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Vor 60 Jahren: Beginn des spanischen Bürgerkrieges

Mit dem Putsch der Kolonialarmee in Marokko am 17. Juli 1936 begann vor 60 Jahren der spanische Bürgerkrieg. Ziel der Rebellion war der Sturz der im Februar gebildeten "Volksfrontregierung" - einem Koalitionskabinett bürgerlich-liberaler Parteien, in dem zu diesem Zeitpunkt weder die Sozialisten noch die Kommunisten vertreten waren.

Die in Nordafrika stationierten Truppen, die den Putsch fast geschlossen unterstützten, stellten mit rund 30.000 Mann (einschließlich der Fremdenlegion und einheimischer Hilfstruppen) den am besten ausgebildeten und bewaffneten professionellen Kern der spanischen Armee dar. Die auf dem Festland stehenden, 110.000 Mann starken Einheiten besaßen eine sehr viel geringere Kampfkraft. Nur ungefähr die Hälfte von ihnen schloß sich der Meuterei gegen die Regierung an. Viele putschende Einheiten wurden von schnell aufgestellten linken Milizen in ihren Kasernen abgeriegelt und entwaffnet, ein großer Teil der Offiziere kurzerhand erschossen.

Ähnlich erging es vielen ihrer Kollegen bei der Marine, die meinten, ihre Kriegsschiffe zum Einsatz gegen die Regierung befehligen zu können: die Mannschaften übernahmen das Kommando. So blieb der größte Teil der Flotte loyal. Dadurch verzögerte sich die Planung der Putschisten, möglichst schnell ihre Einheiten aus Nordafrika nach Spanien zu schaffen.

An diesem möglichen Wendepunkt der Entwicklung griff das Deutsche Reich ein, um den Erfolg des Putsches sicherzustellen: Am 28. Juli 1936 landeten deutsche Transportflugzeuge in Marokko, um Truppen nach Spanien zu bringen. Mit der ersten großen Luftbrücke der Militärgeschichte wurden in wenigen Wochen rund 13.000 Soldaten ausgeflogen.

Der Vorgang ist teilweise so interpretiert worden, als hätte die deutsche Unterstützung zu diesem Zeitpunkt den fast schon gescheiterten Putsch gerade eben noch gerettet. Das ist wahrscheinlich übertrieben, da die Meuterer eine Woche nach Beginn ihrer Aktionen - also noch vor Einsetzen der deutschen Luftbrücke - schon ungefähr ein Drittel des Landes unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Wahrscheinlich ist aber, daß das deutsche Eingreifen zu diesem Zeitpunkt entscheidend dazu beitrug, dem General Franco, der die nordafrikanischen Einheiten kommandierte, die Führung des Putsches zu sichern.

Aus der nur halb geglückten Rebellion gegen die "Volksfrontregierung" entwickelte sich ein militärisch geführter Bürgerkrieg, der erst Ende März 1939 mit dem Einzug der Rechten in Madrid endete. In großem Umfang beteiligten sich an diesem Krieg auf der einen Seite Deutschland und Italien, auf der anderen Seite die Sowjetunion (vorwiegend mit Waffenlieferungen und einigen Hundert Piloten, Panzerführern und Ausbildern) sowie die kommunistisch dominierten Internationalen Brigaden. Oft und nicht ohne plausible Gründe wird daher der Kampf um Spanien, zusammen mit Japans Angriff auf China, als der eigentliche Anfang des Zweiten Weltkriegs bezeichnet.

Von der Diktatur de Riveras zur Zweiten Republik

Wann aber begann der spanische Bürgerkrieg? Der Putschauftakt vom 17. Juli 1936 bezeichnet in diesem Zusammenhang zweifellos einen qualitativen Sprung, der aber von seiner Vorgeschichte nicht ohne weiteres zu trennen ist.

