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Georgien im Ausnahmezustand: Regierung und Opposition auf dem Weg zur Einigung?

In Georgien wird am 5. Januar 2008 eine vorgezogene Präsidentenwahl stattfinden. Mit diesem geschickten Schachzug ist Amtsinhaber Michail Saakaschwili am 8. November, einen Tag nach der Verhängung des Ausnahmezustands, in die politische Offensive gegangen. Gleichzeitig soll die Bevölkerung in einem Referendum entscheiden, ob sie Parlamentswahlen schon im Frühjahr 2008 will, wie von der Opposition gefordert, oder erst im Herbst, wie von der Regierung festgesetzt. Das Ergebnis der Volksabstimmung wird allerdings nur als Empfehlung gelten, Saakaschwili muss sich nicht unbedingt daran halten. Noch in seiner Rede am 8. November, in der er das Referendum ankündigte, bezeichnete der Präsident Wahlen im Frühjahr als "völlig unannehmbar".

Die Neuwahl des Parlaments im kommenden Frühjahr ist eine zentrale Forderung der Opposition. Regulär wäre die nächste Präsidentenwahl erst im Januar 2009 fällig gewesen, die Parlamentswahl hingegen im März oder April 2008. Die regierende Nationalpartei hatte jedoch vor einigen Monaten mit ihrer parlamentarischen Zweidrittel-Mehrheit beschlossen, beide Wahlen künftig zusammenzulegen und sie zwischen Oktober und Dezember 2008 durchzuführen. Die georgische Regierung begründet die Verschiebung damit, dass man ein zeitliches Zusammentreffen mit der Präsidentenwahl in Russland, die im März 2008 stattfinden wird, vermeiden müsse.

Die Logik dieser Argumentation erschließt sich nicht auf Anhieb. Sie ergibt sich erst aus dem weiteren zeitlichen Kontext, den Saakaschwili in einer Fernsehansprache am 4. November so umriss: "Für Georgien ist es zu riskant, im Frühjahr zu wählen - zu einer Zeit, wo Präsidentenwahlen in Russland stattfinden. Im Januar oder Februar wird die Zukunft des Kosovo entschieden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es dann international anerkannt wird. Russland hat deutlich gemacht, dass es in diesem Fall Abchasien und Südossetien anerkennen wird, und das bedeutet, dass es dann eine Konfrontation geben könnte." - Putin könnte, so hatten georgische Regierungspolitiker mehrfach gewarnt, im Vorfeld der russischen Präsidentenwahl geneigt sein, den Dauerkonflikt mit Georgien um die beiden abtrünnigen Republiken zu verschärfen. Für diesen Fall brauche Georgien Stabilität, statt die Streitigkeiten eines eigenen Parlamentswahlkampfs.

Die Argumentation ist ein Musterbeispiel, wie die herrschenden Kreise Georgiens jedes etwas größere Problem hauptsächlich unter dem Aspekt der Beziehungen zu Russland betrachten oder wenigstens ihre Propaganda darauf aufbauen. Auch die Verhängung des Ausnahmezustands am Abend des 7. November wurde damit begründet, dass es einen von Russland gelenkten und finanzierten Putsch von Teilen der Opposition abzuwehren gelte. Die große Mehrheit der Oppositionskräfte steht dieser Propaganda defensiv gegenüber, weil sie die dahinter stehende verzerrte Sicht auf Russland weitgehend teilt - zumindest in ihren öffentlichen Äußerungen.

Die meisten Oppositionspolitiker begrüßten Saakaschwilis Wahlankündigung überschwenglich und bezeichneten sie als großen Erfolg der Demonstrationen der vergangenen Tage. Kritik am gewaltsamen Vorgehen der Polizei, am Ausnahmezustand und an der politischen Knebelung der privaten Fernseh- und Rundfunksender trat zunächst in den Hintergrund. Auch die sachlich absurde Kriminalisierung mehrerer Oppositionspolitiker wegen angeblicher Zusammenarbeit mit dem russischen Geheimdienst hält den Rest der Opposition nicht davon ab, sich bereitwillig für einen "Dialog" mit der Regierung zur Verfügung zu stellen. Die herrschenden Kreise haben sich, ohne auf erkennbaren Widerstand zu stoßen, damit durchgesetzt, dass sie allein bestimmen, mit welchen Oppositionspolitikern sie zu sprechen bereit sind und mit welchen nicht. Die Spaltung der Opposition scheint zunächst einmal gelungen.

