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Atomstreit: Diplomatische Lösungsversuche werden fortgesetzt

Javier Solana und Ali Laridschani werden voraussichtlich in dieser Woche ihre Gespräche über das iranische Atomprogramm fortsetzen. Der Außenpolitik-Verantwortliche der EU und der iranische Chefunterhändler hatten sich vor zwei Wochen in Wien getroffen und anschließend übereinstimmend bekundet, man habe Missverständnisse geklärt und Fortschritte erzielt. Zwei geplante Termine für die Fortführung der Gespräche waren danach jedoch ohne Begründung geplatzt. Allerdings stehen beide Diplomaten in regelmäßiger Telefonverbindung.

Offiziell handelt es sich bei diesem Kontakt nicht um Verhandlungen. In Abstimmung mit der US-Regierung hat das sogenannte EU-Trio - Deutschland, Frankreich und Großbritannien - die seit Herbst 2003 geführten Verhandlungen mit Teheran im August 2005 abgebrochen. Sie sollen erst wieder aufgenommen werden, wenn Iran zuvor die westliche Maximalforderung akzeptiert: Unterbrechung aller Arbeiten an der Uran-Anreicherung zur Herstellung von Brennstoff für Atomkraftwerke. Iran fragt mit Recht, worüber dann überhaupt noch verhandelt werden soll. In den Gesprächen zwischen Solana und Laridschani könnte es darum gehen, wie die westliche Verhandlungsblockade ohne Gesichtsverlust aufgeweicht werden kann. Inoffiziell verlautet, dass sich die fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats und Deutschland, die sogenannten 5 + 1, darauf geeinigt hätten, dem Solana-Laridschani-Kontakt noch bis Anfang Oktober Zeit zu geben, bevor über Sanktionen gegen Iran gesprochen wird. Ein vom UNO-Sicherheitsrat beschlossenes Ultimatum ist bereits Ende August abgelaufen.

Aus den 5 + 1 sind offenbar inzwischen 5 + 2 geworden: Erstmals wurde in der vorigen Woche Italien zur Beratung hinzugezogen. Nach der Ablösung der extrem US-treuen rechten Berlusconi-Regierung ist Italiens neue Mitte-Links-Koalition darauf bedacht, die eigenständigen Interessen des Landes stärker zur Geltung zu bringen. Darin kommt auch ein Dissens gegenüber der kompromisslos harten Linie Deutschlands und Großbritanniens im Streit mit dem Iran zum Ausdruck. Das sozialdemokratisch regierte Spanien soll ebenfalls Interesse bekundet haben, stärker in die Entscheidungen über die Austragung des Konflikts einbezogen zu werden.

Indessen hat Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad in der vorigen Woche am Rande der UNO-Vollversammlung in New York neue Akzente gesetzt. Im Gespräch mit Journalisten erklärte er laut Washington Post: "Unsere Haltung zur Unterbrechung (der Arbeiten an der Uran-Anreicherung) ist sehr klar. Wir haben gesagt, dass wir unter fairen und gerechten Bedingungen bereit sind, darüber zu verhandeln. Ich wiederhole: unter fairen und gerechten Bedingungen."

Ahmadinedschad bekräftigte in diesem Pressegespräch, dass Iran an Atomwaffen überhaupt nicht interessiert sei, und sagte, die Gespräche zur Lösung des Streits seien "auf dem richtigen Weg". Der Washington Post zufolgte erläuterte Ahmadinedschad, dem Iran gehe es jetzt um konkrete Zusicherungen und Garantien, dass USA und EU sich an eventuelle Vereinbarungen auch tatsächlich halten würden. Zu denken ist dabei vor allem an eine verbindliche Klärung, unter welchen Voraussetzungen die US-Regierung ihre seit 1979 bestehenden Sanktionen gegen Iran und gegen europäische Handelspartner Irans aufheben würde. Washington ist einer Antwort auf diese zentrale Frage bisher beharrlich ausgewichen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 26. September 2006