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Das georgische Regierungskarussell dreht sich immer schneller

Der georgische Präsident Michail Saakaschwili hat am 5. Dezember zum dritten Mal in diesem Jahr eine größere Regierungsumbildung angeordnet; die letzte liegt noch nicht viel länger als einen Monat zurück.

Ausgetauscht wurden diesmal Verteidigungsminister Davit Keseraschwili, Außenministerin Eka Tkeschelaschwili und Erziehungsminister Ghia Nodia. Das Amt des Verteidigungsministers bleibt vorerst unbesetzt und wird kommissarisch von einem Stellvertreter Keseraschwilis verwaltet. Neuer Außenminister ist Grigol Vaschadse, der gerade erst am 1. November zum Kulturminister ernannt worden war. Er kündigte sofort an, dass die stellvertretenden Außenminister sowie alle georgischen Botschafter ihren Rücktritt einreichen müssen. Alle Diplomaten sollen jetzt gründlich auf ihr Verhalten während des Augustkrieges überprüft werden. Das Erziehungsministerium wird künftig von Nika Gwaramia geleitet, der seit Januar Justizminister gewesen war. Er will künftig die „nationalen Werte“ in der Erziehung stärker berücksichtigt sehen.

Das Land brauche „frisches Blut“, rechtfertigte Saakaschwili das Revirement. Die Begründung stieß auf ungläubiges Erstaunen, denn Keseraschwili war erst seit November 2006 auf dem Posten, Nodia seit Januar 2008 und Tkeschelaschwili seit Mai 2008. Nodia ist 54, Keseraschwili 30 und Tkeschelaschwili 31.

Seit den Massenkundgebungen der Opposition Ende Oktober – Anfang November 2007 dreht sich das Regierungskarussell in Tbilissi immer schneller und zunehmend ohne erkennbaren politischen Sinn. Saakaschwili ließ damals die Proteste durch einen brutalen Polizeieinsatz niederschlagen, rief dann den Ausnahmezustand aus und setzte als neuen Regierungschef Lado Gurgenidse ein, der bis dahin die Bank von Georgien geleitet hatte. Gurgenidses Vorgänger Surab Nogaideli hatte das Amt als Nachfolger von Surab Schwania angetreten, der im Januar 2005 unter bis heute ungeklärten Umständen ums Leben gekommen war. Inzwischen gehört Nogaideli zu den Kritikern Saakaschwilis und hat am 3. Dezember eine neue Oppositionspartei, Bewegung für ein Anständiges Georgien, gegründet.

Premierminister Gurgenidse, vor einem Jahr noch als glänzender Finanzfachmann gepriesen, der Georgien auf wirtschaftlichen Erfolgskurs bringen werde, wurde am 1. November 2008 von Saakaschwili durch den 35jährigen Grigol Mgaloblischwili ersetzt. Er war zu diesem Zeitpunkt Botschafter in der Türkei und hatte jenseits der Diplomatie keinerlei politische Erfahrungen. Für sein Amt sind diese auch nicht wichtig, da der Regierungschef nach der georgischen Verfassung wenig Bedeutung hat; insbesondere unterstehen die zentralen Ressorts Verteidigungs- und Außenpolitik direkt dem Präsidenten.

Unterdessen bringen sich frühere Weggefährten des Präsidenten für die Zeit nach Saakaschwili in Stellung. Neben Nino Burschanadse, die bis Juni Parlamentspräsidentin war, gilt der frühere Botschafter in Moskau, Irakli Alasania, als möglicher Anwärter auf Saakaschwilis Nachfolge.

Knut Mellenthin
Junge Welt, 8. Dezember 2008