Das zeigt sich auch bei der Kandidatenaufstellung zur Präsidentenwahl. Neben Amtsinhaber Saakaschwili sind jetzt schon fünf weitere Kandidaturen angekündigt. Die Partei der Neuen Rechten, die nicht zu dem aus zehn Organisationen bestehenden Oppositionsbündnis gehört, will ihren Vorsitzenden Davit Gamkrelidze ins Rennen schicken. Für die Partei der Zukunft, die gleichfalls nicht zum Bündnis gehört, soll ihr Chef Gia Maisashvili antreten, der allerdings erst kurz vor der "Rosenrevolution” vom November 2003 aus den USA nach Georgien zurückkehrte und der daher vermutlich nicht die Voraussetzung für einen Präsidentenkandidaten erfüllt, seit 15 Jahren in Georgien ansässig zu sein.

Das könnte auch ein Problem für den Milliardär Badri Patarkatsischwili werden, der sich ebenfalls um das Präsidentenamt bewerben will: Er kehrte erst im Jahr 2001 nach Georgien zurück, als er in Russland wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen mit einem Haftbefehl verfolgt wurde. Patarkatsischwili ist ein einflussreicher Mann und als finanzieller Sponsor von größter Wichtigkeit für eine Opposition, der es an Geld fehlt. Daher hat keine Oppositionspartei explizit gegen die Kandidaturabsicht des Milliardärs Stellung genommen. Zugleich wurde aus den zurückhaltenden Formulierungen aber deutlich, dass er wahrscheinlich auch nicht auf die Unterstützung irgendeiner Partei für seinen Wahlkampf rechnen kann. Da Patarkatsischwili sich dazu bekannt hat, dass Einheit für die Opposition jetzt eine zentrale Notwendigkeit sei und dass "die georgische Gesellschaft" nur "einen einzigen Kandidaten der Opposition" brauche, ist nicht ausgeschlossen, dass er auf seine Kandidatur verzichten wird.

Die bisher zum Oppositionsbündnis gehörende sozialdemokratische Arbeitspartei gab am 12. November bekannt, dass sie ihren Vorsitzenden Schalwa Natelaschwili nominieren will. Er gehört zu den Politikern, gegen die Georgiens Generalstaatsanwalt wegen "Verschwörung gegen den Staat" und Zusammenarbeit mit dem russischen Geheimdienst ermittelt, und ist deswegen nach Verhängung des Ausnahmezustands untergetaucht. Saakaschwili sagte jedoch am 10. November in einer Ansprache vor führenden Geschäftsleuten des Landes, Natelaschwili könne ruhig "aus seinem Keller kommen". Er brauche keine Verhaftung zu fürchten und dürfe sogar zur Präsidentenwahl antreten.

Der übrigen Parteien des Oppositionsbündnisses haben sich am 12. November auf den 43jährigen Geschäftsmann Lewan Gachechiladse als gemeinsamen Kandidaten verständigt. Er war 2001 einer der Gründer und Führer der Partei der Neuen Rechten, trennte sich aber 2003 von ihr, als sie die "Rosenrevolution" nicht unterstützte. Gachechiladse gehört dem Parlament jetzt als unabhängiger Abgeordneter an. Falls er die Wahl gewinnen sollte, will er die frühere Außenministerin Salome Surabischwili mit der Regierungsbildung beauftragen.

