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"Plan B" gegen Iran-Abkommen

Die Absicht der US-Republikaner, das am 14. Juli geschlossene Atomabkommen mit dem Iran im Kongress scheitern zu lassen, lässt sich wahrscheinlich nicht mehr realisieren. Am vorigen Mittwoch gab Barbara Mikulski als 34. Senatorin bekannt, dass sie die Wiener Vereinbarungen unterstützt. 32 dieser Senatsmitglieder gehören der Demokratischen Partei an; die beiden anderen sind „Unabhängige“. Damit können die Republikaner voraussichtlich nicht mehr die Zweidrittelmehrheit - 67 von 100 Stimmen - erreichen, die nötig wäre, um ein Veto des Präsidenten gegen eine eventuelle Ablehnung des Abkommens durch den Kongress außer Kraft zu setzen.

Inzwischen sind vier weitere demokratische Senatoren hinzugekommen, die dem Abkommen zustimmen wollen. Bisher haben sich nur drei der 44 Demokraten im Senat – Ben Cardin, Charles Schumer und Bob Menendez – gegen den „Iran Deal“ ausgesprochen. Die übrigen fünf scheinen noch unentschieden. Nur wenn von diesen mindestens drei mit den Republikanern stimmen würden – womit allgemein jedoch nicht gerechnet wird -, käme die Opposition auf die 60 Stimmen, die sie brauchen würde, um eine endlose Verzögerung der Abstimmung durch Verfahrenstricks auszuschließen. Anders gesagt: Barack Obama wird vielleicht von seinem Veto-Recht nicht Gebrauch machen müssen, weil es im Senat gar nicht erst zum Votum über die Wiener Vereinbarungen kommt.

Die Republikaner haben nur noch bis zum 17. September Zeit, um im Abgeordnetenhaus und im Senat über das Abkommen abstimmen zu lassen. In beiden Häusern des Kongresses haben sie eine sichere Mehrheit. Falls es zu einer Ablehnung der Wiener Vereinbarungen käme, hätte Obama zwölf Tage Zeit, um sein Veto einzulegen. Anschließend würden den Republikanern zehn Tage bleiben, um dieses zu übereinstimmen, falls sie genug Demokraten auf ihre Seite bringen könnten, um eine Zweidrittel-Mehrheit in beiden Kammern zu haben. Das scheint gegenwärtig nicht nur im Senat, sondern auch im Abgeordnetenhaus unrealistisch.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die Gegner des „Iran Deal“ den Kampf schon verloren haben. Die Republikaner arbeiten, gemeinsam mit der Pro-Israel-Lobby, an einem „Plan B“, der die Umsetzung der Vereinbarungen gefährden und die iranische Seite zum Ausstieg provozieren soll. Im Zentrum steht dabei die Verabschiedung neuer Sanktionen durch den Kongress. Die USA haben in Wien lediglich die Suspendierung ihrer „nuklearbezogenen“ Strafmaßnahmen zugesagt. Alle anderen Sanktionen bleiben unverändert in Kraft, sie können verschärft und auch durch neue Gesetze erweitert werden. Hauptthemen sind „Unterstützung des internationalen Terrorismus“, „Menschenrechtsverletzungen“ und die Entwicklung ballistischer Raketen, deren Verbot durch den UN-Sicherheitsrat auch nach dem Wiener Abkommen noch sieben Jahre in Kraft bleiben soll. Auf dieser Grundlage können unter anderem auch Strafmaßnahmen gegen die wichtigsten Banken Irans aufrechterhalten oder neu eingeführt werden, die den internationalen Geld- und Warenverkehr des Landes erheblich beeinträchtigen.

Die Chancen der Republikaner für derartige Störmanöver stehen nicht schlecht. Zum Beispiel haben mehrere der 36 demokratischen Senatoren, die ihre Unterstützung für das Wiener Abkommen erklärt haben, gleichzeitig schwerwiegende Einwände formuliert, in denen sich die Bereitschaft andeutet, einen Teil der Oppositionspläne mitzutragen.

Auf iranischer Seite hat sich am 3. September der „Höchste Führer“ Ajatollah Sejjed Ali Khamenei skeptisch, wenn auch nicht explizit ablehnend zu einigen Aspekten der Wiener Vereinbarungen geäußert. Insbesondere kritisierte er, dass die „nuklearbezogenen“ Sanktionen der USA nicht aufgehoben, sondern nur suspendiert werden sollen. Entgegen der Darstellung westlicher Medien verlangte Khamenei jedoch nicht, dass das Parlament über das Abkommen abstimmen müsse. Er sagte lediglich, dass die Abgeordneten in die Prüfung der Vereinbarungen „einbezogen“ werden sollten. Zur Frage, wie das geschehen könne, wollte er ausdrücklich keine Empfehlung abgeben.

Knut Mellenthin
Junge Welt, 9.9.2015