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Iran lädt ein

Iran hat eine Reihe von ausländischen Diplomaten, die bei der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) in Wien akkreditiert sind, zu einem Besuchsprogramm eingeladen. Neben der Besichtigung mehrerer Atomanlagen werden Gespräche mit dem amtierenden Außenminister Ali Salehi und mit Chefunterhändler Said Dschalili angeboten. Die Einladungsschreiben wurden Agenturberichten zufolge schon am 27. Dezember verschickt, aber erst am Dienstag offiziell bestätigt.

Unklarheit bestand zunächst noch, an welche Staaten sich der Vorschlag richtet. Einigen iranischen Medien zufolge erklärte der Sprecher des Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, dass unter anderem Vertreter der Sechsergruppe eingeladen seien, die seit einigen Jahren Gespräche mit dem Iran über sein ziviles Atomprogramm führt. Der Gruppe gehören die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats – China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA – sowie Deutschland an. Andere Medien fügten jedoch das Wort „einige“ ein. Nicht alle sechs Staaten seien also zu dem Besuch eingeladen, sondern nur einige von ihnen.

Inzwischen hat China bestätigt, ein entsprechendes Schreiben erhalten zu haben. Dagegen sind die USA nach Angaben von Philip Crowley, dem Pressesprecher des State Department, nicht eingeladen worden. Gleiches gilt für Deutschland. Aus Diplomatenkreisen wird berichtet, dass aus der Sechsergruppe lediglich Russland und China angeschrieben wurden. Außer sollen Ägypten (als Vertreterin der Arabischen Liga in der IAEA), Kuba (als Vertreterin der Blockfreien in der Wiener Behörde) und Ungarn eingeladen worden sein. Letzteres hat seit Jahresbeginn für sechs Monate die rotierende Ratspräsidentschaft der EU inne.

Iran hat vorgeschlagen, den Besuch noch vor dem nächsten Treffen mit der Sechsergruppe, das für Ende des Monats in der Türkei geplant ist, stattfinden zu lassen. Als mehr oder weniger feststehendes Datum werden der 15. und 16. Januar genannt. Auf dem Plan steht die Besichtigung der Anreicherungsanlage in Natanz und des noch im Bau befindlichen Schwerwasserreaktors bei Arak. Möglicherweise wird in das Besuchsprogramm auch noch der von einem russischen Unternehmen fertiggestellte Reaktor von Buschehr aufgenommen, der voraussichtlich im Februar ans Netz gehen soll.

Schon einmal, vor über drei Jahren, gab es eine ähnliche iranische Aktion. Damals war sechs Diplomaten aus blockfreien Ländern die Besichtigung der Konversionsanlage in Isfahan ermöglicht worden, wo eine Vorstufe der Uran-Anreicherung stattfindet. Teilnehmer der Gruppe erklärten damals gegenüber Journalisten, sie hätten aufgrund dieses Besuchs keine Einschätzung der Ziele des iranischen Atomprogramms gewinnen können. Ohnehin stehen alle iranischen Nuklearanlagen unter ständiger Aufsicht der IAEA. Weitergehende Erkenntnisse wird eine Besichtigung schwerlich bringen können. Indessen ist nicht damit zu rechnen, dass China und Russland der Einladung folgen würden, falls sich diese tatsächlich nicht an alle Mitglieder der Sechsergruppe richtet.

Ebenfalls am Dienstag wurde eine Depesche aus dem WikiLeaks-Material veröffentlicht, die dem üblichen Propagandaklischee von Mahmud Ahmadinedschad als „Hardliner“ widerspricht. Danach war der iranische Präsident bereit, der Sechsergruppe im Atomstreit entgegen zu kommen, stand deswegen aber unter starkem innenpolitischem Druck. Die Depesche stammt von der US-Botschaft in Ankara und gibt Mitteilungen des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu wieder.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 5. Januar 2011