Gegen diese Konkurrenten stehen die Chancen des Amtsinhabers bei der Präsidentenwahl am 5. Januar sehr gut. Saakaschwili wurde im Januar 2004 mit schwindelerregenden 97 Prozent gewählt. Die letzte Umfrage vor dem Beginn der Protestdemonstrationen und vor der  Verhängung des Ausnahmezustands sah seine Sympathierate in der Bevölkerung immer noch bei 60 Prozent. Der Präsident wird voraussichtlich versuchen, die Wahl zum Plebizit für seine russlandfeindliche Außenpolitik und vor allem für einen Konfrontationskurs gegenüber den abtrünnigen Republiken Abchasien und Südossetien zu machen. Die Argumentationslinie deutete er in seiner Fernsehansprache am 7. September, mit der er den Ausnahmezustand begründete, bereits an: "Als Führer dieses Landes brauche ich Ihr eindeutiges Mandat, um alle äußeren Bedrohungen abzuwehren, um alle Arten von Druck auf Georgien abzuwehren, um alle Versuche abzuwehren, georgisches Territorium zu annektieren, um die Pläne zur Destabilisierung Georgiens abzuwehren."

Das Oppositionsbündnis war zu den Protestdemonstrationen mit vier Forderungen angetreten:

  1. Abhaltung der Parlamentswahlen im Frühjahr 2008, zum verfassungsmäßig vorgeschriebenen Termin.
  2. Bildung einer neuen zentralen Wahlkommission, in der alle Parteien vertreten sein sollen. Der derzeitigen Kommission wird personelle Verfilzung mit der Staatsführung vorgeworfen.
  3. Änderung des derzeitigen Mehrheitswahlsystems, das zur Alleinherrschaft von Saakaschwilis Nationalpartei geführt hat.
  4. Freilassung aller "politischen Gefangenen". Wie dieser Begriff gemeint ist, wird jedoch unterschiedlich ausgelegt. Die 13 Mitglieder der Gerechtigkeitspartei des früheren Ministers für Nationale Sicherheit, Igor Giorgadse, die im August dieses Jahres zu Haftstrafen zwischen 3 ½ und 8 ½ Jahren verurteilt wurden, werden offenbar in der Regel nicht zu den politischen Gefangenen gerechnet. Ihnen wurde Vorbereitung eines Staatsstreichs in Zusammenarbeit mit dem russischen Geheimdienst vorgeworfen. Das Oppositionsbündnis hat bei der Forderung nach Freilassung der "politischen Gefangenen" hauptsächlich Irakli Batiaschwili, den Vorsitzenden der Partei Vorwärts Georgien, im Blick. Er wurde im Mai 2007 wegen "Teilnahme am Aufstand gegen den Staat" zu sieben Jahren Haft verurteilt. Angeblich hatte er Emzar Kwitsiani, einen Rebellen im abchasischen Kodori-Tal, unterstützt. Auch der frühere Verteidigungsminister Irakli Okruaschwili, der inzwischen gegen Kaution auf freiem Fuß ist und ins Ausland abgeschoben wurde, wird vom Oppositionsbündnis als politischer Gefangener betrachtet.

Die vier zentralen Forderungen des Bündnisses beschäftigen sich mit einigen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen der Politik in Georgien, aber nicht mit deren Inhalten. Das reichte offensichtlich trotzdem aus, um am 2. November mit landesweiter Mobilisierung die größte Massenkundgebung seit der "Rosenrevolution" vom November 2003 auf die Beine zu bringen. Für eine länger dauernde Kampagne wäre dies Minimalprogramm aber vermutlich auch ohne Verhängung des Ausnahmezustands zu wenig gewesen. Hinzu kommt, dass die Regierung nur die erste Forderung für "absolut unverhandelbar" erklärt, aber Gesprächsbereitschaft über die drei anderen Punkten bekundet hatte. Somit reduzierte sich der Streit scheinbar auf die Frage, ob sechs Monate früher oder später gewählt wird. Das konnte, unabhängig vom gegebenen Kräfteverhältnis, als Katalysator für eine Massenbewegung zum Sturz Saakaschwilis unmöglich ausreichen.

