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Sanktionen treffen Bevölkerung

Im Iran werden aufgrund der westlichen Störmanöver gegen das Banken- und Finanzwesen importierte Lebensmittel knapp und teuer.

Indien baut trotz Druck der EU und der USA seine Handelsbeziehungen zum Iran aus. Das Wirtschaftsministerium in New Delhi kündigte am Donnerstag an, dass eine große Delegation Ende des Monats nach Teheran reisen wird, um die Chancen zu nutzen, die sich für Indien aus den Boykottmaßnahmen des Westens gegen Iran ergeben. Die Mitteilung war offenbar auf einen mehrtägigen Besuch von EU-Ratspräsident Herman van Rompuy gezielt, der am Freitag begann. Der Belgier soll die indische Regierung im Auftrag der Union „überzeugen“, sich an der angestrebten „Isolierung“ Irans zu beteiligen.

Indien bezieht mit leichten Schwankungen ungefähr ein Zehntel seines Erdölbedarfs aus dem Iran. Im Januar gab es jedoch eine ungewöhnlich starke Steigerung von 37,5 Prozent gegenüber dem Vormonat. Mit 550.000 Barrel pro Tag wurde Indien zum größten Abnehmerland und überrundete damit sogar China. Peking hatte in letzter Zeit seine Erdöleinfuhr aus dem Iran halbiert. Als Hintergrund wird allgemein das Bestreben vermutet, Teheran zu günstigeren Zahlungsbedingungen und niedrigeren Preisen zu drängen.

Der indische Finanzminister Pranab Mukherjee hatte schon Ende Januar den westlichen Erpressungsversuchen eine Abfuhr erteilt: Sein Land werde die Importe aus dem Iran nicht verringern. Indien halte sich an die vom UN-Sicherheitsrat verhängten Sanktionen, werde sich aber nicht an den Strafmaßnahmen einzelner Länder beteiligen. Im vergangenen Jahr kaufte Indien für rund 11 Milliarden Dollar Öl aus dem Iran. 45 Prozent dieser Rechnung kann New Delhi künftig in seiner Landeswährung, der Rupie, bezahlen.

Ähnliche Vereinbarungen hat Teheran inzwischen mit einer Reihe von Handelspartnern geschlossen, um die massiven westlichen Störmaßnahmen gegen das iranische Bank- und Finanzwesen zu unterlaufen. Iran stellt sich außerdem darauf ein, einen wachsenden Teil seines Außenhandels über Tauschgeschäfte und Zahlungen in Gold abzuwickeln. Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten, das früher eine wichtige Rolle als Zwischenhändler für iranische Im- und Exporte spielte, steht immer stärker unter US-amerikanischem Druck.

Die vom Westen produzierten Hindernisse für Irans finanzielle Transaktionen haben bereits zu Import-Problemen geführt, unter denen hauptsächlich die Bevölkerung zu leiden hat. Insbesondere bei Reis, Speiseöl, Tierfutter und Tee werden Zahlungsprobleme gemeldet, die dazu geführt haben, dass ausländische Handelsunternehmen ihre Lieferungen stoppten oder stark reduzierten. Die Folgen sind Verknappung dieser Waren und erhebliche Preissteigerungen auf dem iranischen Markt.

So soll sich zum Beispiel der Preis für Reis, ein Grundnahrungsmittel der iranischen Küche, mehr als verdoppelt haben. Iran importiert traditionell ungefähr 45 Prozent seines Reisverbrauchs, hauptsächlich aus Indien, daneben aus Pakistan und einigen anderen südasiatischen Ländern. Schwierigkeiten gibt es auch bei der Einfuhr von Mais, unter anderem aus der Ukraine, der als Tierfutter verwendet wird. Die Fleischpreise sollen inzwischen bis auf das Dreifache des Vorjahresniveaus angestiegen sein. Ebenfalls stark betroffen sind die Palmöl-Lieferungen aus Malaysia und Indonesien. Das Pflanzenfett wird für die Herstellung von Margarine, aber auch für das beliebte süße Gebäck benötigt.

Offenbar setzen die Regierungen der USA und der EU darauf, durch Maßnahmen, die direkt die iranische Bevölkerung treffen, Proteste zu provozieren und der „Oppositionsbewegung“ zu neuem Leben zu verhelfen. Hoffnungen werden in diesem Zusammenhang auf die Parlamentswahlen am 2. März gesetzt, die zu neuen Fälschungsvorwürfen führen könnten. Schon im Vorfeld wollen einige Oppositionskreise am 14. Februar mit Demonstrationen ihre Mobilisierungsfähigkeit testen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 11. Februar 2012