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Vorerst geheim

Über das Moratorium zum iranischen Atomprogramm, das am Montag beginnt, sind bisher nur wenige Fakten bekannt.

Das Abkommen zwischen dem Iran und der internationalen Verhandlungsgruppe über die praktischen Details eines sechsmonatigen Moratoriums soll zumindest vorerst nicht veröffentlicht werden. Das erklärten Vertreter der US-Regierung in den letzten Tagen auf Anfragen von Journalisten. Als Grund gaben sie Widerstände der EU und der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) an. Die britische EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton fungiert im Auftrag der aus den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats und Deutschland bestehenden Sechsergruppe als Verhandlungsführerin. Nach Angaben des iranischen Vizeaußenministers Sejjed Abbas Araqchi handelt es sich bei dem Durchführungsabkommen um ein 30 Seiten umfassendes Dokument, das von den Beteiligten als „Non-Paper“ deklariert wurde. US-amerikanische und iranische Parlamentarier fordern die Veröffentlichung der gesamten Vereinbarung.

Das Moratorium beginnt am kommenden Montag. Eine grundsätzliche Einigung darüber war schon mit dem Genfer Abkommen vom 24. November 2013 erfolgt. Iran wird einen Teil seiner Uran-Anreicherung vorübergehend einstellen, einen anderen Teil auf seinem derzeitigen Stand einfrieren. Im Gegenzug haben die USA und ihre europäischen Verbündeten geringfügige Sanktionserleichterungen versprochen. Das amerikanische Finanzministerium gibt deren Gesamteffekt mit ungefähr sieben Milliarden Dollar an. Den bei weitem größten Teil davon macht mit 4,2 Milliarden Dollar die Freigabe von Erlösen aus iranischen Ölverkäufen früherer Monate aus. Das Geld soll in acht Raten für Warenkäufe verfügbar gemacht werden.

Weitere versprochene Sanktionserleichterungen betreffen die Lieferung von Elementen für die iranische Autoproduktion und Ersatzteilen für aus den USA stammende alte Passagierflugzeuge, den Export petrochemischer Erzeugnisse aus dem Iran, und die Schaffung eines legalen „Finanzkanals“ für die Einfuhr von Medikamenten, medizinischen Geräten und Lebensmitteln in den Iran. Diese Güter fallen zwar nicht unter die US-amerikanische Sanktionsgesetzgebung, sondern sind sogar ausdrücklich gestattet. Es können aber trotzdem kaum Geschäfte damit abgewickelt werden, weil Bestimmungen der US-Regierung finanzielle Transaktionen mit dem Iran nahezu unmöglich machen. Amerikanische Regierungsvertreter erklärten gegenüber Journalisten offen, dass die zugesagten Sanktionserleichterungen „selbstverständlich nicht vom ersten Tag an“, sondern erst im Lauf der kommenden Wochen und Monate wirksam werden würden.

Andererseits muss Iran schon am kommenden Montag wesentliche Verpflichtungen erfüllt haben. Dazu gehört die komplette Einstellung der Anreicherung von Uran auf 20 Prozent und das Unterbrechen der Verbindungen zwischen den dafür benutzten Gaszentrifugen. Inspektoren der IAEA müssen dann bestätigen, dass diese Maßnahmen durchgeführt wurden. Um das sicherzustellen, trifft schon am Sonntag eine Delegation der Behörde in Teheran ein. Am nächsten Freitag wird eine Sondersitzung des Vorstands der IAEA stattfinden, dem dann vermutlich schon ein umfangreicher Bericht von Generaldirektor Jukija Amano vorliegen wird.

Zu einem anscheinend noch nicht festgelegten Datum im Februar werden Iran und die Sechsergruppe Verhandlungen über eine „umfassende, endgültige Lösung“ aufnehmen, die auf das Moratorium folgen soll. Es wird erwartet, dass diese sehr viel schwieriger und komplizierter sein werden als die bisherigen Gespräche. Im Vorfeld der nächsten Verhandlungsrunde, in die sich vermutlich irgendwann wieder die Außenminister der beteiligten Staaten einschalten werden, wird es Treffen „auf technischer Ebene“ geben, um Vorgehensweise und Tagesordnung zu vereinbaren.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 17. Januar 2014