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Polizeiaktion gegen die georgische Opposition

Zwei Wochen vor einer geplanten Massenkundgebung in der Hauptstadt Tiblissi verschärft die georgische Regierung ihr Vorgehen gegen die Opposition. Am Montag wurden zehn Personen wegen illegalen Erwerbs von Handfeuerwaffen verhaftet. Neun von ihnen sind Mitglieder der Demokratischen Bewegung – Vereinigtes Georgien, der Partei der früheren Parlamentssprecherin Nino Burdschanadse. Zusammen mit Surab Schwania, der im Februar 2005 unter immer noch ungeklärten Umständen ums Leben kam, und dem jetzigen Präsidenten Michail Saakaschwili bildete Burdschanadse das Führungstrio der „Rosenrevolution“, durch die im November 2003 das damalige Staatsoberhaupt Eduard Schewardnadse gestürzt wurde. Die Parlamentssprecherin unterstützte Saakaschwili noch Anfang November 2007 bei der gewaltsamen Niederschlagung von Protestdemonstrationen, trat aber im Mai 2008 zurück und gehört seither – nicht zuletzt aufgrund ihrer guten Beziehungen zu westlichen Regierungen – zu den führenden Oppositionspolitikern des Landes.

Unter den am Montag Festgenommenen ist der Fahrer von Badri Bitsadse, des Ehemanns von Burdschanadse, der im Oktober 2008 unter Druck seinen Posten als Chef der Grenzpolizei aufgab. Der staatliche Sender Rustawi 2 TV hatte schon am 10. März behauptet, dass Bitsadse die Bildung bewaffneter Gruppen plane.

Am Montagabend strahlten alle Kanäle des Staatsfernsehens sechs heimlich gefilmte Szenen aus, in denen einige der Festgenommenen anscheinend bei Verhandlungen über den Ankauf von Waffen zu sehen waren. Schota Utiaschwili, Leiter der Untersuchungsabteilung des Innenministeriums, betonte auf einer Pressekonferenz, die Ermittlungsbehörden würden bisher nicht behaupten, dass es um eine „politische Verschwörung“ gegangen sei. Eben dies wird aber dem zehnten Festgenommenen, einem Mitglied der bedeutungslosen Kleinpartei Bewegung zur Rettung Georgiens, unterstellt.

Der Fraktionschef der alleinregierenden Nationalpartei, Petre Tsiskarischwili, lobte am Dienstag “die außerordentlich kompetente und qualifizierte Arbeit des Innenministerium bei der Aufdeckung dieser kriminellen Gruppe“.

Die georgische Opposition sieht die Festnahmen als psychologische Kriegführung vor den Protestaktionen, die sie am 9. April vor dem Parlament beginnen will. Die Regierungspropaganda verbreitet schon seit einiger Zeit, dass Oppositionskräfte von Russland bezahlt würden, um Georgien zu destabilisieren. Am Freitag voriger Woche behauptete Geheimdienstchef Gela Bedschuaschwili vor einem Parlamentsausschuss, Russland habe zwar seine Absichten einer militärischen Eroberung Georgiens nicht aufgegeben, setze derzeit aber hauptsächlich auf das Schüren innerer Unruhen. Er sei sicher, dass dafür erhebliche Finanzmittel aufgewendet würden und dass zur Steuerung der Protestaktionen bereits ein „Hauptquartier“ eingerichtet worden sei. Er weigerte sich jedoch, konkrete Tatsachen und Namen zu nennen.

In einer ersten gemeinsamen Stellungnahme zu den Festnahmen erklärten mehrere Oppositionsparteien: „Diese Aktion der Behörden ist eine eindeutige Provokation, ein Versuch, die Gesellschaft einzuschüchtern und Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geplanten Protestkundgebung am 9. April zu verbreiten. Wir fordern die Behörden auf, ihre provokatorischen Aktivitäten einzustellen und sofort die festgenommenen jungen Leute und alle politischen Gefangenen freizulassen.“

Teile der Opposition haben schon vor mehreren Wochen angekündigt, dass sie nach dem 9. April die Proteste vor dem Parlament bis zum Rücktritt von Saakaschwili fortsetzen wollen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 25. März 2009