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"Neue Beweise" gegen Iran?

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) verheimlicht angeblich Informationen über das Streben Irans nach Atomwaffen. Diesen Vorwurf erhob am Mittwoch die israelische Tageszeitung Haaretz. Als Quelle der Gerüchte führte das Blatt „hochrangige westliche Diplomaten und israelische Beamte“ an, ohne jedoch auch nur einen einzigen namentlich zu nennen. Auch konkrete Tatsachenbehauptungen zur Untermauerung des schwerwiegenden Vorwurfs enthielt der Bericht nicht. Er stellt daher lediglich einen Indikator für die politisch-psychologische Stimmungslage und die Propagandalinie der scharfmacherischen Kreise in Israel dar.

Haaretz will von ihren anonymen Quellen erfahren haben, dass der IAEA „neue Beweise“ vorliegen, die von ihren Inspektoren im Iran gesammelt und in einem geheimen Anhang zu ihren Berichten zusammengefasst worden seien. Diese Erkenntnisse seien aber von IAEA-Funktionären im Wiener Hauptquartier der Organisation „zensiert“ und nicht in die offiziellen Berichte von Generalsekretär Mohamed ElBaradei aufgenommen worden. Das israelische Blatt gibt allerdings keinen Hinweis, worum es bei diesen „neuen Beweisen“ sachlich gehen soll.

Weiter heißt es in dem Artikel von Haaretz, dass hochrangige US-amerikanische, französische, britische und deutsche Beamte Druck auf ElBaradei auszuüben versuchen, um ihn zu veranlassen, die angeblich bisher unterdrückten Informationen in seinen nächsten Bericht aufzunehmen. Der Generalsekretär wird diesen kurz vor der mehrtägigen Vollversammlung der IAEA vorlegen, die am 14. September in Wien beginnen wird. Auf israelischer Seite werde die Druck-Kampagne gegen ElBaradei vom Außenministerium und vom Generaldirektor der Israelischen Atomenergie-Kommission, Dr. Schaul Horew, geleitet, schreibt das Blatt. Israel selbst lehnt Kontrollen durch die IAEA kategorisch ab.

ElBaradei, dessen Amtszeit im Dezember endet, ist schon seit mehreren Jahren heftigen Angriffen aus den USA und Israel ausgesetzt, die seine persönliche Integrität in Frage stellen und ihm vor allem Nachgiebigkeit gegenüber Iran vorwerfen. Tatsächlich hat der amtierende IAEA-Generalsekretär immer wieder vor einer unkontrollierten Verschärfung der Konfrontation und ganz besonders vor einer militärischen „Lösung“ gewarnt. Außerdem hat ElBaradei dem Druck der Iran-Gegner widerstanden, in seine Berichte nicht nur Fakten, sondern auch Spekulationen und Unterstellungen aufzunehmen. Er kam daher regelmäßig zur Feststellung, dass die Inspektoren der IAEA keine Anzeichen für ein iranisches Atomwaffen-Projekt entdeckt haben.

Im September werden wahrscheinlich wichtige Vorentscheidungen über das weitere Vorgehen der USA und ihrer Verbündeten gegen Iran fallen. Sollte die Regierung in Teheran bis dahin nicht Zeichen für eine Unterwerfung unter die westliche Forderung nach Einstellung der Uran-Anreicherung gegeben haben, wollen sich USA und EU für neue, „lähmende“ Sanktionen einsetzen und diese im Alleingang durchführen, falls Russland und China nicht mitziehen. In diesem Zusammenhang hat die Generalversammlung der IAEA Mitte September eine Schlüsselstellung. Ein nach westlichen Wünschen „ergänzter“ Bericht ElBaradeis wäre dabei sehr hilfreich.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 20. August 2009