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Aufmarsch am Golf

USA stationieren modernste Kampfflugzeuge der Welt in die Nähe Irans. Ehemaliger israelischer Geheimdienstchef kritisiert Kriegspropaganda.

Die US-Regierung verlegt noch mehr Kriegsgerät in die Region am Persischen Golf. Während die Gespräche über das iranische Atomprogramm anscheinend Fortschritte machen, baut Washington demonstrativ eine militärische Drohkulisse auf. Am Sonnabend bestätigte die U.S. Air Force, dass mehrere Kampfflugzeuge vom Typ F-22 in „Südwestasien“ stationiert worden seien. Der Sprecher äußerte sich weder zur Zahl der verlegten Maschinen noch zu ihrem Stationierungsort.

Die meisten Vermutungen richten sich auf die Al Dhafra Air Base in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Sie gehört zu einem Komplex von See-, Land- und Luftstützpunkten in der Umgebung der VAR-Hauptstadt Abu Dhabi, der seit Mai 2009 von Frankreich genutzt wird, aber auch den USA zur Verfügung steht. Diese haben dort bereits Flugzeuge zum Auftanken in der Luft und Überwachungsflugzeuge, darunter auch Drohnen, stationiert. Al Dhafra liegt in der Nähe der strategischen Meerenge von Hormus, nur etwa 300 Kilometer von der nächsten iranischen Küste entfernt.

Der Jäger F-22, auch Raptor genannt, ist das modernste Flugzeug seiner Art nicht nur in der US-Luftwaffe, sondern weltweit. Seine Stealth-Technik – die ihn für Radarsysteme „unsichtbar“ macht -, seine Schnelligkeit, Wendigkeit und Präzision geben ihm eine hohe Überlegenheit. Zumindest weisen die Daten dieser Maschine eindeutig darauf hin. Im praktischen Einsatz wurde das allerdings noch niemals erprobt, da sich in den vergangenen Jahren nirgendwo Gelegenheit für echte Luftkämpfe ergab.

Schon im März hatte die Air Force die Verlegung mehrerer F-15-Kampfflugzeuge auf einen nicht näher bezeichneten Stützpunkt im Bereich des Kommandos Mitte bekannt gegeben. Zu diesem gehören der Nahe Osten einschließlich Ägyptens und Israels, die arabische Halbinsel, der Iran, aber auch Afghanistan und Pakistan. Ebenfalls im vorigen Monat meldete die Kriegsmarine der USA die Verdoppelung ihrer Minensucher in der Region rund um die Straße von Hormus auf acht. Außerdem wurden vier weitere auf die Minensuche spezialisierte Hubschrauber vom Typ CH-53 in das Gebiet entsandt.

Unterdessen äußerte sich nach dem Generalstabschef der israelischen Streitkräfte, Benny Gantz, auch der frühere Direktor des Schin Bet, Juwal Diskin, kritisch zur Kriegspropaganda gegen Iran. Der 52Jährige hatte den Inlandgeheimdienst, dem er schon seit 1978 angehörte, von 2005 bis 2011 geleitet. Bei seinem Auftritt auf einem Diskussionsforum in der Stadt Kfar Saba am Freitag sagte Diskin laut einem Bericht der Tageszeitung Haaretz: "Mein größtes Problem ist, dass ich kein Vertrauen zur derzeitigen Führung habe, die uns bei einem Ereignis vom Umfang eines Krieges mit Iran oder eines regionalen Krieges führen müsste. Ich traue weder dem Premierminister noch dem Verteidigungsminister. Ich misstraue einer Führung, die Entscheidungen auf der Grundlage messianischer Gefühle trifft. (…) Glauben Sie mir, ich habe sie aus nächster Nähe beobachtet. (…) Das sind nicht die Leute, die ich mir bei einem solchen Ereignis am Steuerrad wünsche. (…) Sie täuschen die Öffentlichkeit über das Iran-Problem. Sie sagen der Öffentlichkeit, dass Iran keine Atombombe bekommen wird, wenn Israel handelt. Das ist irreführend. Tatsächlich meinen viele Experten, dass ein israelischer Angriff das iranische Atomstreben beschleunigen würde."

Beim selben Anlass äußerte sich Diskin auch sehr deutlich zum Konflikt mit den Palästinensern: „Vergessen Sie die Geschichte, dass (Präsident Mahmud) Abbas nicht an Verhandlungen interessiert sei. Wir sprechen nicht mit den Palästinensern, weil diese Regierung kein Interesse an Verhandlungen hat. Dieser Premierminister (Benjamin Netanjahu) weiß, dass seine wohleingerichtete Herrschaft und seine Koalition auseinanderfallen würden, wenn er sich auch nur einen ganz kleinen Schritt nach vorn bewegt.“

Knut Mellenthin

Junge Welt, 30. April 2012