Viel mehr wäre allerdings auch mit dem kompletten Forderungskatalog des Bündnisses, dem am 17. Oktober veröffentlichten, aus 12 Punkten bestehenden "Manifest", wahrscheinlich nicht auszurichten gewesen. Im Mittelpunkt stehen dort nationalistische Parolen, durch die sich die Opposition überhaupt nicht von der regierenden Nationalpartei unterscheidet. So wird proklamiert, dass die "friedliche Wiederherstellung der territorialen Integrität des Landes", also die Wiedereingliederung der abtrünnigen Republiken, oberste Priorität in der Außenpolitik Georgiens haben müsse. Wie das angesichts des Widerstands der Abchasen und Südosseten bewerkstelligt werden soll, vermag die Opposition aber so wenig anzudeuten wie die Regierung. Die Forderung des Manifests nach sofortigem Abzug der russischen Friedenstruppen aus den beiden Republiken hilft da absolut nicht weiter, weil sie nicht einseitig verwirklicht werden kann. In dieser Frage agiert die Regierung nicht nur vorsichtiger als die sie tragende Nationalpartei, sondern auch zurückhaltender als fast die gesamte Opposition.

Weitere Punkte des Manifests beschäftigen sich mit der Bedeutung des "euro-atlantischen Integrationsprozesses", also dem ersehnten Beitritt zur NATO und zur Europäischen Union, und fordern den sofortigen Austritt aus der post-sowjetischen Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Soziale Probleme, die vielen Georgiern Sorge machen, werden im Manifest nur am Rande angesprochen. So die Forderung, allen Staatsbediensteten wenigstens einen Lohn zu zahlen, der zum Lebensunterhalt reicht.

Insgesamt ist die georgische Opposition offenbar bestrebt, mit der Regierung um die Gunst der westlichen Staaten, insbesondere der USA, Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens, zu konkurrieren. So schickte das Oppositionsbündnis am 5. Oktober eine Petition an die Regierungen der NATO-Staaten, in der es sich zum Ziel einer vollständigen Integration in das Militärbündnis bekannte und seine "äußerste Sorge" kundtat, dass "die inkompetente Politik" Saakaschwilis diesem Bestreben schaden könnte. Die westlichen Staaten wurden ermahnt, vor den Fehlern der georgischen Regierung "nicht länger die Augen zu verschließen".

Aus Äußerungen von Oppositionspolitikern geht hervor, dass man sich zunächst viel von einem Einwirken der US-Regierung auf Saakaschwili und die um ihn gescharte Machtelite erhofft hatte. Vermutlich spielte dabei das Beispiel des von den USA vermittelten und erzwungenen pakistanischen Machtdeals zwischen General Pervez Muscharraf und Oppositionsführerin Benazir Bhutto eine erhebliche Rolle. In beiden Fällen nahm die Entwicklung mit der von den USA nur schwach kritisierten Verhängung des Ausnahmezustands einen für die Opposition enttäuschenden Verlauf. Das schließt aber, ebenfalls in beiden Fällen, nicht aus, dass die US-Regierung doch noch für eine stärkere Machtteilhabe von Oppositionskräften sorgen wird.

Wichtige Indikatoren für die weitere Entwicklung in Georgien sind der Umgang mit dem größten Privatsender des Landes, Imedi, und die Behandlung der strafrechtsrelevanten Vorwürfe gegen mehrere Oppositionspolitiker.

Zum ersten Punkt: Aufgrund des am 7. November verhängten Ausnahmezustands dürfen die privaten Radio- und Fernsehsender keine Nachrichten und politischen Sendungen ausstrahlen. Imedi und ein Lokalsender in Tbilissi wurden sogar von der Polizei überfallen und geschlossen. Imedi, praktisch das wichtigste Sprachrohr der Opposition in den vergangenen Monaten, ist eine Gründung des Milliardärs Patarkatsischwili mit dem offenbaren Ziel, politischen Einfluss zu nehmen. Nach Meinungsumfragen halten zwei Drittel der Georgier Imedi für den glaubwürdigsten Sender des Landes. Im April 2006 stieg der neokonservative Medienzar Rupert Murdoch in das Unternehmen ein, doch blieb die faktische Kontrolle bei Patarkatsischwili. Im Oktober 2007 trat er für ein Jahr sämtliche Rechte an Murdochs News Corporation ab, sodass diese zur Zeit alleinige Besitzerin von Imedi ist.