Spanien hatte von 1923 bis 1930 unter der Diktatur von Primo de Rivera gestanden, der einerseits ein Bewunderer und Nachahmer des italienischen Faschismus war, andererseits aber bis 1929 auch von der Sozialistischen Partei und der von ihr geführten Gewerkschaft UGT unterstützt worden war. Riveras Diktatur zielte unter anderem darauf ab, durch dirigistische Maßnahmen die extreme Rückständigkeit und Schwäche der spanischen Produktionsverhältnisse zu überwinden. Außerdem war sie eine Reaktion auf die heftigen, oft bewaffnet ausgetragenen Sozialrevolten, die immer wieder in Teilen Spaniens ausbrachen und nur mühsam unter Kontrolle zu bringen waren. Hierbei spielten, in ganz Europa und vermutlich weltweit eine Besonderheit, anarchistische Organisationen die größte Rolle. Um 1919 zählte deren Gewerkschaft, die CNT, rund dreimal soviel Mitglieder wie die Sozialisten.

Im Januar 1930 trat de Rivera zurück, nachdem immer mehr Teile der Gesellschaft ihm ihre Unterstützung versagt hatten und seine Wirtschaftspolitik weithin als Mißerfolg angesehen wurde. Die Gemeindewahlen im April 1931 zeigten, daß Spanien tief zwischen den auf dem Land dominierenden Monarchisten einerseits und den in den Städten führenden Sozialisten und bürgerlichen Republikanern andererseits gespalten war. Zwei Tage nach der Wahl dankte der König ab, und die Zweite Spanische Republik wurde ausgerufen. (Spanien war 1873/74 schon einmal kurzzeitig Republik gewesen)

In den Jahren 1931-34 wurde der Versuch unternommen, unter Führung bürgerlich-demokratischer Kräfte und mit weitgehender Unterstützung der Sozialisten - aber gegen die militante Opposition der Anarchisten - einige Reformen durchzusetzen, die im Interesse einer nachholenden kapitalistischen Entwicklung Spaniens unvermeidlich waren. Dazu gehörten vergleichsweise zurückhaltende agrarreformerische Maßnahmen. Da weite Teile Spaniens unter grauenvollen vorkapitalistischen Umständen in Großgrundbesitz bewirtschaftet wurden, war es vordringlich, die rechtliche und wirtschaftliche Stellung der Landarbeiter zu verbessern, um dieses permanente revolutionäre Potential in den Griff zu kriegen. Von dem, was auf diesem Gebiet 1931-33 beschlossen wurde, setzten die bürgerlichen Regierungen allerdings kaum etwas in Taten um.

Da sich einerseits an der Lebenssituation der armen Bevölkerungsmehrheit kaum etwas zum Besseren veränderte, sondern im Gegenteil Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung stark zunahmen, andererseits aber Erwartungen geweckt wurden und die unmittelbare Repression der Rivera-Jahre etwas nachließ, entfalteten sich, vor allem unter Führung der Anarchisten, die Klassenkämpfe. Maßnahmen wie die Verringerung des Militärhaushalts und die Verkleinerung des Offizierkorps verstärkten die Unzufriedenheit im traditionell extrem konservativen Militär. Im August 1932 wurde zum ersten Mal ein - erfolgloser - Putsch zum Sturz der Republik unternommen; beteiligt waren die meisten Anführer der späteren Rebellion vom Juli 1936.

Von den "schwarzen Jahren" zur Volksfront

Als sich die wichtigsten Organisationen der Bourgeoisie von der liberalen Reformpolitik abwandten, wurden im November 1933 vorgezogene Neuwahlen abgehalten. Die rechten Parteien waren klare Wahlsieger, die Sozialisten wurden stark reduziert; die bürgerlichen Liberalen, die 1931-33 die Regierungen getragen hatten, schrumpften fast bis zur Bedeutungslosigkeit. Die Anarchisten hatten zum Wahlboykott aufgerufen.

