitere Länder nach Montreux eingeladen habe, darunter beispielsweise so konfliktferne wie Südkorea und Mexiko. Ban hat allerdings in den vergangenen Wochen nie verheimlicht, dass er eine Teilnahme Irans an der Syrien-Konferenz, das heißt an den Gesprächen selbst, für dringend notwendig hält.

Der Südkoreaner befindet sich damit, in dieser Größenordnung zum ersten Mal, im offenen Widerspruch zu den USA, denen er sein Amt als Chef der Vereinten Nationen hauptsächlich zu verdanken hat. Außenminister John Kerry hatte seit Anfang Januar immer wieder bekräftigt, dass die Iraner auf gar keinen Fall an der Konferenz teilnehmen dürften. Welche seiner verschiedenen Begründungen für diese Weigerung letztlich ausschlaggebend sein soll, ließ Kerry nicht zweifelsfrei erkennen. Neben der Forderung, dass Teheran der Bildung einer syrischen „Übergangsregierung“ ohne Präsident Baschar al-Assad zustimmen müsse, warf Kerry ausgerechnet den Iranern auch vor, sie hätten Syrien und die ganze Region „destabilisiert“. Tatsächlich scheint die US-Regierung dem Iran jedoch übelzunehmen, dass er gemeinsam mit der libanesischen Hisbollah durch praktische Hilfsaktionen verhindert hat, dass in Syrien der erste von Al-Kaida kontrollierte Staat entstehen konnte.

Kerrys zynischen Trost, Iran könne ja, wenn es wolle, „an der Seitenlinie“ der Genfer Konferenz „eine Rolle spielen“, hatte die iranische Regierung als Beleidigung zurückgewiesen. Ob Washington sich jetzt mit Bans Kompromiss abfinden wird, bleibt abzuwarten. Die Sprecherin des State Department, Jennifer Psaki, erklärte am Sonntag, der UN-Generalsekretär müsse seine Einladung nach Montreux zurückziehen, falls Iran nicht doch noch dem Sturz Assads zustimmt. Aus Teheran gab es zu Bans taktischem Schritt, der offensichtlich nicht alle iranischen Wünsche erfüllt, zunächst keine offizielle Stellungnahme.

Im Gegensatz zu den USA hatte sich Russland ungewöhnlich offen, eindeutig und beharrlich für eine gleichberechtigte, nicht an Vorbedingungen geknüpfte Teilnahme Irans an der zweiten Genfer Konferenz eingesetzt. Überhaupt sollten alle von der Situation in Syrien betroffenen Staaten an den Verhandlungen beteiligt werden, darunter sämtliche Nachbarländer und insbesondere der Iran und Saudi-Arabien, erläuterte Außenminister Sergej Lawrow die Moskauer Position. Das sei zugleich auch wichtig, um über eine sehr gefährliche Entwicklung zu sprechen: die immer gewalttätiger verlaufende Konfrontation zwischen Sunniten und Schiiten.

Die angeblichen Gründe der Obama-Administration gegen eine iranische Beteiligung an den Genfer Gesprächen wies Lawrow als Vorwände und Ausreden zurück. Die USA hätten, wann immer sie dies in ihrem Interesse für sinnvoll hielten, nicht gezögert, mit den Iranern direkt zu sprechen. Als Beispiel nannte Lawrow die Einbeziehung Irans in die internationalen Bemühungen nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul 1996.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 21. Januar 2014