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Die "letzte Chance"

US-Regierung belastet bevorstehende Gespräche mit dem Iran durch militärische Drohgeste und ultimative Forderungen.

Als provokative Drohgeste vor den zum Ende dieser Woche geplanten Atomgesprächen mit dem Iran hat die US-Kriegsmarine einen zusätzlichen Flugzeugträger in die Umgebung des Persischen Golfs verlegt. Nach offiziellen Angaben aus Washington ist es erst das vierte Mal in zehn Jahren, dass die Vereinigten Staaten dort zwei Flugzeugträger gleichzeitig positioniert haben.

Ort und Datum des Treffens zwischen Vertretern des Iran und der Sechsergruppe stehen offenbar immer noch nicht endgültig fest. Es wird voraussichtlich im türkischen Istanbul am Freitag oder Sonnabend beginnen und – iranischen Meldungen zufolge – möglicherweise in der irakischen Hauptstadt Bagdad fortgesetzt werden. Die Sechsergruppe, die auch als „5 + 1“ bezeichnet wird, besteht aus den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats – USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich -, ergänzt durch Deutschland. Das letzte Treffen dieser Art hatte im Januar 2011 ebenfalls in Istanbul stattgefunden.

US-Präsident Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton haben den Iranern in den vergangenen Wochen mehrfach damit gedroht, dass die bevorstehenden Gespräche ihre „letzte Chance“ seien, ohne Militärschläge davon zu kommen. Washington erwarte von Iran weitreichende praktische Zugeständnisse.

Wie diese im Einzelnen aussehen sollen, ist bisher nicht offiziell bekannt. Die New York Times behauptete am Freitag unter Berufung auf nicht näher bezeichnete „amerikanische und europäische Diplomaten“, dass Washington sich mit seinen Verbündeten auf drei Hauptforderungen verständigt habe. Erstens: Die sofortige Schließung der Anreicherungsfabrik in Fordow, die wegen ihrer Lage unterhalb eines Berges durch konventionelle Luftangriffe kaum zerstört werden kann. Später soll die vollständige Demontage dieses Komplexes folgen. Zweitens: Einstellung der Anreicherung von Uran auf knapp 20 Prozent. Iran benötigt dieses Material zur Herstellung von Brennelementen für einen Forschungsreaktor in Teheran, in dem Isotope für die Behandlung von Krebspatienten produziert werden. Drittens: Ablieferung des bereits auf diesen Grad angereicherten Urans.

Aus dem Bericht der New York Times geht nicht hervor, ob die USA und ihre europäischen Partner den Iranern irgendwelche Gegenleistungen, wie etwa die Aussetzung einzelner Sanktionen, anbieten wollen. Nicht ersichtlich ist auch, ob damit die bisherige Forderung nach Einstellung der gesamten iranischen Anreicherungstätigkeit und aller damit verbundenen Arbeiten hinfällig würde.

Während der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Fereidun Abbasi, den genannten Forderungen am Sonntag eine klare Absage erteilte, sagte Außenminister Ali Akbar Salehi, es handele sich um reine Pressespekulationen, zu denen er sich nicht äußern wolle. Klar sei jedoch, dass Iran keine Vorbedingungen für die Gespräche akzeptieren werde.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 10. April 2012