Die Jahre 1934-35 waren bestimmt von dem Versuch der herrschenden großbürgerlichen und latifundistischen Schichten, alle wesentlichen Reformansätze der Vorjahre rückgängig zu machen und den Lohnabhängigen in Landwirtschaft und Industrie eine nachhaltige Niederlage beizubringen. Dadurch kam es zu außerordentlich harten, langdauernden, breit getragenen Klassenkämpfen. Die Anarchisten hatten schon im Dezember 1933 bewaffnete Aktionen in mehreren Gebieten Spaniens begonnen. Im Juni 1934 gab es den größten Landarbeiterstreik in der Geschichte Spaniens, gegen den mit heftiger Repression vorgegangen wurde. In Asturien eskalierten die Kampfaktionen der Bergarbeiter im Oktober 1934 zum bewaffneten Aufstand. Dieser wurde nach mehrtätigen Kämpfen vom Militär niedergeschlagen, wobei sich wieder einmal die kommenden Putschführer von 1936 hervortaten. Führende sozialistische und bürgerlich-liberale Politiker wurden unter dem Vorwurf verhaftet, in den Aufstand verwickelt zu sein. Die Gerichte verhängten gegen zahlreiche Arbeiterführer lange Gefängnisstrafen und sogar mehrere Todesurteile. Im Mai 1935 wurde General Franco zum Chef des Generalstabs ernannt.

Wesentliche Fragen der Schärfe des Vorgehens gegenüber der Arbeiterbewegung waren aber zwischen den unterschiedlichen politischen und Klassenkräften, die die Regierungskoalition unterstützen, umstritten. Das führte erneut zur Ansetzung vorgezogener Neuwahlen im Februar 1936.

In der Zwischenzeit hatte sich in der Komintern als Reaktion auf die Machtübernahme durch die NSDAP in Deutschland die Orientierung auf Bildung von "Volksfronten" durchgesetzt. Gemeint war das Bündnis mit bürgerlichen Parteien, von denen eigentlich nicht viel mehr erwartet wurde, als daß sie einigen Reformen nicht absolut abgeneigt waren und daß sie vor allem Gegner des Faschismus/Nazismus sein sollten. In offizielle, ideologisierte Form gebracht, wurde diese neue Ausrichtung auf dem 7. Komintern-Kongreß im Juli 1935. Praktiziert wurde sie aber vorher schon. Bereits Anfang Juni 1935 hatte der Generalsekretär der spanischen KP den bürgerlichen Republikanern und den Sozialisten öffentlich einen entsprechenden Vorschlag gemacht.

Im Januar 1936 wurde das Volksfront-Bündnis mit der Veröffentlichung einer gemeinsamen Wahlplattform besiegelt. Beteiligt waren zwei bürgerlich-liberale Parteien, die bürgerlich-autonomistische "Katalanische Linke", die Sozialisten und die Kommunisten. Die Wahlen im Februar brachten in Stimmen nur einen äußerst knappen Vorsprung der "Volksfront", der jedoch aufgrund des nicht gerade repräsentativen Wahlgesetzes einen enormen Sieg ergab: Das Bündnis verfügte nun über zusammen 277 Abgeordnete, gegenüber 132 der Rechten und 32 der "Mitte", die eigentlich auch eher rechts standen. Die Sozialisten stellten die stärkste Fraktion (88-90 Abgeordnete), die beiden bürgerlichen Parteien hatten zusammen 113 Sitze, die katalanischen Autonomisten 22, und die KP lediglich 14. Es handelte sich also um alles andere als eine linksradikale Majorität. Entscheidend für den Wahlerfolg war offenbar, daß diesmal die Anarchisten auf einen Boykott-Aufruf verzichtet hatten, ohne freilich die "Volksfront" direkt zu unterstützen.

In der ersten Regierung, die nach den Neuwahlen gebildet wurde, waren nur die bürgerlichen Parteien des Bündnisses vertreten. Ausschlaggebend dafür war, daß der linke Flügel der Sozialisten unter Largo Caballero dem "Volksfront"-Konzept im Grunde ablehnend gegenüberstand, wofür linksradikal klingende Argumente vorgebracht wurden. Immerhin setzte die neue Regierung aber schon in den ersten Wochen eine Reihe von zwar nicht eben revolutionären, aber auch nicht ganz unwichtigen Maßnahmen um:

