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Noch eine Mission

Die EU will 500 Soldaten nach Zentralafrika schicken. Wichtig wären stattdessen Lebensmittel.

Die EU-Außenminister haben am Montag eine Militärmission in der Zentralafrikanischen Republik „etabliert“. Den entsprechenden Beschluss hatten sie schon am 20. Januar verabschiedet. Wann die neue Interventionstruppe wirklich einsatzbereit sein soll, ist ungewiss. Vermutungen, dass die Mission im März starten könnte, sind rein spekulativ. Bisher steht – außer dem Umstand, dass Frankreich den größten Teil der Truppe stellen wird, - noch nicht einmal fest, welche EU-Mitglieder sich sonst noch beteiligen werden. Die deutsche Regierung hat die Entsendung von Soldaten mit Kampfauftrag nach Zentralafrika kategorisch ausgeschlossen und nur Bereitschaft zur Stellung eines Sanitätsflugzeugs bekundet.

Die neue Mission unter dem Namen EUFOR RCA wird voraussichtlich um die 500 Mann stark sein. Stationierungsort ist nach jetziger Beschlusslage ausschließlich die Hauptstadt Bangui. Die Einsatzzeit der Truppe ist zunächst auf sechs Monate befristet, kann aber unbegrenzt verlängert werden. Die Stationierung von EUFOR RCA stützt sich auf eine Resolution des UN-Sicherheitsrats, die am 28. Januar 2014 einstimmig verabschiedet wurde. Das UN-Mandat sieht vor, dass die EU-Truppe „innerhalb ihrer Kapazitäten und ihres Einsatzgebiets alle erforderlichen Mittel ergreifen“ darf. Das schließt die Anwendung militärischer Gewalt ein. In der Resolution der EU-Außenminister vom 20. Januar wird als Zweck der Mission angegeben, „zu den internationalen und regionalen Anstrengungen beizutragen, um die am meisten gefährdeten Bevölkerungsteile zu schützen“ und „die Voraussetzungen zur Versorgung der Bedürftigen mit humanitärer Hilfe zu schaffen“.

Die EU-Mission verstärkt die schon im Land befindlichen Interventionskräfte: die französische „Opération Sangaris“ mit rund 1.600 Soldaten und die afrikanische MISCA mit derzeit 5.000 Mann und einer geplanten Stärke von 6.000 Mann. Die Kontingente der MISCA kommen aus Gabon, Tschad, Kongo, Kamerun und Ruanda. Beide Missionen sind durch eine am 5. Dezember 2013 verabschiedete Resolution des UN-Sicherheitsrats autorisiert. Frankreich hatte allerdings schon vorher 600 Soldaten in der Zentralafrikanischen Republik stationiert.

Auslöser der Intervention ist die nach einem Militärputsch im März vorigen Jahres entstandene Bürgerkriegssituation. Sie hat sich allerdings, seit Tausende ausländischer Soldaten im Land sind, sogar noch verschärft. Angehörige der muslimischen Minderheit sind Pogromen durch christliche Milizen und spontane Mobs ausgesetzt; die Ernährung von großen Teilen der Bevölkerung ist gefährdet. Die Zahl der durch den Bürgerkrieg Vertriebenen wird mit 800.000 bis zu einer Millionen angegeben. 40.000 Muslime sind in die Nachbarländer Tschad und Kamerun geflüchtet.

Nach Mitteilungen der UNO von Anfang Februar ist die Zentralafrikanische Republik am Rande einer Hungerkrise. Die Zahl der Betroffenen wurde schon im Oktober 2013 auf fast ein Drittel aller Haushalte, rund 1,3 Millionen Menschen, geschätzt. In Bangui gibt es nur noch geringe Lebensmittelvorräte, die verteilt werden könnten. LKWs aus den Nachbarländern fahren aus Sicherheitsgründen kaum. Es dauerte bis Ende Januar, bis MISCA-Soldaten erstmals den Schutz eines LKW-Konvoys übernahmen. Nach wie vor ist, obwohl jetzt schon über 6.500 ausländische Soldaten im Land sind, deren Unterstützung für die dringend benötigten Lebensmitteltransporte viel zu gering.

Wenn es der EU mit der ständig beschworenen „Verantwortung“ ernst wäre, müssten sehr schnell große Mengen von Lebensmitteln nach Bangui eingeflogen werden. Das ist allerdings fünf Mal so teuer wie der Landweg und kann von der UNO und privaten Hilfsorganisationen nicht geleistet werden. Ein UN-Sprecher teilte vor einer Woche mit, dass von den 408 Millionen Euro, die die Weltorganisation für Hilfsaktionen in Zentralafrika bei der internationalen Gemeinschaft angefordert hat, erst elf Prozent zusammengekommen seien.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 12. Februar 2014