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Festgenommener des Tages: Hossein Mousavian

Ganz offiziell ist es noch nicht, aber es scheint zu stimmen: Der iranische Diplomat Hossein Mousavian ist seit Montag in Haft. Entsprechende Berichte der Teheraner Nachrichtenagenturen IRNA und FARS bestätigte der bekannte iranische Journalist Mohammad Atrianfar, der Mousavian politisch nahe steht, gegenüber der Financial Times.

Während FARS von Spionageverdacht spricht, vermutet Atrianfar, dass dem Diplomaten finanzielle Unregelmäßigkeiten vorgeworfen werden, aber letztlich ein politischer Hintergrund besteht.

Mousavian war 1991 bis 1997 Botschafter in Deutschland. Später vertrat er sein Land bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Außerdem leitete er den Außenpolitischen Ausschuss des einflussreichen Obersten Nationalen Sicherheitsrats und war Stellvertreter von dessen Vorsitzendem Hassan Rohani. In den Jahren 2003 bis 2005 war Mousavian Leiter der iranischen Delegation in den Verhandlungen mit dem EU-Trio Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Nach dem Amtsantritt von Präsident Mahmoud Ahmadinejad im August 2005 wurden zusammen mit dem gesamten Verhandlungsteam auch Rohani und Mousavian abgelöst.

Zur Zeit seiner Festnahme war Hossein Mousavian stellvertretender Leiter des Zentrums für Strategische Forschungen, des bedeutendsten iranischen Think Tanks. Präsident des Zentrums ist Hassan Rohani. Die Institution steht dem einflussreichen Schlichtungsrat nahe. Dessen Vorsitzender ist Ali Akbar Haschemi Rafsandschani, Irans Präsident von 1989 bis 1997 und Ahmadinedschads Gegner in der Stichwahl 2005.

Ähnlich wie Ahmadinedschads Vorgänger Mohammad Khatami und Rohani ist Mousavian seit seinem Abschied aus der Regierungspolitik ein gern gesehener Gast auf Foren und Symposien in Europa und USA. Zum einen, weil manche westlichen Kreise auf sie als Vermittler setzen, um die Kontakte zum Iran nicht einfrieren zu lassen. Zum anderen aber auch, weil versucht wird, sie als Repräsentanten eines "anderen Iran" vorzuführen und insbesondere gegen Ahmadinedschad auszuspielen. Mousavian werden in diesem Zusammenhang einige Äußerungen zugeschrieben, die sich so deuten lassen, als verteile er die Schuld für die festgefahrene Situation gleichmäßig zwischen dem eigenen Land und dem Westen.

Der Journalist Atrianfar rechnet mit einer baldigen Freilassung Mousavians. Wenn nicht, könnte seine Festnahme zum Signal eines Machtkampfs in Teheran werden.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 4. Mai 2005