  • Eine allgemeine Amnestie für alle wegen des asturischen Aufstands von 1934 Inhaftierten und Verurteilten, was für einige die Aufhebung des Todesurteils bedeutete.
  • Wiedereinstellung aller Arbeiter, die seit Anfang 1934 wegen ihrer Beteiligung an Streiks entlassen worden waren.
  • Der zwischenzeitlich aufgehobene Erlaß über die Enteignung der am Putsch vom August 1932 Beteiligten wurde wieder in Kraft gesetzt.
  • Verbot der faschistischen Falange-Partei.
  • Verschiebung putschverdächtiger Militärs wie Franco, Mola, Goded u.a. auf neue Posten, von denen man hoffte, daß sie dort weniger Schaden anrichten könnten. Franco zum Beispiel wurde auf die Kanarischen Inseln "verbannt", Goded auf die Balearen. Es bedurfte schließlich aber nur eines von interessierten britischen Kreisen zur Verfügung gestellten Flugzeugs, um Franco zum richtigen Zeitpunkt ins marokkanische Tetuan zu bringen, wo er das Kommando über die putschenden Einheiten übernahm.

Die deutsch-italienische Intervention

Wenige Tage nach Beginn des Putsches begannen Deutschland und Italien mit der Lieferung von Waffen, zunächst vor allem Transport- und dann auch Kampfflugzeuge; bald folgten leichte Panzer, Geschütze, Munition. Am 18. November 1936 sprachen Berlin und Rom die Anerkennung der von Franco geführten Putschistenjunta als rechtmäßige Regierung Spaniens aus. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, daß die Eroberung Madrids - die man eigentlich aus allgemeinen außenpolitischen Erwägungen vor einer Anerkennung noch abwarten wollte - im ersten Anlauf nicht möglich war und daß zumindest noch mit mehreren Monaten Krieg zu rechnen war. Zur Stabilisierung der Verteidigungslinie in und um Madrid hatte entscheidend das Eintreffen der ersten Truppen der Internationalen Brigaden, Anfang November, beigetragen.

Zur gleichen Zeit entschlossen sich die Regierungen in Berlin und Rom, die Putschisten noch stärker zu unterstützen. Deutschland bildete die "Legion Kondor", die hauptsächlich aus Kampf- und Bombenflugzeugen samt Personal bestand. Weltgeschichtlich unvergessen wurde dieser Verband durch die Zerstörung der baskischen Stadt Guernica am 26. April 1937. 1.600 Menschen kamen bei dem Bombardement ums Leben.

Unter den umfangreichen deutschen Waffenlieferungen für die Junta sind die Artilleriegeschütze besonders hervorzuheben, die den Rechten zu einem entscheidenden Übergewicht auf diesem strategisch wichtigen Gebiet verhalfen. Deutsche Militärberater waren auch unmittelbar an der Aktionsplanung der Putschisten und am Einsatz der von Deutschland gelieferten Waffen beteiligt. - Insgesamt wurden im Rahmen der "Legion Kondor" ungefähr 10.000 deutsche Soldaten und Offiziere in Spanien eingesetzt.

In Personalzahlen sehr viel stärker engagierte sich Italien: Es schickte insgesamt ungefähr 70.000 Soldaten in den spanischen Bürgerkrieg, die sich als autonome Divisionen unmittelbar an den Kämpfen beteiligten. Die Maximalstärke der italienischen Einheiten dürfte bei etwa 40.000 Mann gelegen haben. Auch in diesem Fall kamen Flugzeuge, Panzer und andere Waffenlieferungen im großen Stil hinzu.

Deutschland und Italien gemeinsam waren daran interessiert, durch einen Sieg der spanischen Rechten das Kräfteverhältnis in Europa zu Gunsten des nazistisch-faschistischen Blocks - der "Achse", wie man seit November 1936 sagte - zu verändern. Die Regierung in Rom erhoffte sich außerdem unmittelbar den Gewinn von Stützpunkten auf den Balearen und die Schaffung eines Juniorpartners für ein romanisch-faschistisch beherrschtes Mittelmeer.

