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Georgien: Oppositionsbündnis benennt Kandidaten zur Präsidentschaftswahl

Neun Parteien des georgischen Oppositionsbündnisses Nationalrat der Vereinigten Bewegung der Öffentlichkeit haben sich am Montag auf einen gemeinsamen Kandidaten zur Präsidentschaftswahl am 5. Januar 2008 verständigt. Die bisher ebenfalls zum Nationalrat gehörende sozialdemokratische Arbeitspartei will stattdessen ihren Vorsitzenden ins Rennen schicken und ist damit nach dem Verständnis der anderen Organisationen aus dem Bündnis ausgeschieden.

Der vom Nationalrat nominierte Kandidat ist der 43jährige Geschäftsmann Lewan Gachechiladse, der größte Weinproduzent des Landes. Er war 2001 einer der Gründer und Führer der Partei der Neuen Rechten, trennte sich aber 2003 von ihr, als sie die "Rosenrevolution" gegen Präsident Eduard Schewardnadse nicht unterstützte. Gachechiladse gehört dem Parlament jetzt als parteiloser Abgeordneter innerhalb der von den Republikanern und den Konservativen getragenen Fraktion Demokratische Front an. Falls er die Wahl gewinnen sollte, will er die frühere Außenministerin Salome Surabischwili mit der Regierungsbildung beauftragen. Gachechiladse war bisher nur wenig hervorgetreten. Er gehörte aber zu den Politikern, die sich vor dem Parlament in Tbilissi im Hungerstreik befanden, als die Polizei in der Nacht zum 7. November den Platz gewaltsam räumte.

Die Arbeitspartei hat angekündigt, dass sie ihren Vorsitzenden Schalwa Natelaschwili, nominieren will. Der 49jährige Jurist ist einer der Parteiführer, gegen die Georgiens Generalstaatsanwalt wegen "Verschwörung gegen den Staat" und Zusammenarbeit mit dem russischen Geheimdienst ermittelt. Er ist deswegen nach Verhängung des Ausnahmezustands untergetaucht. Saakaschwili sagte jedoch am 10. November in einer Ansprache vor führenden Geschäftsleuten des Landes, Natelaschwili könne ruhig "aus seinem Keller kommen". Er brauche keine Verhaftung zu fürchten und dürfe sogar zur Präsidentenwahl antreten.

Als weitere Kandidaten gegen den 39jährigen Amtsinhaber Michail Saakaschwili stehen bisher der Vorsitzende der Partei der Neuen Rechten, der Versicherungsunternehmer Davit Gamkrelidse (43), und der Chef der Zukunftspartei, der Wirtschaftswissenschaftler und Harvard-Absolvent Gia Maisaschwili, fest. Diese beiden Parteien gehören nicht dem Oppositionsbündnis an, hatten sich aber den Protesten gegen Saakaschwili angeschlossen. Als sechster hat der Milliardär Badri Patarkatsischwili (52) seine Kandidatur angekündig.

Unterdessen ist der am 7. November verhängte Ausnahmezustand immer noch nicht aufgehoben. Saakaschwili setzt wieder einmal auf seine oft erfolgreiche Methode, die "russische Gefahr" zu beschwören, um repressive Maßnahmen zu rechtfertigen und von inneren Missständen abzulenken. Am Montag verbreiteten die staatlichen georgischen Medien, Russland verstärke seine Friedenstruppen in Abchasien. Unter anderem seien 200 zusätzliche Soldaten, hauptsächlich Tschetschenen, in der Republik eingetroffen, die sich Anfang der 90er Jahre von Georgien losgesagt hat. Außerdem habe Russland fünf T-72-Kampfpanzer, Raketenwerfer, Schützenpanzer und Haubitzen an Abchasien geliefert.

In einer Ansprache vor Lehrern drohte Saakaschwili am Montag, die georgischen "Sicherheits- und Polizeikräfte" seien "total mobilisiert, um zu verhindern, dass irgendwer Abchasien und Südossetien an sich reißt". Der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Verteidigung und Sicherheit, Giwi Targamadse, drohte am Dienstag, dass Georgien eine eventuelle Anerkennung Abchasiens durch Russland "automatisch" als "Kriegserklärung" ansehen und beantworten würde. Russland wisse dies und bringe deshalb militärische Verstärkungen in die abtrünnige Republik.

Zuletzt hatte sich in der vorigen Woche der Bürgermeister von Moskau, Juri Luschkow, für die Anerkennung Abchasiens ausgesprochen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 14. Oktober 2007