Hinter der Forderung nach baldiger Aufhebung aller Beschränkungen gegen Imedi steht nicht nur der mächtigste neokonservative Medienkonzern der Welt, sondern auch die US-Regierung und selbstverständlich die gesamte georgische Opposition. Saakaschwili riskiert, sich mit den Neokonservativen anzulegen, wenn er dieser Forderung nicht sehr schnell nachkommt oder wenn er gar, wie nach dem 7. November vom Generalstaatsanwalt angedroht, ein Verfahren gegen Imedi wegen "Unterstützung einer Verschwörung gegen den Staat" zulässt.

Zum zweiten Punkt: Saakaschwili hat die Notstandsmaßnahmen am 7. November damit begründet, dass ein Teil der Opposition im Dienst Russlands stehe und einen Putsch geplant habe. Mehreren namentlich genannten Oppositionspolitikern wird vorgeworfen, sie hätten regelmäßige Beziehungen zum russischen Geheimdienst unterhalten. Das Innenministerium ließ über die staatlichen Medien Tonband- und Videoaufnahmen verbreiten, die angeblich illegale Kontakte beweisen sollen. Drei Diplomaten der russischen Botschaft in Tbilissi wurden in diesem Zusammenhang ausgewiesen.

Namentlich angegriffen werden der Chef der sozialdemokratischen Arbeitspartei, Schalwa Natelaschwili, der Abgeordnete Lewan Berdschenischwili von der liberalen Republikanischen Partei, der ehemalige Staatsminister für Konfliktlösung (d.h. Chefunterhändler gegenüber Abchasien und Südossetien) Giorgi Khaindrawa, ein weithin respektierter, als integer geachteter Politiker, und schließlich als vierter Tsotne Gamsachurdia. Sein Bruder Konstantine ist Führer der Freiheitspartei. Der Vater der beiden, Swiad Gamsachurdia, war der erste Präsident Georgiens nach der Unabhängigkeitserklärung 1991. Er war mit seiner radikalnationalistischen Politik maßgeblich mitverantwortlich für den verheerenden Krieg, der die Trennung Abchasiens von Georgien unumkehrbar machte oder zumindest für lange Zeit zementierte.

Eine strafrechtliche Verfolgung der vier Politiker würde einer weitgehend willkürlichen Kriminalisierung der Opposition und jeder nicht hundertprozentig feindseligen Einstellung gegen Russland die Tore weit öffnen. Khaindrawa beispielsweise verlor im Juli 2006 sein Ministeramt, nachdem er korrekterweise öffentlich zugegeben hatte, dass die Durchsuchung eines Jeeps mit russischen Diplomaten gegen internationales Recht verstoßen hatte. Auch bei der Entlassung von Außenministerin Salome Surabischwili - heute eine der wichtigsten Oppositionspolitiker - im Oktober 2005 spielte der Vorwurf, sie sei "zu weich" im Umgang mit Russland, eine wesentliche Rolle.

Zu einer wenigstens zeitweisen Verständigung mit der Opposition wird Saakaschwili wohl nur kommen, wenn die Kriminalisierungsdrohung gegen einzelne Politiker aus der Welt geschafft wird. Gegenwärtig sieht es tatsächlich danach aus, als würden Regierung und Staatsanwaltschaft in dieser Sache zwar nur schrittweise, aber dennoch deutlich zurückrudern. Damit stünde einem "historischen Kompromiss" wenigstens bis zur Präsidentenwahl am 5. Januar nichts Wesentliches mehr im Weg.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 15. November 2007