Aus Sicht der deutschen Regierung war allein schon der Aufbau und die Verschärfung eines Interessengegensatzes zwischen Italien und Frankreich ein enormer Gewinn. Denn die Frage, zu welcher Seite sich die faschistische Regierung in Rom im Fall eines großen europäischen Konflikts neigen würde, war bis zu diesem Zeitpunkt noch keineswegs entschieden. In kriegswirtschaftlicher Hinsicht diente die deutsche Unterstützung für die spanischen Putschisten dazu, sich den Zugriff auf Eisenerz und andere wichtige Rohstoffe zu sichern.

Die weitere deutsche Hoffnung, ein pro-faschistisches Spanien als Basis und Bündnispartner für den bereits vorbereiteten großen europäischen Krieg zu gewinnen, erfüllte sich jedoch nicht: Franco, der im Grunde den britischen und amerikanischen Kapitalisten nicht weniger verbunden war als den deutschen, wahrte im wesentlichen die Neutralität des Landes - und sicherte sich damit sein politisches Überleben und den Fortbestand der falangistischen Diktatur weit über das Ende des Zweiten Weltkriegs hinaus. Franco starb erst 1975, als letzter der europäischen Diktatoren.

Während sich auf der einen Seite Deutschland und Italien in großem Umfang engagierten, versagte Großbritannien jede Unterstützung: Erstens sah man in einem Sieg Francos das kleinere Übel, zumal dieser versprochen hatte, die wirtschaftlichen Interessen Großbritanniens zu wahren. Zweitens strebte die britische Regierung immer noch eine Verständigung mit Deutschland und Italien an

Die seltsame "Nichteinmischung"

Aus einer Vielzahl von wirtschaftlichen und politischen Gründen sympathisierten die herrschenden Kräfte in Großbritannien, den USA und teilweise auch in Frankreich mit den Putschisten um General Franco. Die Aussicht, endlich einmal "Ruhe und Ordnung" in ein Land permanenter revolutionärer Unruhe zu bringen, war alles andere als unattraktiv. Selbstverständlich mußte verhindert werden, daß Spanien in die Einflußsphäre Deutschlands und Italiens geraten würde, aber selbst dafür war es vielleicht sinnvoller, die Putschisten in maßvoller Weise zu unterstützen oder sich wenigstens nicht direkt mit ihnen anzulegen. Jedenfalls war es aus dieser Interessenlage und Sicht nicht zweckmäßig, sich mit der legitimen republikanischen Regierung zu solidarisieren.

Während sich die US-Regierung offiziell hinter dem "Neutrality Act" von 1935 verschanzte, der Waffenlieferungen an Kriegsparteien verbot, lieferten amerikanische Konzerne den spanischen Faschisten auf Kredit alles, was sie benötigten. Der Präsident von Texaco schickte auf die erste Nachricht vom Putschbeginn hin fünf Tanker los, um den Treibstoffbedarf der meuternden Truppen sicherzustellen. Fortan übernahm Texaco die laufende Versorgung der rechten Bürgerkriegstruppen mit Benzin und Öl. Ford, Studebaker und General Motors lieferten den Franco-Truppen dreimal soviel Lkws wie Deutschland und Italien zusammen. Dupont schickte 40.000 Bomben, die zwecks Umgehung des "Neutrality Act" über Deutschland transportiert wurden.

Anders war die Situation in Frankreich. Dort regierte seit Anfang Juni 1936 ebenfalls ein "Volksfront"-Bündnis. Es bestanden also auf spanischer Seite begründete Erwartungen und auf französischer Seite entsprechende politisch-moralische Verpflichtungen. Große Teile der französischen Linken setzten sich für deren Erfüllung ein. Auch der sozialistische Regierungschef Blum und einige seiner Minister waren zunächst sehr geneigt, die spanische Bitte nach Waffenhilfe gegen die Putschisten - insbesondere sofortige Lieferung von Kampfflugzeugen - zu erfüllen. Erst unter britischem Druck mußte Blum einen Rückzieher machen.

