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Warnung vor "Katastrophe"

Russland fürchtet "Kettenreaktion" nach Angriff auf Iran. China wird weiter iranisches Erdöl importieren.

Russland und China haben ihre Ablehnung des westlichen Konfrontationskurses gegen Iran bekräftigt. Beide Staaten wollen sich nicht an zusätzlichen Sanktionen beteiligen.

Moskaus Außenminister Sergei Lawrow warnte am Mittwoch vor Journalisten, dass ein militärischer Angriff auf den Iran zu einer „Katastrophe“ führen würde. Es sei unmöglich, alle Folgen einer solchen Fehlentscheidung im Einzelnen vorauszusagen. Er habe jedoch „keinen Zweifel, dass dies Öl in das schwelende Feuer des Konflikts zwischen Sunniten und Schiiten gießen und eine Kettenreaktion auslösen würde.“ Was die Frage nach dem Wahrscheinlichkeitsgrad einer solchen Katastrophe angehe, „müssen Sie diejenigen fragen, die das ständig als eine Option im Munde führen“.

Die neuen Strafmaßnahmen, die Washington jetzt mit Hilfe seiner europäischen Partner der gesamten Welt aufzwingen will, hätten mit dem ursprünglichen Anliegen, eine Weiterverbreitung von Atomwaffen zu verhindern, „nichts zu tun“, sagte Lawrow bei dieser Gelegenheit. „Sie zielen im Ernst darauf ab, die Wirtschaft Irans und das Wohlergehen seines Volkes zu ersticken, vermutlich in der Hoffnung, dadurch Unzufriedenheit zu schüren.“

Zuvor hatte am Dienstag der stellvertretende russische Außenminister Gennadi Gatilow jede militärische Aktion gegen Iran als „nicht hinnehmbar“ abgelehnt. Sie würde nur dazu beitragen, dass die Situation noch problematischer wird. Die Politik der Sanktionen sei „schon lange ausgeschöpft und kann nichts Positives mehr zum wesentlichen Ziel, der Erleichterung des Verhandlungsprozesses, beitragen“. Russland unterstütze stattdessen Irans Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Gespräche mit der Sechsergruppe. Zu dieser gehören neben Russland auch China, die USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Das vorerst letzte Treffen hatte im Januar vorigen Jahres im türkischen Istanbul stattgefunden.

Für die Ansetzung eines baldigen neuen Gesprächstermins sprach sich am Mittwoch auch Der chinesische Regierungschef Wen Jiabao während eines Besuchs in Katar aus. Wen machte zugleich deutlich, dass China sich der US-amerikanischen Erpressung, auf den Import von iranischem Rohöl zu verzichten, nicht beugen werde. Chinas Handel mit dem Iran sei „normal“ und „gerechtfertigt“. Solcher Handel müsse geschützt bleiben, da es andererseits zu „Störungen der normalen internationalen Ordnung“ kommen könne.

Wen warnte in Katar auch vor „extremen Handlungen“ in der Meerenge von Hormus, durch die ein großer Teil des international gehandelten Erdöls transportiert wird. Solche Aktionen, „unter was für Umständen auch immer sie ergriffen werden mögen, verstoßen gegen die gemeinsamen Interessen und Wünsche der Menschen auf der ganzen Welt“. Westliche Agenturen machten daraus eine „Warnung an Iran“. Tatsächlich jedoch hatte der chinesische Premier dieses Land nicht genannt. Seine Worte waren offenbar bewusst so diplomatisch und mehrdeutig formuliert, dass sie ebenso auch als Mahnung an die USA und Israel zu interpretieren waren.

Iranische Politiker, darunter vor allem einige Parlamentsabgeordnete, hatten in den vergangenen Wochen wiederholt eine Sperrung der Meerenge gefordert, falls der Westen den Export von iranischem Öl blockieren würde. Das entspricht aber nicht der offiziellen Politik Teherans. Iran habe nicht die Absicht, die Straße von Hormus zu sperren, bekräftigte am Mittwoch Außenminister Ali Akhbar Salehi bei einem Besuch in der Türkei.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 20. Januar 2012