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Verhandlungen und Störmanöver

Während Detailgespräche über die Umsetzung des Genfer Abkommens mit dem Iran geführt werden, wollen maßgebliche Kräfte des US-Kongresses den Abbruch der Verhandlungen provozieren.

Im Streit um das iranische Atomprogramm hat eine ereignisreiche Woche begonnen. Der US-Senat nimmt am heutigen Montag nach einer über zweiwöchigen Pause rund um das Familienfest Thanksgiving die Arbeit wieder auf. Mehrere neue Resolutionsvorlagen gegen Iran stehen zur Diskussion an, die möglicherweise noch schnell auf den Weg gebracht werden sollen, bevor die Parlamentarier in die Weihnachtsferien gehen. Mit Spannung wird die Befragung von Außenminister John Kerry durch den Außenpolitischen Ausschuss des Abgeordnetenhauses am Dienstag erwartet. Dort haben besonders scharfe Kritiker jeder Verständigung mit Iran das Sagen. Am Donnerstag sind die Leiterin der amerikanischen Verhandlungsdelegation, Wendy Sherman, und David Cohen als Repräsentant des Finanzministeriums, das für die Durchführung der Sanktionen zuständig ist, vor den Bankenausschuss des Senats geladen. Dieses Gremium könnte bei Entscheidungen über zusätzliche Strafmaßnahmen gegen Iran eine zentrale Rolle spielen.

Daneben finden heute und morgen in Wien Gespräche zwischen Diplomaten und Experten der internationalen Verhandlungsgruppe und des Iran statt. Thema ist die praktische Umsetzung des am 24. November in Genf vereinbarten sechsmonatigen Moratoriums. Iran soll in dieser Zeit wesentliche Teile seines Atomprogramms auf ihrem derzeitigen Stand einfrieren oder unterbrechen. Im Gegenzug wollen die USA und die EU einige ihrer einseitigen Sanktionen vorübergehend lockern. Viele konkrete Details des Moratoriums sind jedoch in den Genfer Verhandlungen offengelassen worden und müssen jetzt noch geklärt werden. Dazu gehört der Termin, an dem das Moratorium in Kraft treten soll, und die zeitliche Abfolge der Maßnahmen. Mehrere westliche Politiker wollen durchsetzen, dass zuerst Iran seine Zusagen einlöst, dass diese anschließend von der Internationalen Energiebehörde IAEA überprüft werden, und dass erst danach die ohnehin nur geringfügigen westlichen Sanktionserleichterungen beginnen könnten.

Die Vorsitzenden dreier Senatsausschüsse haben am Freitag einen Brief an den Chefkoordinator aller US-Nachrichtendienste, James Clapper veröffentlicht. Sie fordern ihn darin auf, regelmäßig Bericht über die Umsetzung der iranischen Verpflichtungen aus dem Genfer Abkommen zu erstatten. Erstmals soll das am 30. Januar 2014 stattfinden und danach alle 45 Tage wiederholt werden. Clapper soll außerdem schon am Donnerstag berichten, wie sich nach Einschätzung der Dienste neue Sanktionen gegen Iran auf den Gang der Verhandlungen auswirken würden. Unterschrieben haben den Brief Tim Johnson für den Bankenausschuss, Dianne Feinstein für den Geheimdienstausschuss und Carl Levin für den Streitkräfteausschuss. Alle drei gehören der Demokratischen Partei an.

Die Absicht der drei demokratischen Senatoren ist offensichtlich, noch schärferen Vorstößen etwas Wind aus den Segeln zu nehmen. Dabei geht es nicht zuletzt um eine Initiative ihres Parteifreunds Robert Menendez, der den Außenpolitischen Ausschuss des Senats leitet. Er will ein Gesetz verabschieden lassen, das die Regierung verpflichten soll, alle 30 Tage zu bestätigen, dass Iran seinen Verpflichtungen aus dem Genfer Abkommen nachkommt und in diesem Zeitraum nicht in terroristische Handlungen gegen die USA verwickelt war. Sobald die Regierung sich zu dieser Bestätigung nicht in der Lage sieht, sollen neue, weitaus umfangreichere Sanktionen als bisher in Kraft treten.

Gleichzeitig sammelt der Fraktionsführer der Republikaner im Abgeordnetenhaus, Eric Cantor, Unterschriften für einen Gesetzentwurf, mit dem der Regierung detailliert vorgeschrieben werden soll, was in einer endgültigen Gesamtregelung mit dem Iran enthalten sein müsste. Cantors Vorgaben entsprechen hundertprozentig den Forderungen des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu. Unter anderem wird verlangt, dass Iran seine Anreicherungsanlagen demontieren und den Bau eines Reaktors in Arak einstellen muss.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 8. Dezember 2013