Entscheidend dafür war, daß Frankreich - unter welcher Regierung auch immer - aufgrund des Gegensatzes zum aggressiven deutschen Nachbarland darauf angewiesen war, seine Partnerschaft mit Großbritannien sorgfältig zu pflegen. In der Praxis bedeutete das, daß die britische Regierung gegenüber ihrem Juniorpartner fast alles durchsetzen konnte, indem sie einfach damit drohte, im Fall eines deutsch-französischen militärischen Konflikts die unbedingt benötigte Unterstützung zu verweigern.

Diese Konstellation führte dazu, daß Frankreich die spanische Regierung kaum direkt unterstützte - abgesehen von einer kleinen Lieferung in den ersten Tagen nach Beginn des Putsches. Außerdem war die französische "Volksfront"-Regierung schon im Juni 1937 zum Rücktritt gezwungen.

Auf dem Weg zum Zweiten Weltkrieg

Die Beteiligung Deutschlands am spanischen Bürgerkrieg 1936-1939 muß im Zusammenhang der nazistischen Außen- und Militärpolitik gesehen werden.

  • Im Oktober 1933 war Deutschland aus dem Völkerbund ausgetreten und hatte sich von der internationalen Abrüstungskonferenz in Genf zurückgezogen. Praktisch bedeutete das die Abkehr Deutschlands von allen internationalen Spielregeln und Konfliktlösungsversuchen.
  • Im März 1935 gab Hitler offiziell bekannt, daß Deutschland über eine eigene Luftwaffe verfügte. Das war zwar trotz Geheimhaltung in den interessierten Kreisen des Auslands wohlbekannt, war aber im Versailler Friedensvertrag ausdrücklich verboten worden. Das deutsche Eingreifen in den spanischen Bürgerkrieg erfolgte ab 1936 hauptsächlich mit der Luftwaffe.
  • Ebenfalls im März 1935 wurde die Wiedereinführung der Wehrpflicht angeordnet; auch das stand im Widerspruch zu den Verpflichtungen des Versailler Vertrags.
  • Anfang März 1936 marschierten 40.000 Soldaten der Wehrmacht in das durch den Versailler Vertrag für entmilitarisiert erklärte Rheinland ein. Maßgebliche politische und militärische Kreise Frankreichs hätten eine scharfe Antwort auf diese Provokation bevorzugt, wurden davon aber durch die Rücksicht auf Großbritannien abgehalten.
  • Im März 1938 vollzog Deutschland unter Androhung eines Militäreinsatzes den "Anschluß" Österreichs. Auch das war durch den Versailler Friedensvertrag untersagt.
  • Im Oktober 1938 konnte Deutschland aufgrund des Münchner Abkommens mit Großbritannien, Frankreich und Italien bedeutende Teile der Tschechoslowakei annektieren.
  • Im März 1939 erzwang die deutsche Regierung durch Androhung militärischer Gewalt den Anschluß der "Rest-Tschechei" als sogenanntes Protektorat.

In der NS-Propaganda nach Innen und Außen wurde die Intervention in Spanien zur antibolschewistischen Vorkämpferrolle hochstilisiert, mit der Deutschland "im wohlverstandenen Interesse aller Kulturvölker" (Goebbels) handele. Große Teile der Bourgeoisie in Europa und den USA waren dieser Sichtweise offenbar nicht vollständig abgeneigt.

Die Internationalen Brigaden

Anfang November 1936 traten die Franco-Truppen zu ihrem ersten Großangriff auf Madrid an. Die Eroberung der Hauptstadt hätte wahrscheinlich zu einer allgemeinen internationalen Anerkennung der Junta geführt und jeden weiteren Widerstand fast aussichtslos gemacht. Zur Verteidigung Madrids trugen wesentlich die ersten beiden Internationalen Brigaden bei, die gerade erst in Spanien angekommen waren und sofort an den Schwerpunkten der Kämpfe eingesetzt wurden.

Insgesamt handelte es sich um etwa 3.500 Freiwillige - etwa ein Zehntel der Truppen, die der Regierung für die Verteidigung der Hauptstadt zur Verfügung standen. Die Verluste der beiden Interbrigaden waren schon in den allerersten Tagen sehr hoch: Bis Anfang Dezember hatten sie etwa die Hälfte ihrer Männer durch Tod oder Verwundung verloren. Die Rolle der Brigaden bei der Verteidigung Madrids wurde zu einem propagandistischen Mythos auch deshalb, weil sie ein entscheidendes Signal setzte, daß die spanische Republik in ihrem Abwehrkampf gegen die Faschisten nicht allein stand.

