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Israel droht erneut mit militärischem Alleingang gegen Iran

Für den Fall, dass die "internationale Gemeinschaft" es nicht schafft, Iran zur Aufgabe seines Atomprogramms zu zwingen, werden sich die israelischen Streitkräfte "auf jedes Szenario vorbereiten". Das hat Stabschef Gabi Ashkenazi am Mittwoch angekündigt. "In den kommenden Jahren wird die Notwendigkeit, wichtige weit entfernt liegende Ziele anzugreifen, sehr an Bedeutung gewinnen. Deshalb wird die Fähigkeit, sowohl defensiv als auch offensiv gegen unterschiedliche Bedrohungen vorzugehen, erheblich verbessert werden. Ein starker Schwerpunkt liegt dabei auf der Langstrecken-Kapazität", sagte Ashkenasi nach Angaben der israelischen Tageszeitung Haaretz. Diese nicht näher präzisierte Drohung richtet sich offenbar nicht nur gegen Iran.

Das Blatt zitierte am Mittwoch außerdem einen namentlich nicht genannten hohen israelischen Regierungsbeamten mit scharfer Kritik an der US-Regierung. Washington tue nicht genug, um eine "internationale Koalition" gegen Iran zustande zu bringen und insbesondere China und Russland in diese einzubinden. Stattdessen stelle die US-Regierung Menschenrechtsfragen, das Taiwan-Problem und Tschetschenien in den Vordergrund. Das rufe in Peking und Moskau Verärgerung hervor und schade der strategischen Zusammenarbeit.

Das Thema eines israelischen Alleingangs hat auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wieder ins Spiel gebracht. In einem Interview mit der Wochenzeitschrift "Nouvel Observateur" sagte er am Donnerstag: "Es besteht die Gefahr eines Krieges". Für das iranische Atomprogramm gebe es "keine zivilen Gründe". Die Frage sei letztlich nur, ob der Iran in einem oder in fünf Jahren über Atomwaffen verfügt. Er sehe deshalb die Möglichkeit, dass Israel militärisch zuschlägt, "wenn es seine Sicherheit wirklich bedroht sieht".

Der französische Außenminister Bernard Kouchner hatte schon im September über einen Krieg gegen Iran spekuliert, dann aber seine Äußerungen abzuschwächen versucht.

Unterdessen machen die Anstrengungen der USA und der Europäischen Union, vom UN-Sicherheitsrat eine dritte Sanktionsresolution gegen Iran beschließen zu lassen, offenbar keine konkreten Fortschritte. Eine anderthalbstündige Telefonkonferenz zwischen hohen Regierungsbeamten der USA, Russlands, Chinas, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschland am Dienstag verlief ergebnislos. Der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, Sean McCormack, behauptete allerdings anschließend, die Beratung sei "gut und konstruktiv" verlaufen. Diskussionsthema sei nicht, ob es eine dritte Resolution gibt, sondern was deren Inhalt sein wird. Es werde schon bald eine weitere Telefonkonferenz geben, und es sei innerhalb der nächsten Wochen mit einer Einigung zu rechnen. Von Seiten Russlands und Chinas gab es keine Stellungnahme.

Nach Presseberichten liegt ein amerikanisch-europäischer Resolutionsentwurf vor, in dessen Mittelpunkt Maßnahmen gegen die Kuds-Einheit stehen. Sie wird in westlichen Medien als "Auslandsabteilung" der Revolutionsgarde bezeichnet und soll für die Unterstützung der libanesischen Hisbollah, irakischer Schiiten und mehrerer palästinensischer Organisationen zuständig sein. Der Resolutionsentwurf sieht angeblich ein internationales Reiseverbot für Dutzende namentlich genannte Iraner und die Beschlagnahme der Auslandskonten von mindestens einer iranischen Bank vor. Die US-Regierung hat im Oktober im Alleingang Sanktionen gegen die gesamte Revolutionsgarde verhängt.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 14. Dezember 2007