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Tag der offenen Tür

Iran zeigt ausländischen Diplomaten seine Atomanlagen

Delegierte aus sechs Staaten haben am Wochenende iranische Atomanlagen besichtigt. Die Gäste aus Ägypten, Kuba, Venezuela, Algerien, Syrien und Oman waren einer Einladung aus Teheran gefolgt. Ägypten führt derzeit den Vorsitz der Bewegung Blockfreier Länder (NAM), während Algerien die Gruppe der 77 vertritt, zu der sich die Entwicklungsländer zusammengeschlossen haben. Iranische Medien berichteten, dass die Teilnehmer der Besichtigungstour rund 120 Länder repräsentierten. Die UNO hat derzeit 192 Mitglieder.

Der Einladung nicht gefolgt waren die EU, China und Russland. Die USA hatten kein Einladungsschreiben erhalten. Das machte es von Anfang an sehr unwahrscheinlich, dass sich die anderen Staaten der Sechsergruppe, die aus den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats und Deutschland besteht, an dem Besuch beteiligen würden. Die Europäer schickten eine unverblümte, auf diplomatische Höflichkeit verzichtende Absage. China und Russland begrüßten das Teheraner Angebot grundsätzlich und ließen eine Teilnahme fast bis zuletzt offen. Dadurch konnte es die iranische Regierung, es so darzustellen, als hätten diese beiden Staaten lediglich aufgrund von Terminschwierigkeiten keine Vertreter geschickt.

Gezeigt wurden den Besuchern am Wochenende der noch im Bau befindliche Schwerwasserreaktor von Arak und die Anreicherungsanlage in Natanz. Beide Bereiche stehen unter ständiger Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Die Kontrollen erfolgen unter anderem durch Überwachungskameras und Inspektoren. Das gesamte in Natanz schwach angereicherte Uran wird von der IAEA registriert und bleibt unter ihrer Aufsicht. Es besteht also ohnehin ein Höchstmaß an Transparenz, das durch den Besuch vom Wochenende nicht mehr gesteigert werden konnte. Dieser Sachverhalt wurde durch Äußerungen iranischer Politiker, die so taten, als hätte man jetzt erstmals Ausländer nach Arak und Natanz gelassen, eher verunklart. Bei einer ähnlichen Einladung war Besuchern bereits im Jahr 2007 die Anlage von Isfahan gezeigt worden, wo Uran in einen gasförmigen Zustand umgewandelt wird. Das ist eine Vorstufe zur Anreicherung.

Ebenfalls am Sonnabend veröffentlichte die New York Times einen sehr ausführlichen Artikel, der sich mit dem Computer“wurm“ Stuxnet beschäftigte. Angeblich hatte dieser im vorigen Jahr einen großen Teil der Zentrifugen beschädigt oder zerstört, die in Natanz das Urangas anreichern. Die Zeitung behauptet, ohne irgendwelche Quellen zu nennen, dass Stuxnet ein Gemeinschaftsprodukt der USA und Israels sei. Die Israelis hätten sogar die im Iran verwendeten Zentrifugen nachgebaut, um den „Wurm“ zu testen, schreibt die Times. Das angebliche iranische Atomwaffenprogramm sei dadurch stark verzögert worden. Indessen war der Schaden, der im Iran entstand, offenbar nur sehr gering und bedeutete lediglich wenige Tage Arbeitsverlust. Daran gemessen müssen die hohen Entwicklungskosten für Stuxnet eine ganz schlechte Investition gewesen sein. In der Hauptsache geht es darum, immer neue Gründe zu erfinden, warum Iran noch keine Atomwaffen hat, obwohl israelische und amerikanische Stellen seit zwanzig Jahren behaupten, in Kürze sei es so weit.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 17. Januar 2011