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"Transatlantiker" machen Druck

Die Bundeswehr soll sich noch stärker an der Aufstandsbekämpfung in Afghanistan beteiligen

Die Auseinandersetzung um Kampfeinsätze deutscher Soldaten in den umkämpften Südprovinzen Afghanistans spitzt sich zu. Der SPD-Politiker Hans-Ulrich Klose und der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Klaus Naumann, stellten sich am Montag hinter eine entsprechende Forderung von US-Verteidigungsminister Robert M. Gates. Die gleichmäßige Teilung von Lasten und Risiken sei "ein uraltes Prinzip der NATO, an das auch wir uns erinnern sollten", sagte Naumann im Bayerischen Rundfunk. Um die Teilnahme der Bundeswehr an der offensiven Aufstandsbekämpfung zu ermöglichen, müssten die deutschen Politiker "auch über eine Neufassung des Mandats nachdenken".

Von "Solidaritätsprinzip" und "Risikoteilung" sprach auch Klose in einem Interview mit der BILD-Zeitung. Der Außenpolitik-Experte der SPD forderte, die geplante Schnelle Eingreiftruppe der Bundeswehr für Afghanistan von vornherein so auszurüsten, dass sie jederzeit auch in den Kampfzonen im Süden des Landes eingesetzt werden kann. Bisher ist nur beabsichtigt, die etwa 250 Mann starke Einheit in der relativ ruhigen Nordregion einzusetzen, die unter deutschem Kommando steht.

Klose und Naumann sind seit langem als "Transatlantiker", also als Sprachrohre US-amerikanischer Interessen, bekannt. Naumann steht zudem in Verbindung mit neokonservativen Kreisen.

Für die CDU/CSU sprach sich Fraktionsvize Andreas Schockenhoff gegen die Forderung der "Transatlantiker" aus: "Um eine Überdehnung und Überforderung der Bundeswehr auszuschließen, muss der Einsatz auf den Norden begrenzt bleiben." Der Vizevorsitzende der Grünen-Fraktion, Jürgen Trittin, warf Klose vor, er mache sich zum "Handlanger der untergehenden Bush-Administration". Für die Linke im Bundestag verlangte ihr verteidigungspolitischer Sprecher Paul Schäfer den vollständigen Abzug der Bundeswehr.

Die Auseinandersetzung um eine noch stärkere deutsche Beteiligung am NATO-Krieg steht in Zusammenhang mit dem Anwachsen der Aufstandsbewegung in den letzten zwei Jahren. Mit derzeit fast 50.000 Soldaten, davon mehr als die Hälfte US-Amerikaner, ist die NATO zwar jederzeit in der Lage, die Aufständischen militärisch zu schlagen, aber nicht, die eroberten Gebiete dauerhaft zu besetzen und zu kontrollieren. Unter diesen Umständen sehen NATO-Experten die Gefahr, dass die im April und Mai 2009 geplanten Parlaments- und Präsidentenwahlen in weiten Landesteilen nicht stattfinden können. Das würde als schwere politische Niederlage gelten.

Die US-Regierung hat deshalb vor kurzem angekündigt, 3.200 Marines zusätzlich nach Afghanistan zu schicken. Ihr Einsatz soll aber auf sieben Monate begrenzt bleiben. Mit dieser Befristung wollen die USA Druck auf ihre Verbündeten ausüben, sich an der Verstärkung der NATO-Truppen in Afghanistan zu beteiligen. Auf einer Konferenz des rechten Think Tank American Enterprise Institute (AEI), die Ende Januar stattfand, wurde diese Taktik jedoch als unwirksam verworfen. Die dort versammelten Experten, darunter viele aus dem neokonservativen Lager, forderten die US-Regierung auf, ihre Truppen in Afghanistan um 12.000 Mann zu verstärken. Darüber hinaus verlangten sie, der pakistanischen Regierung mit einseitigen Militäraktionen im Nordwesten des Landes zu drohen.

Das AEI hat großen Einfluss auf die Bush-Regierung. Der sogenannte Surge, die Verstärkung der US-Truppen im Irak um 30.000 Mann, geht auf ihr Konto.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 5. Februar 2008