Funktionen für die Darstellung

Darstellung:
  • Standard.
  • Aktuelle Einstellung: Druckansicht.

Seitenpfad

Nicht akzeptabel

Iran und Russland verurteilen neue EU-Sanktionen. Teheran will Anfang September neue Gespräche beginnen.

Mit scharfer Kritik hat die russische Regierung auf die am Montag formell beschlossenen neuen Sanktionen der EU gegen Iran reagiert. Mit den Strafmaßnahmen gehen die 27 Staaten der Europäischen Union, ebenso wie zuvor schon die USA, weit über die Resolution des UN-Sicherheitsrates vom 9. Juni hinaus. Auch Kanada gab am Montag die Verhängung zusätzlicher Sanktionen bekannt.

Der Sprecher des russischen Außenministeriums, Andrei Nesterenko, gab dazu am Dienstag eine Erklärung ab, in der es unter anderem hieß: „Wir haben mehrfach gesagt, dass wir die Verhängung einseitiger oder kollektiver Sanktionen gegen Iran, die die Grenzen der Sicherheitsratsresolution überschreiten, für nicht akzeptabel halten. Das untergräbt nicht nur unsere gemeinsamen Bemühungen, eine politisch-diplomatische Regelung des iranischen Atomprogramms zu finden, sondern zeigt auch eine Missachtung der präzisen und koordinierten Punkte der UN-Resolution.“ - Die „restriktiven Maßnahmen“ der USA und die EU-Sanktionen würden eine Lösung des Streits um das iranische Atomprogramm nur verzögern. Es stelle sich die Frage, so Nesterenko, ob in dieser Sache künftig jedes Land nach seinen eigenen Prioritäten handeln werde.

Auch Iran verurteilte die neuen Sanktionen. Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast erklärte: „Sich in Richtung konfrontativer Maßnahmen zu bewegen, einseitige Aktionen zu unterstützen und das Klima zu beschädigen, das halten wir nicht für einen guten Umgang mit den Chancen.“ „Sanktionen machen die Angelegenheit nur komplizierter und führen die Beteiligten weg von einem gegenseitigen Verständnis.“

Iran hatte am Montag durch seinen Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien, Ali Asghar Soltanieh, einen Brief übergeben, in dem es Gesprächsbereitschaft bekundet. Der Inhalt des Schreibens wurde bisher nicht veröffentlicht. Nach iranischen Aussagen soll es dabei in erster Linie um den sogenannten „fuel swap“ gehen: Im Rahmen eines Tauschgeschäftes würde Iran ungefähr 1200 Kilo schwach angereichertes Uran liefern und im Gegenzug Brennstäbe für einen Reaktor in Teheran erhalten, in dem Isotope zur Behandlung von Krebspatienten produziert werden. Ein entsprechendes Angebot hatte Iran am 17. Mai unter Vermittlung der Türkei und Brasiliens vorgelegt. Die Gegenseite – Frankreich, Russland und USA – hatten darauf mit zahlreichen Einwänden geantwortet. Iran schlägt jetzt ein Treffen zur Diskussion der Differenzen vor. Die Gespräche könnten Anfang September beginnen.

Die am Montag von den EU-Außenministern abgesegneten neuen Sanktionen enthalten unter anderem ein Verbot, sich finanziell oder durch Lieferung von Ausrüstungen an der iranischen Erdöl- und Erdgasproduktion oder an Raffinerien zu beteiligen. Iranische Banken dürfen keine Filialen im EU-Bereich mehr eröffnen. Iranische Frachtflüge nach Europa sind künftig verboten, iranische Schiffe, die in europäischen Häfen anlegen, können durchsucht werden. Überweisungen in den Iran, die 40.000 Euro übersteigen, werden genehmigungspflichtig. Export-Kreditgarantien mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren sind verboten. Die Zahl der Iraner, die nicht mehr in die EU einreisen dürfen und deren Auslandskonten beschlagnahmt werden, wird von 20 auf 30 erhöht. 50 statt bisher 40 iranische Unternehmen stehen künftig auf einer schwarzen Liste. Geschäfte mit ihnen sind verboten.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 28.7.2010