Mindestens ebenso wichtig für die militärische Stabilisierung der Republik war, daß zur gleichen Zeit in großem Umfang sowjetische Waffen geliefert wurden, vor allem schwere Panzer und moderne Kampfflugzeuge. Sie waren nicht nur dem Material der Franco-Truppen weit überlegen, sondern zunächst auf vielen Gebieten auch den deutschen und italienischen Waffen. Hunderte, vermutlich insgesamt einige tausend sowjetische Soldaten kamen als Panzerfahrer, Piloten, Militärberater und Ausbilder nach Spanien.

Es wird geschätzt, daß im Verlauf des Bürgerkriegs insgesamt ungefähr 35.000 Menschen, überwiegend Männer, aber auch eine kleine Zahl von Frauen, in den Internationalen Brigaden kämpften. Die maximale Einsatzstärke dürfte bei 18.000 gelegen haben.

Aus der Literatur und Publizistik könnte man den Eindruck gewinnen, daß zu einem überdurchschnittlich großen Teil Journalisten, Schriftsteller und andere Intellektuelle in den Reihen der Interbrigaden kämpften. In Wirklichkeit waren es überwiegend Arbeiter und Arbeitslose. Etwa die Hälfte gehörte einer kommunistischen Partei an. Die meisten von ihnen waren ohne Kriegserfahrung; teilweise wurden sie erst in Spanien militärisch ausgebildet.

Die Brigadisten kamen aus über 50 Ländern. Französische Freiwillige bildeten mit rund 10.000 die größte Gruppe. Außerdem gab es 5.000 Deutsche und Österreicher, ebenso viele Polen, über 3.000 Italiener, fast 3.000 US-Amerikaner, 2.000 Briten, 1.500 Jugoslawen und ebenso viele Tschechoslowaken, 1.200 Kanadier und 1.000 Ungarn.

Obwohl sich anfangs Zehntausende Freiwillige meldeten, um für die spanische Republik zu kämpfen, trafen in Spanien sehr viel weniger Brigadisten ein, als zur Ersetzung der hohen Verluste notwendig gewesen wären. Mitte 1938, befanden sich nur noch etwa 9.000 Interbrigadisten im Land. Die offizielle sowjetische Geschichtsschreibung machte für diese Entwicklung die von den imperialistischen Regierungen geschaffenen Schwierigkeiten verantwortlich. In den USA wurden drakonische Maßnahmen gegen Freiwillige (und deren Rekrutierung) eingeführt; Frankreich machte nach dem Ende der "Volksfront-Regierung" die Grenzen zu Spanien dicht; in Deutschland und Italien wurden Ausreisende, die man verdächtigte, nach Spanien zu wollen, "beseitigt".

Auf der anderen Seite behauptet die antikommunistische oder antistalinistische Geschichtsschreibung, die Meldung von Freiwilligen sei rückläufig gewesen, nachdem in der Sowjetunion die stalinistischen "Säuberungen" begannen und nachdem bekannt wurde, daß deren Methoden in Spanien teilweise nachgeahmt wurden. Beide Erklärungsversuche kann man vermutlich ausschließen: Erstens wurden die Freiwilligen mehrheitlich von den kommunistischen Parteien rekrutiert, die sich von den "Säuberungen" kaum abschrecken ließen, und zweitens waren die objektiven Schwierigkeiten durchaus überwindbar. Zu vermuten ist daher, daß die Führung der KPdSU und der Komintern aus grundsätzlichen außenpolitischen Überlegungen heraus die Intervention in Spanien abbauen wollte. Am 21. September 1938 gab die spanische Regierung überraschend bekannt, die Interbrigaden würden abgezogen. Am 15. November verabschiedeten sich die letzten Freiwilligen mit einer Militärparade in Barcelona.

Knut Mellenthin

analyse & kritik, 1. Juli 1996